Köln – Vier Wochen nach dem Fund eines toten Säuglings vor einer Babyklappe in Köln-Bilderstöckchen im Juli hat die Polizei eine 36 Jahre alte Kölnerin festgenommen, die sie für die Mutter des Babys hält. Die Beweislage gegen die Frau sei „erdrückend“, heißt es aus dem Polizeipräsidium. „Das Ergebnis eines beim Landeskriminalamt durchgeführten Abgleichs belegt zweifelsfrei, dass die DNA der 36-Jährigen mit der am Handtuch gesicherten DNA übereinstimmt, in das das Baby eingewickelt war“, sagte Polizeisprecher Wolfgang Baldes. Die endgültige Bestätigung, dass es sich tatsächlich um die Mutter des Kindes handele, bedürfe allerdings noch weiterer Analysen der Probe.
36-Jährige ist Mutter von vier Kindern
Die 36-Jährige hat bereits vier Kinder. Wie es heißt, soll sie die neuerliche Schwangerschaft vor Freunden, vor ihrer Familie und sogar vor ihrem eigenen Mann oder Lebensgefährten bis zuletzt verheimlicht haben. Das jedenfalls legen bisherige Zeugenaussagen nahe. Gegen den mutmaßlichen Vater des Jungen werde nicht ermittelt, betonte die Polizei. Offenbar nur ein Arzt wusste nach bisherigen Erkenntnissen, dass die Frau ein fünftes Kind erwartete. „Es steht fest, dass sie in ärztlicher Behandlung war“, bestätigte Baldes.
Das könnte Sie auch interessieren:
Warum die Kölnerin, die unweit der Babyklappe am Haus Adelheid in Bilderstöckchen wohnt, ihre Schwangerschaft für sich behielt und wieso sie sich dazu entschloss, das Kind abzugeben, ist noch unklar. Auch die Umstände der Geburt sind noch nicht geklärt. Ebenso treibt die Ermittler noch die Frage um, warum die Mutter ihren Sohn vor statt in das Babyfenster gelegt hat, wodurch es möglicherweise noch hätte gerettet werden können. Bislang macht die Frau in den Vernehmungen keine Angaben, heißt es. Wäre der Säugling in das Fenster gelegt worden, hätte ein automatischer Alarm das SKF-Team informiert. So aber war der Alarm ausgeblieben. Der Rettungsdienst konnte ihm nicht mehr helfen.
Säugling wurde nach Geburt nicht versorgt
In ihrem Gutachten wollten sich die Rechtsmediziner der Uni Köln nicht endgültig festlegen, ob das Kind noch lebte, als seine Mutter es ausgesetzt hat oder ob es zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben war. Sicher sind die Mediziner nur, dass der Säugling lebend auf die Welt gekommen sein muss. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdachts der Tötung durch Unterlassen gegen die 36-Jährige. Es besteht die Vermutung, dass der Junge starb, weil er nach der Geburt nicht versorgt worden war.
Ein Ermittler sprach am Mittwoch von einem „Sozialdrama“. Die Frau war am Dienstagnachmittag festgenommen worden und sollte am Mittwochabend einem Haftrichter vorgeführt werden.
Kassenzettel brachte Polizei auf die Spur der Frau
Wie zu erfahren war, soll der Kassenzettel eines Lebensmitteldiscounters die Polizei auf ihre Spur gebracht haben. Der Zettel hatte zwischen dem Baby und dem Handtuch geklebt. Über den Bon und das betreffende Geschäft soll es der Mordkommission gelungen sein, die Identität der 36-Jährigen zu ermitteln. Details dazu wollten Staatsanwaltschaft und Polizei am Mittwoch nicht preisgeben.
Eine Mitarbeiterin des Haus Adelheid – einer Einrichtung für junge Schwangere und Alleinerziehende des Sozialdienstes Katholischer Frauen (SFK) – hatte den Jungen am 12. Juli bei einem Routinerundgang um 10.45 Uhr vor der Babyklappe gefunden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gaben dem toten Säugling den Namen Elias. Vor drei Wochen wurde er auf dem Nordfriedhof beigesetzt.
Nach Angaben des SKF, der das Haus Adelheid seit 1986 betreibt, sind in mehr als 20 Jahren seit Bestehen der Babyklappe 32 Säuglinge dort abgelegt worden. Zwei der Kinder seien tot gewesen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtung waren nach dem Fund von Elias‘ Leiche seelsorgerisch betreut worden. Das Entsetzen und die Trauer waren ihnen auch bei der Bestattung des Jungen zehn Tage später deutlich anzusehen.