- Den Kölner Dom kennt jeder. Aber wie gut kennen sich die Kölner wirklich aus in „ihrer“ Kathedrale?
- Regelmäßig haben wir für Sie eine neue Geschichte vom Dom – erzählt von einer, für die er eine Art zweites Zuhause ist: Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner.
- In dieser Folge geht es um einen überraschenden Fund – was es mit Handschellen in einem römischen Brunnen im Dom auf sich hat.
Köln – Westlich einer Treppe, die vom Niveau des höher gelegten Fußbodens im gotischen Dom hinunter auf den Fußboden des Alten Doms führte, fand man einen sehr sauber gemauerten römischen Brunnen, der bis hinunter zum Grundwasserspiegel führte.
Überall und zu jeder Zeit animierten Brunnenöffnungen dazu, Dinge hineinzuwerfen, die nicht hineingehören. So stieß man auch am Fuß dieses römischen Brunnens auf allerlei antike Gegenstände. Der erstaunlichste Fund ist ein Paar bronzene Hand- und Fußfesseln, die offenbar zusammenpassen.
Denksportaufgabe für Archäologen
Was es damit auf sich gehabt haben könnte, ist eine Denksportaufgabe für Archäologen. Römische Sklaven trugen im Normalfall keine Fesseln. Zum einen, weil sie mit ihren Händen arbeiten sollten und daher beweglich sein mussten. Zum anderen, weil sie im städtischen Bereich eher Teil der Großfamilie waren und nicht im strengen Sinne wie Gefangene behandelt wurden.
Trotzdem war es bei der formellen Freilassung offenbar Teil eines Rituals, den Sklaven als Symbol die Hand- und Fußfesseln abzunehmen und sie ins Wasser zu werfen. Mich erinnert das sofort an einen Brauch mit umgekehrter Symbolik: die Liebesschlösser an der Hohenzollernbrücke mit dem zugehörigen Schlüssel, den die Liebespaare in den Rhein werfen – hier nicht als Zeichen der Befreiung, sondern im Gegenteil der unauflöslichen Verbindung. Hoffen wir mal, dass auch die in aller Freiheit eingegangen werden.
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Vieles spricht dafür, dass die zueinander passenden Handschellen und Fußfesseln das Relikt einer römischen Freilassungszeremonie sind, bei der sich die Beteiligten nicht etwa bis ans Rheinufer begaben, sondern kurzerhand den Brunnen hernahmen und die Stücke dort versenkten.
Ich hatte immer vor, sie in einer Vitrine seitlich des Brunnens auszustellen. Dazu ist es in meiner Amtszeit nicht mehr gekommen. Heute werden sie in dem riesigen Depot mit sämtlichen Fundstücken der Ausgrabungen aufbewahrt. Dort, das kann ich Ihnen versichern, schlummert noch sehr viel, woran künftige Generationen von Altertumsforschern ihre Freude haben werden.
Aufgezeichnet von Joachim Frank
Domgeschichten. Mit der Dombaumeisterin a.D. durch die Kölner Kathedrale, herausgegeben von Barbara Schock-Werner und Joachim Frank, 176 Seiten mit zahlreichen Fotos von Csaba P. Rakoczy, 18 Euro.Wenn Sie an einer Führung durch die Ausgrabungen interessiert sind, finden Sie die entsprechenden Informationen hier.