„Haben wir uns verdient“Kölner fliegen in die Ferien – Weniger Andrang als erwartet
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Köln – Vor der Ticketkontrolle am Flughafen Köln/Bonn steht Florian de Carvalho Paesold, der eben erfahren hat, dass Portugal als Risikogebiet gilt. Er will mit seinen drei Kindern und Frau Carla am Freitagnachmittag in einen Flieger nach Porto steigen; seine Frau ist Portugiesin, und ihre Mutter wartet dort: „Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Wir haben alles fertig gebucht und sind durchgeimpft, die Kinder freuen sich auf die Oma. Wir werden fliegen“, sagt der 40-jährige. Die Geschwister Vito und Mia hatten am Freitagvormittag noch Schule, jetzt stehen sie mit gepackten Rucksäcken neben ihren Eltern: „Ich freue mich auf die Sommerferien und auch auf die siebte Klasse“, sagt die zwölfjährige Mia.
„Portugal ist Virusvariantengebiet, Familien würde ich im Moment eher eine Reise nach Mallorca empfehlen“, sagt ein Reisebüromitarbeiter hinter einer Theke im Terminal 2.
Die Familie werde sich bei ihrer Rückkehr wohl auf 14 Tage Quarantäne einstellen müssen – trotz der Impfungen. Das Reisebüro am Flughafen ist eigentlich dafür da, Last-Minute-Reisen zu ermöglichen. Das sei aber wegen der Testauflagen und der Einreiseformulare, die je nach Land variieren, im Augenblick nicht möglich: „Ich würde mindestens drei Tage im Voraus buchen. Aber wenn die Inzidenz so bleibt, wird das ein guter Reisesommer.“
Für Yusuf A. und seine Freunde geht es nach Lloret de Mar. Die acht Männer wollen ihr Abitur feiern: „Von der Schule aus gab es keine Abifahrt und wir haben viel für das Abitur unter Corona lernen müssen. Chillen haben wir uns verdient“, sagt Yusuf A.
Ein Terminal weiter beobachtet eine Stewardess die Passagiere vom Schalter einer Billigfluglinie aus: „Obwohl Ferienbeginn ist, ist recht wenig los“, sagt sie. Vor der Pandemie seien an einem solchen Tag bis zu 60 Flüge ihrer Fluglinie gestartet, heute seien es nur 25. „Am Wochenende wird es wohl voller. Aber vielleicht sorgen sich die Menschen auch darum, dass sich die Regeln, während sie im Ausland sind, wieder ändern.“ Die Frau im blauen Kostüm ist erst seit letzter Woche wieder am Flughafen tätig, zuvor war sie 15 Monate in Kurzarbeit. „Ich glaube, die Pandemie hat der Nachfrage nach Flügen einen Knick verschafft, von dem wir uns nun erholen müssen.“
George M. trägt heute zumindest etwas zur Erholung der Branche bei: Er fliegt für drei Tage nach Bukarest, seine Geburtsstadt. Seine Tochter hat dort einen Hund gekauft, den er nach Deutschland bringen soll: „Sie hat mich für die Aktion freigestellt, sodass ich mal kurz nicht auf ihre Kinder aufpassen muss“, sagt der 77-jährige und lacht. Es ist sein erster Flug nach zwei Jahren: „Die Pandemie hat uns schon irgendwie eingesperrt. Richtig Urlaub will ich aber bald in Sizilien machen, dann für mehrere Wochen“, sagt der Rentner.
„Das war dann doch ein seltsames Gefühl“
In den Süden hat es auch Tanja R. Und Kevin G. verschlagen. Sie haben ihren ersten Urlaub als Paar auf Kreta verbracht und sind nach zwei Stunden Flug wieder in Deutschland gelandet: „Mit jedem Tag dort wurden die Corona-Regeln vor Ort weniger ernst genommen“, sagt die 25-jährige. „Das war dann doch ein seltsames Gefühl.“ Trotzdem habe das Paar dank der Strände, Restaurants und der Sonne richtig entspannen können. Tanja R. ist Altenpflegerin: „Die Corona-Hochphasen waren bei mir beruflich eine stressige Zeit, aber zumindest war ich auch deswegen früh geimpft, was mir jetzt zugutekam“, sagt sie. Auch ihr Partner ist durchgeimpft: „Ohne Schutz wäre ich nicht geflogen, sondern in Deutschland gereist. Der Urlaub jetzt war aber deutlich schöner.“ Für beide geht es vom Flughafen aus noch zwei Stunden Richtung Münster. In Quarantäne müssen sie dort laut aktueller Reiseregelungen aber nicht.