Die Sicherheitsmaßnahmen am Kölner Dom sind deutlich erhöht worden. Die Polizei äußert sich zu den möglichen Drahtziehern des geplanten Anschlags.
Geplanter SprengstoffanschlagPolizei kontrolliert Eingänge zum Kölner Dom – Hinweise auf IS-Beteiligung
„Ich habe schon ein mulmiges Gefühl und etwas Angst“, sagte Laura Rodriguez am Sonntagnachmittag auf der Domplatte. Sie stand, wie alle Menschen, die die Christvesper an Heiligabend besuchen wollten, in einer Warteschlange. Die Polizei kontrollierte nämlich alle, die an der Messe im Kölner Dom teilnehmen wollten.
Das lag an einem möglicherweise geplanten islamistischen Terroranschlag in oder im Umfeld des Doms zu Silvester. Nachrichtendienste hatten eine entsprechende Meldung abgefangen, nach der Terroristen zum Jahreswechsel einen Sprengstoffanschlag auf den Kölner Dom sowie auf Kirchen in Wien und Madrid geplant haben sollen. Die Messen in Kölns Wahrzeichen fanden unter strengen Sicherheitsvorkehrungen trotzdem statt.
Oliver Russ fühlte sich deshalb auch am Sonntagnachmittag sicher: „Jetzt wird der Dom bewacht und ist bestimmt der sicherste Ort Deutschlands“, sagte Russ, der Rodriguez zur Messe an Heiligabend begleitete.
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Kölner Dom: Hochamt am Morgen war der „am besten abgesicherte Gottesdienst in Deutschland“
Ähnlich äußerte sich auch schon Weihbischof Rolf Steinhäuser beim Hochamt am Sonntagmorgen: „Es hat Sicherheitshinweise gegeben, die die Polizei bewegt haben, das sehr ernst zu nehmen und in großer Mannschaftsstärke auch da zu sein. Ich danke den Frauen und Männern der Polizei und für unser aller Sicherheit.“ Die Messe um 10 Uhr nannte er den „am besten abgesicherte Gottesdienst in Deutschland“.
Denn da war die Situation am Kölner Dom ähnlich wie am Nachmittag. Besucherinnen und Besucher mussten etwas Geduld mitbringen. Vor dem Hauptportal standen Domschweizer und Polizisten und wiesen reine Kirchenbesucher ab. Nur Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Gottesdienstes wurden eingelassen. Im Innern der Kirche kontrollierten Polizisten Jacken und mitgebrachte Taschen auf verdächtige Gegenstände, dann erst durften die Menschen in den Bänken Platz nehmen. „Gut besucht“ sei der 10-Uhr-Gottesdienst gewesen, hieß es.
Auch Dompropst Guido Assmann hatte am 10-Uhr-Gottesdienst teilgenommen, er bedankte sich bei der Polizei. „So toll beschützt wie heute haben wir selten einen Gottesdienst gefeiert. Die Menschen im Dom sind so sicher, wie sie nur sein können“, sagt er vor dem Hauptportal. Auch die kommenden Gottesdienste an Weihnachten würden „in enger Absprache mit der Polizei“ stattfinden.
Anschlägspläne auf den Kölner Dom: Henriette Reker kündigt Gespräche mit der Polizei an
Wegen der Kontrollen am Eingang müssten Besucherinnen und Besucher nur ein bisschen Zeit mitbringen. „Aber das kennt man ja zum Beispiel auch vom Flughafen“, sagte Assmann. Er freue sich auf die Gottesdienste und sei „sehr zuversichtlich“.
Auch die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker sprach am Sonntagmittag der Polizei ihren Dank „für ihr schnelles und umsichtiges Handeln“ aus und bat darum, den Hinweisen der Polizei zu folgen, um so die Arbeit der Einsatzkräfte zu unterstützen. Dennoch zeigte auch sie sich optimistisch: „Wir Kölnerinnen und Kölner lassen uns von irren Terroristen nicht einschüchtern.“ Der Dom stehe seit 1248 im Herzen der Stadt und verkörpere auch das Selbstbewusstsein der Kölnerinnen und Kölner. Die Oberbürgermeisterin habe „vollstes Vertrauen darauf, dass alles unternommen wird, um die Kölnerinnen und Kölner und unseren Dom in den nächsten Tagen zu schützen“.
Die Stadt Köln will nun prüfen, ob mit Blick auf den Jahreswechsel und auf die aktuelle Lage die Ordnungsdienste durch zusätzliche Maßnahmen die Polizei unterstützen kann. Zu Silvester führt das Ordnungsamt seit Jahren Taschenkontrollen durch, um das Feuerwerksverbot durchzusetzen. Laut Reker stehe man bereits im engen Austausch mit der Polizei.
Polizei suchte mit Spürhunden den Kölner Dom nach Sprengstoff ab
Sicherheitshalber entschied die Polizei, schon jetzt zu Weihnachten die Schutzmaßnahmen im Kölner Dom zu erhöhen. In der Nacht auf Sonntag suchten ungefähr 15 Spürhunde die Kathedrale fünf Stunden lang nach Sprengstoff ab. Sie fanden nichts. Auch die Bundespolizei unterstütze mit Spürhunden und Hundeführern, ebenso die Landespolizei aus Niedersachsen. Man habe auf die Schnelle „alles angefordert, was vier Beine hat“, berichtete Polizeisprecher Wolfgang Baldes am Sonntagmittag.
Mindestens bis Silvester will die Polizei den Dom nicht mehr aus den Augen lassen, betonte Baldes – im Einsatz seien sowohl uniformierte als auch zivile Kräfte. Mehr als 100 Beamtinnen und Beamte waren allein am Samstagabend vor Ort.
Bundesinnenministerin Faeser: „Lassen uns nicht einschüchtern oder in unserer Lebensweise einschränken“
Bundesinnenministerin Nancy Faeser merkte gegenüber der Funke-Mediengruppe an, dass die Reaktion auf den möglichen Anschlagsplan zeigt, wie ernst die Sicherheitsbehörden solche Gefahren nehmen. „Wir alle lieben unsere weihnachtlichen Traditionen und lassen uns nicht einschüchtern oder in unserer Lebensweise einschränken“, sagte die SPD-Politikerin.
Doch „islamistische Terrorgefahr“ werde dennoch „sehr ernst“ genommen, man sei „äußerst wachsam“. Die Behörden hätten die islamistische Szene im Visier und handelten konsequent, wie die aktuellen Maßnahmen laut Faeser auch zeigen. Bund und Länder setzen dazu alle polizeilichen und nachrichtendienstlichen Mittel ein, um Gefahren früh zu erkennen und jedem Hinweis nachzugehen.
Für NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sei nun Vorsicht das Gebot der Stunde. „Die Terrorgefahr ist hoch wie lange nicht mehr und unsere christlichen Feiertagsrituale sind natürlich auch ein Ziel von islamistischen Terroristen“, sagte Reul. „Aber wir sind nicht schutzlos“.
Gregor Golland, Innenexperte der CDU-Landtagsfraktion, fordert derweil, dass nun hart durchgegriffen werden muss. „Unsere christlichen Werte, unsere Kultur und unsere Nation werden von Islamisten und Extremisten bedroht und angegriffen. Jetzt werden schon Kircheneingänge kontrolliert.“ Die Grenzen müssten stattdessen streng kontrolliert werden. Und wer nicht nach Deutschland gehöre, weil er „uns hasst und töten will“, dürfe nicht ins Land oder müsse eingesperrt und abgeschoben werden, so Golland weiter.
Kölner Dom: Polizei sucht nach Sprengstoff – Nachrichtendienste fangen Hinweise auf Anschlag ab
In einer verwinkelten Ecke hinter dem Dom, die für normale Passanten nicht leicht zugänglich ist, entdeckten Aufklärungskräfte zu später Stunde drei Männer – unklar, was sie dort wollten. Die Polizisten hielten die Personen auf und befragten sie. Mit den mutmaßlichen Anschlagsplänen hatten sie aber offenbar nichts zu tun. Es habe in Köln diesbezüglich bislang keine Festnahmen gegeben, heißt es bei der Polizei.
Im Hintergrund werde zurzeit ermittelt, was genau es mit dem Hinweis auf sich habe, in dem explizit die Worte „Kölner Dom“ und „Silvester“ vorgekommen sein sollen. „Das ist jetzt eine sehr arbeitsreiche Zeit für uns“, sagte Baldes. Gemeinsam mit anderen Sicherheitsbehörden müsse dieser Hinweis nun bewertet werden. Während dieser Zeit tue die Polizei alles, um die Sicherheit im Dom zu gewährleisten.
Köln: Polizei erhöht Sicherheitsmaßnahmen bis Silvester – Kontrollen am Eingangsportal
Ersten Angaben zufolge soll es sich bei den Verantwortlichen für die geplanten Anschläge um eine Zelle des Islamischen Staates (IS) handeln. Nach Erkenntnissen der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin tauschen sich generell ausführende Täter vor Ort und die Anschlagsplaner der IS-Zellen im Hintergrund häufig über Messengerdienste wie vor allem Telegram miteinander aus.
Ob die Nachrichtendienste den Hinweis auf potenzielle Anschläge an Silvester ebenfalls aus Telegram-Chats abgefischt haben, ist noch unklar. Die Polizei macht derzeit dazu keinerlei Angaben.