Verkehrsdezernent Ascan Egerer spricht mit der Kreishandwerkerschaft über Mobilität in Köln – nicht alle Ideen kommen gut an.
„Ich kann in der Innenstadt nicht mehr arbeiten“Handwerker kritisieren Egerers Pläne für Verkehrswende in Köln
Ein bisschen einfacher hätte es sich Ascan Egerer wohl machen können. Die letzte Folie, die der Kölner Verkehrsdezernent in seinem Vortrag vor der lokalen Kreishandwerkerschaft an die Wand wirft, ist überschrieben mit dem Wort „Lastenradförderung“. In der Handwerkszentrale am Rheinufer bricht Gelächter aus, Egerer versucht vielleicht eine halbe Minute lang, die Situation wegzulächeln.
Doch als es leiser wird und Egerer wieder eine Chance hat, gehört zu werden, sagt er: „Wir sind in einem Veränderungsprozess, ich will das gar nicht kleinreden. Die Menschen sagen vehement: Wir wollen in der Stadt leben und unsere Kinder auf die Straße lassen, wollen gute Umweltbedingungen haben.“ Die Vertreter aus 30 verschiedenen Handwerksberufe treiben andere Sorgen um. Und auch das weiß Egerer: „Die Hälfte der Lastenradförderung geht an kleine Unternehmen. Das will ich einfach sagen, weil es der Realität entspricht.“
„Köln hat einen ganz üblen Ruf, den haben Sie sich gut verdient“
Mehr als eine Stunde lang referiert und diskutiert Egerer mit dem selbstbezeichneten „Parlament des Handwerks“ darüber, ob und wie die Verkehrswende, die in seiner Amtszeit so deutliche Konturen bekommen hat wie nie zuvor, mit dem Handwerk zusammenzubringen ist. Was folgt daraus, wenn Handwerker Termine absagen, weil sie in der Innenstadt keine Parkplätze mehr finden?
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Egerer versucht, die großen Linien aufzuzeigen: Er präsentiert die geplanten Hauptnetze für Radverkehr, ÖPNV und Autoverkehr. Die Netze sollen in den kommenden Jahren zur Arbeitsgrundlage für Politik und Verwaltung werden und Klarheit schaffen. „Wir müssen wegkommen von den vielen Einzeldiskussionen, weil nicht klar ist, welche Priorität es vor Ort gibt“, so Egerer.
Der Blick der Handwerker auf Egerer ist wenig gnädig. „Ich kann in der Innenstadt nicht mehr arbeiten, weil ich mein Auto nicht mehr abstellen kann“, sagt ein Tischler: „Das Gleiche gilt für die Severinstraße: Es ist alles zugepöllert.“ Dann wird er lauter: „Wer entscheidet das, wer spricht da nicht miteinander? Köln hat einen ganz üblen Ruf, den haben Sie sich gut verdient.“
Egerer räumt Probleme ein, eine Überlastung der Verkehrssysteme in der Vorweihnachtszeit („Das wird auch in diesem Jahr so sein“) und das Abwerben von Fachkräften aus der Verwaltung („Wenn Sie niemanden mehr haben, der Maßnahmen umsetzt, bringen auch die besten Konzepte nichts.“) Ist bemüht, präzise zuzuhören und klare, aufrichtige Antworten zu geben. Der Nahverkehr funktioniere aktuell nicht so, wie er sich das vorstelle.
Der Tischler bleibt wie viele seiner Kollegen skeptisch: „Dann machen Sie doch die Dinge, die funktioniert haben, nicht einfach zu. Sie machen den zweiten Schritt vor dem ersten, es ist kein Konzept da, aber Sie machen Straßen dicht. Wir haben das dann zu durchleiden.“
Kölner Handwerk: Wirtschaftszonen als Lösung für die Zukunft?
Nicolai Lucks, Vorstand des Handwerker-Verbandes, wollte Egerer nicht ohne eine konkrete Forderung gehen lassen. Die Einrichtung von „Wirtschaftszonen“, Straßenzügen also, in denen nur Betriebe flexibel parken dürfen, begrüßt er. Egerer experimentiert mit dem Instrument, will eine Wirtschaftszone im Zuge des Umbaus der Neusser Straße erstmals fest in einer zentralen Achse der Stadt installieren. „Das Thema ist uns ein großes Anliegen“, betonte Lucks. „Wir wollen einen Plan haben, auf dem diese Zonen zu erkennen sind.“ Bislang fehle eine Übersicht dafür, wo Ladezonen oder eben Wirtschaftszonen in der Stadt sind, wo Handwerker also keine Knöllchen oder Beschwerden von Anwohnern und Fußgängern zu erwarten haben.
Egerer stellte genau das in Aussicht. „Wir haben vor, genau das anzubieten, idealerweise gut digitalisiert“, sagte er. Eine Jahreszahl konnte er für den Plan noch nicht nennen. Sein Ziel: Unnötigen Autoverkehr verhindern, so dass der nötige besser fließen kann und mehr Platz für nachhaltige Verkehrsmittel da ist. Für den Austausch bedankte er sich, es sei eine gute Idee, im Gespräch zu bleiben. „Diese Diskussion werden wir weiterhin haben, das müssen wir auch aushalten können. Ich habe einen Auftrag zur Veränderung. Ich sehe mich nicht als Politiker, sondern auf der Sachseite. Wir können nicht sagen: Wir verändern nichts, alles bleibt so wie es ist.“
Der Auftritt des Dezernenten scheint Lucks trotz der offensichtlichen Interessenskonflikte durchaus zu gefallen. So gut sogar, dass er betont, er habe gar nichts gegen Lastenräder. Und dennoch: „Wir haben unsere Sachzwänge. Ich kann auch nicht sagen, dass sich das in den nächsten 50 Jahren ändern wird, denn das wird es nicht. Wir brauchen unseren Platz.“