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Kölner CDUParteigericht und Vorstand untersuchen Vorwürfe der Manipulation

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Parteigericht und Vorstand der Kölner CDU wollen sich noch einmal mit der  Wahl des Bundestagsabgeordneten Heribert Hirte zum Ortsverbandschef befassen. (Symbolfoto)

Köln – Mit dem im CDU-Ortsverband des Stadtteils Sürth erhobenen Manipulationsvorwurf gegen den Bundestagsabgeordneten Heribert Hirte wird sich nicht nur das Parteigericht befassen, sondern auch der Vorstand. „Wir werden uns die Angelegenheit noch einmal anschauen, ob da etwas zu ändern ist“, kündigte CDU-Chef Bernd Petelkau am Dienstag an. Es geht um die Frage, ob die Wahl Hirtes zum Vorsitzenden des Ortsverbandes rechtens war oder nicht.

Vorwürfe aus den eigenen Reihen

Ein CDU-Mitglied aus Sürth hat die Abstimmung vom 19. Dezember 2017 angefochten. An der Wahl Hirtes hätten sich mindestens fünf Parteimitglieder beteiligt, die in anderen Stadtteilen wohnen und erst wenige Wochen zuvor in den Ortsverband im Kölner Süden gewechselt waren, heißt es in der Eingabe an das Parteigericht.

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Heribert Hirte

Zwar hatte die für einen solchen Wechsel erforderliche Anhörung des Sürther Vorstandes stattgefunden. Doch habe Hirte den Termin „zielgerichtet“ auf den Elften im Elften um neun Uhr in Lindenthal angesetzt, so dass das Gremium letztlich nur zur Hälfte erschien. Einwände gegen die Aufnahme der ortsfremden Mitglieder, die als Unterstützer Hirtes gelten, habe es nicht gegeben.

Aufgrund vorgeschriebener Fristen sei für die Anhörung kein anderes Wochenende in Frage gekommen, sagt Hirte. Die neuen Mitglieder hätten teilweise berufliche Gründe für den Wechsel genannt, teils „inhaltliche Verbundenheit“ zu seiner Politik.

Schwierige Grenze

Grundsätzlich gehören Mitglieder beiden Volksparteien dem für ihren Wohnort zuständigen örtlichen Gremium an. Ausnahmen sind allerdings möglich, sowohl in der CDU als auch der SPD. Mehren sich jedoch vor internen Wahlen die Ummeldungen, scheint der Verdacht eines Manipulationsversuches nicht gänzlich unbegründet: Mitglieder könnten sich einem anderen Ortsverband anschließen, bloß um einen bestimmten Kandidaten zu unterstützen. Doch wo liegt die Grenze zwischen zulässigen und unzulässigen Wechseln?

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Die Satzung der Kölner CDU lässt zu, dass ein Parteimitglied auf eigenen Wunsch einem Ortsverband außerhalb seines Stadtteils angehören kann. Die Vorstände der betroffenen Verbände müssen dazu ihre Stellungnahme abgeben. Erst dann entscheidet der Vorstand der Kreispartei. In der Satzung der Bundes-CDU sind die Vorgaben enger gefasst.

„In der Regel“ wird das Mitglied dem Stadtbezirk zugeordnet, in dem es wohnt. Im Ausnahmefall könne auch der Arbeitsplatz herangezogen werden. Auf „begründeten Wunsch“ könne der Kreisvorstand weitere Ausnahmen zulassen, heißt es weiter. Ähnliche Regelungen gelten in anderen Parteien. Immer gilt die Zuordnung nach dem Wohnsitz als Regel, Abweichungen als Ausnahmen, die begründet werden müssen.

Raum für Tricksereien

Derartige Regelungen bieten Parteimitgliedern zwar flexible Betätigungsmöglichkeiten. Zugleich schaffen sie jedoch Raum für Tricksereien. Nach einer Klage eines Duisburger CDU-Mitglieds gegen eine Wahl befasste sich das Bundesparteigericht der CDU mit der Problematik und fällte im November 2010 ein Urteil.

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Bernd Petelkau

Einen „Automatismus“ für die Wechsel gebe es nicht, befanden die Juristen der Union mit Bezug auf die Bundessatzung. Eine inhaltliche Prüfung sei notwendige Voraussetzung. Der beklagte Duisburger Parteivorstand habe damals bewusst davon abgesehen. Innerhalb kurzer Zeit hatten dort 46 Mitglieder den Ortsverband gewechselt, sodass die Richter davon ausgingen, dass ihre Gründe nicht „abgefragt und gewogen“ wurden. Die Teilnahme an bevorstehenden Wahlen könne „ernsthaft kein Grund“ sein. Sie erklärten die Wahl, an der die Wechsler teilgenommen hatten, für ungültig.

Die von unterlegenen Bewerbern angezweifelte Wahl des Bundespolitikers Hirte zum Vorsitzenden der Sürther CDU erfolgte mit 29 Ja-Stimmen und neun Gegenstimmen. Für das Parteigericht dürfte das Ergebnis allerdings keine Rolle spielen.

Tricksereien an der Basis

Vorwürfe des Stimmenkaufs, seltsamer Methoden zur Mitgliederwerbung und der Wahlmanipulation sind in den Kölner Volksparteien nichts Neues. Die CDU und die SPD mussten sich wiederholt mit Wahlanfechtungen befassen.

CDU Weiden2013 stritten der damalige Ratsherr Klaus Koke und die jetzige Ratsfrau Teresa De Bellis-Olinger um die Kandidatur im Wahlkreis. Man warf De Bellis-Olinger vor, sie habe „klammheimlich Truppen gesammelt“. Jemand „kauft Leute ein und bringt sie als Stimmvieh zu den Wahlen“, hieß es. Die Mutter der Kandidatin hatte der CDU die Beiträge für 13 neue Mitglieder überwiesen, die kurz vor der Wahl eingetreten waren; verbotenerweise, denn laut Satzung müssen Mitglieder die Beiträge persönlich zahlen.

De Bellis-Olinger wies die Vorwürfe zurück. Die aus ihrem Freundeskreis stammenden neuen Mitglieder hätten ihrer Mutter wegen bevorstehender Urlaubsreisen die Beiträge bar ausgehändigt. Diese habe die Summe der Partei überwiesen, insgesamt 285 Euro.

SPD Weidenpesch

Nach den Vorstandswahlen im SPD-Ortsverein Weidenpesch/ Mauenheim/Niehl gab es 2003 Protest. Mehr als 30 Genossen sollen sich mit falschen Adressen angemeldet haben, um an der Abstimmung teilzunehmen. Nachdem altgediente Bewerber reihenweise durchfielen, wurden einige Genossen misstrauisch. Eine Kontrolle der Anschriften ergab: Etliche der Neuen wohnten woanders.

CDU Mülheim1998 wurde die CDU im Bezirk Mülheim von der „Kraftsportfraktion“ in Unruhe versetzt. Innerhalb eines halben Jahres traten 148 Männer und Frauen ein, eine nie erlebte Welle. Erfahrene Funktionäre befürchteten eine Unterwanderung durch neue Parteifreunde mit Goldkettchen und breiten Schultern, angeworben in Fitness-Studios.

Der neue Vorsitzende des Ortsverbandes Buchforst hatte als Anschrift einen Altbau an der Frankfurter Straße angeben. Sein Namenszug befand sich auf einem aufgeklebten Plastikstreifen, Klingel und Briefkasten fehlten. Das Kreisparteigericht konnte die Angaben nicht widerlegen. Zwei Männer sollen sich bei der Mitgliederwerbung besonders hervorgetan haben: der heutige CDU-Chef Bernd Petelkau und der Stadtbezirkschef Thomas Portz.

CDU EhrenfeldIn der Ehrenfelder CDU gab es 2003 nach der Wahl des später zu Pro Köln gewechselten Ortsverbandsvorsitzenden Jörg Uckermann Krach. Er soll mit Hilfe nicht stimmberechtigter neuer Mitglieder an sein Amt gekommen sein. Bei einigen, so der unterlegene Ratsherr Stefan Götz damals, hätten sich die Anschriften als falsch erwiesen.

CDU SülzBemerkenswert ist, dass Götz selbst im Jahr 1998 im Ortsverband Sülz/Klettenberg versucht hatte, durch 22 neue, teils erst am Tag der Wahl geworbene Mitglieder die Mehrheitsverhältnisse umzukehren. Sie wurden jedoch nicht zur Abstimmung zugelassen.