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Kölner Mediziner warntWie Schreckschusspistolen zur tödlichen Gefahr werden

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Symbolbild.

Köln – Welchen Schaden auch Schreckschusspistolen anrichten können, dazu sagte am Donnerstag ein Rechtsmediziner im Rahmen einer Verhandlung am Kölner Landgericht aus. Angeklagt ist hier eine 44-Jährige, die in einer Arztpraxis am Neumarkt mit Platzpatronen um sich geschossen und Ärztin, Sprechstundenhilfe und weitere Patienten damit in Todesangst versetzt hatte.

Schreckschusspistole dazu geeignet, Menschen zu töten

Grundsätzlich sei die Waffe, die bei der Tat im vergangenen Mai zum Einsatz gekommen war, auch dazu geeignet, einen Menschen zu töten, erklärte der Sachverständige Dr. Thomas Kamphausen. „Ein aufgesetzter Schuss an Kopf, Brust oder Hals kann tödlich sein“, so der Mediziner. Zwar tritt kein Projektil aus, der entstehende Gasstrahl könne aber immense Verletzungen im Gewebe verursachen.

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Solche Pistolen seien darauf ausgelegt, täuschend echt auszusehen, sagte der Mediziner, während er die sichergestellte Waffe eines Herstellers aus dem Sauerland in der Hand hielt. Auf die Frage des Richters, wie viele Schüsse man damit abgeben könne, füllte der Zeuge das Magazin mit Munition auf. 15 Schuss ergab das, im Lauf könnte sich jedoch auch immer noch eine Patrone befinden.

Lautstärke von 130 Dezibel reicht für Knalltrauma

Dr. Kamphausen, der privat auch Jäger und Sportschütze ist, sollte insbesondere zu der Frage aussagen, inwieweit die Schreckschusspistole einen Hörschaden anrichten kann. Der wurde durch einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt bei der betroffenen Sprechstundenhilfe festgestellt, nachdem die Täterin, selbst Patientin der Praxis, bis zu sieben Mal aus kurzer Entfernung auf sie geschossen hatte.

Für ein Knalltrauma reiche schon eine Lautstärke von 130 Dezibel, so der Mediziner. In Tests mit vergleichbaren Waffen im Institut für Rechtsmedizin sei selbst in rund zwei Metern Entfernung zur Waffe noch eine Lautstärke von 160 Dezibel gemessen worden. Damit könnte der ursprüngliche Vorwurf der gefährlichen und nicht nur einfachen Körperverletzung erwiesen sein.

Mandantin sei sich der Gefährlichkeit nicht bewusst gewesen

Verteidiger Ingo Lindemann führte abermals aus, dass seine Mandantin sich der Gefährlichkeit für die Ohren durch den entstehenden Knall nicht bewusst war, womit eine vorsätzliche Körperverletzung auszuschließen sei. Demnach bliebe als Tatvorwurf nur die Bedrohung über. Die Frau, die an Schizophrenie leidet, soll nach den Schüssen geäußert haben: „Das war heute nur ein Test.“

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Verteidiger Ingo Lindemann mit der Angeklagten und einer Wachtmeisterin im Kölner Landgericht.

Die Sprechstundenhilfe hatte auf Drängen von Richter Peter Sommer nicht ausgesagt (hier lesen Sie mehr), da sie womöglich an die ärztliche Schweigepflicht gebunden sei. Ihre Chefin will sie davon nicht entbinden, obwohl die Psychiaterin selbst ausgesagt hatte. Offenbar nicht aus Angst vor strafrechtlichen Konsequenzen, sondern aus Fürsorge, da die Mitarbeiterin im Zeugenstand retraumatisiert werden könnte.