AboAbonnieren

Kölner Covid-19-Patientin„Als ob das Virus lauert, bis es wieder zuschlagen kann“

Lesezeit 4 Minuten
Medikamente Krank Symbolbild

Die 52-jährige Kölnerin zeigte starke Symptome während einer Erkrankung mit Covid-19 (Symbolbild)

  1. Die Kölner Covid-19-Patientin, die uns vor rund einer Woche in einem Interview von ihrem schweren Krankheitsverlauf erzählte, hat sich noch nicht erholt.
  2. Im Kampf gegen die Krankheit hat sie einen Rückschlag erlitten und es sind auch neue Symptome hinzugekommen.

Köln – „Ich dachte, ich schaffe es vielleicht nicht.“ Mit dieser Überschrift war ein Interview überschrieben, in dem uns eine Kölner Corona-Patientin vor rund einer Woche den schweren Verlauf schilderte, den die Infektion bei ihr genommen hatte. Die 52-Jährige, die anonym bleiben möchte und die wir deshalb „Frau Müller“ nennen, hat dabei erfahren müssen, wie die Krankheit Covid-19 ihren Körper an den Rand der Belastbarkeit gebracht hatte. Überstanden ist die Infektion immer noch nicht. Sie hat einen Rückschlag erlitten.

Frau Müller, zunächst die Frage, wie geht es Ihnen inzwischen?

Frau Müller: Es ging mir ja schon etwas besser. Doch dann erlitt ich einen Rückschlag. Dieser Virus ist hartnäckig. Mir kommt es vor, als ob er lauert und wartet, bis er wieder zuschlagen kann.

Wie äußerte sich der Rückschlag?

Ich bekam wieder starke Atemnot. Bei mir ist nun auch das hinzugekommen, was wohl auch viele andere Covid-19-Patienten schildern – der komplette Ausfall des Geruchs- und Geschmackssinns. Ich kann Tee nicht von Kaffee oder Wasser unterscheiden. Es scheint ein Symptom zu sein, das die Krankheit von einer Grippe unterscheidbar macht.

Wann erwarten Sie, dass ihnen die Ärzte sagen, dass Sie vollständig genesen sind?

Ich hoffe bald, Jedoch ist meine Quarantäne zunächst um eine weitere Woche verlängert worden. Aber es ist ja ohnehin eine Geduldsprobe für alle, ob sie nun direkt oder indirekt betroffen sind.

Das könnte Sie auch interessieren:

Wie zufrieden waren Sie mit der ärztlichen Betreuung? Was könnte aus Ihrer Sicht als Betroffene verbessert werden?

Im akuten Krankheitszustand wird man durch das Gesundheitsamt gut betreut. Was ich massiv kritisiere, ist dass vorher viel zu wenige Menschen getestet wurden. Das kann man noch nicht einmal den niedergelassenen Ärzten vorwerfen, sondern das war ja eine Empfehlung des Robert-Koch-Instituts und des Gesundheitsministeriums, die als Testkriterien den Kontakt zu Infizierten oder die Rückkehr aus einem Risikogebiet festlegten.

Wurden oder werden Sie auch dahingehend untersucht, ob Sie künftig eventuell immun gegen das neuartige Coronavirus sein werden?

Ich muss zwei Tage symptomfrei sein. Aus Kosten- und Kapazitätsgründen findet kein weiterer Test statt. Für mich ist das nicht ganz nachvollziehbar. Die Frage der Immunität nach überstandener Erkrankung ist ja noch gar nicht geklärt. Und ich erlebe den Virus gerade als Überlebenskünstler, der womöglich noch mutieren könnte. Ich halte die Entwicklung eines Impfstoffs für entscheidend. Wenn dafür Studienteilnehmer gesucht werden, nehme ich gern teil.

Wie haben Ihre ebenfalls isolierten Familienmitglieder, Ehemann und Sohn, die Zeit bis jetzt überstanden?

Sie sind bislang noch nicht getestet worden, zeigen aber keine Symptome. Wir konnten uns zum Glück weitgehend aus dem Weg gehen und haben das auch getan. Mein Mann und mein Sohn haben großen Spaß am Kochen entwickelt. Schade, dass ich die Ergebnisse ihrer Kochkünste zurzeit nicht beurteilen kann. Mit einer guten Tagesstruktur, aber auch Humor und Toleranz haben wir das hinbekommen. Aber die Frage ist, wie lange noch. Alles ist ja irgendwie auf Eis gelegt. Da denke ich zum Beispiel schon an meinen Geburtstag im April, den ich wohl kaum mit vielen Freunden werde feiern können.

Haben Sie eigentlich die Nachrichten verfolgt oder eher vermieden?

Wenn ich sehe und höre, wie viele Menschen zum Beispiel in Italien sterben und was für Schicksale in den Familien damit zusammenhängen, relativiert sich mein eigener Zustand doch stark. Ich habe halt Atemnot, die ist beunruhigend, aber das wird irgendwann vorbei sein. Ich bekomme auch mit, dass im Bekanntenkreis vermeintlich sichere Jobs plötzlich in Frage stehen. Wir sind selbst natürlich auch betroffen. Jetzt ist Solidarität unheimlich wichtig. Es wäre ein tolles Signal, wenn die Unternehmen, die jetzt profitieren, sich an einem Hilfsfonds beteiligen würden. Sicher ist aber diese Krise auch ein spannendes Beobachtungsfeld für Soziologen und Ökonomen, die der Frage nachgehen, was sich aus ihr lernen lässt.

Haben Sie schon Pläne für den Tag, an dem Sie Ihr Haus wieder für alle öffnen und auch selbst vor die Türe gehen dürfen?

Auf alle Fälle werde ich zu all den Menschen gehen, die uns in der ganzen Zeit geholfen und eingekauft haben. Denen stelle ich ein kleines Dankeschön vor die Tür. Sie zu umarmen, was ich am liebsten tun möchte, geht ja leider noch nicht.

Das Gespräch führte Heribert Rösgen