Beim Jahresempfang der Diakonie in der Kartäuserkirche sprach der Hauptredner Rainer Schmidt über die verschiedenen Aspekte von Inklusion.
Jahresempfang des evangelischen Kirchenverbands KölnDiakonie thematisiert Inklusion als Beispiel für Perspektiven
Als Rainer Schmidt in einem Hotel in Paderborn eincheckte, wollte ihm der Rezeptionist einen Meldeschein geben, zögerte angesichts der körperlichen Einschränkung des Gastes und befand: „Das ist nicht so wichtig.“ Dann sagte er, es reiche aus, als Unterschrift „einfach einen Kringel“ auf das Papier zu setzen. Statt empört zu reagieren, unterschrieb Schmidt kurzerhand mit „Rainer Kringel“.
Er hätte auch „moralisch reagieren“ und sich über Diskriminierung beschweren können, doch er habe die Sache mit Humor genommen, sagte er beim Vortrag, den er am Montag in der Kartäuserkirche hielt. Er war der Hauptredner beim Jahresempfang des Evangelischen Kirchenverbands Köln und Region zum Thema „Der Dienst der Diakonie – Inklusion als Beispiel für Perspektiven“.
Schmidt wurde ohne Unterarme und mit einem verkürzten rechten Oberschenkel geboren. Der Pfarrer ist mehrfacher Goldmedaillengewinner bei den Paralympics, Welt- und Europameister im Tischtennis geworden, hat lange als Dozent gearbeitet, ist als Kabarettist aufgetreten und seit diesem April Theologischer Vorstand der Diakonie Michaelshoven.
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„Überall, wo ich auftauche und man mich nicht kennt, sorge ich für Verunsicherung: Wie gibst du jemandem die Hand, wenn er keine hat?“, sagte er. Obwohl er gesund sei, werde er „permanent anders behandelt“. Behinderung sei in erster Linie ein soziales Phänomen. Nach „medizinischem Menschenbild“ weiche er von der Norm ab, für ihn als Theologen gelte jedoch: „Jeder ist anders. Das ist normal.“ Alle Menschen seien je auf ihre Weise begrenzt in ihren Fähigkeiten.
Hauptproblem sei die Einteilung von Menschen, die an Bewertungen geknüpft ist
Inklusion sei „die Kunst des Zusammenlebens von sehr verschiedenen Menschen“. Als Hauptproblem machte er die Einteilung der Menschen in Gruppen aus, an die Bewertungen geknüpft würden, bis hin zur Entmenschlichung. Inklusion heiße, die „Gesellschaft so zu gestalten, dass sie passend ist für alle“, beginnend in der Schule.
Als positives Beispiel erwähnte der Theologe, wie der Direktor des Gymnasiums reagierte, bei dem er als künftiger Schüler vorsprach: „Was müssen wir tun, damit Sie hier zur Schule gehen können?“ Bei allem gelte: Am meisten seien nicht Menschen mit Behinderung, sondern die Armen benachteiligt.
Kritik: Öffentliche Zuweisungen seien „nicht auskömmlich“
Die Wahl des Themas für den Empfang erklärt sich damit, dass 2024 „100 Jahre evangelische Diakonie in Köln und Region“ gefeiert werden. „Tausende Menschen arbeiten in der Diakonie und der Caritas und in den kirchlichen Verbänden und Initiativen. Sie sorgen dafür, dass Menschen gute Chancen zur Entwicklung ihres Potenzials bekommen und weitgehend selbstbestimmt leben können“, sagte Stadtsuperintendent Bernhard Seiger. Nun stünden die Sozialangebote auf dem Spiel, weil die öffentlichen Zuweisungen „nicht auskömmlich“ seien.
Dazu sagte Oberbürgermeisterin Henriette Reker, die zwei Millionen Euro, die vom „Stärkungspakt“ übrig geblieben seien, würden ins nächste Jahr übertragen. „Wir wollen alles retten, was zu retten ist.“ Reker dankte dafür, dass „Sie organisieren, worauf wir als Kommune angewiesen sind“. Zudem zollte sie den Kirchen „Respekt für ihre Haltung in der derzeitigen Diskussion über das Grundrecht auf Asyl“.