Sie mussten als erste ihre Tätigkeit einstellen: Die Betreiber der Kölner Konzert- und Veranstaltungshallen blicken in eine ungewisse Zukunft.
Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat mit einigen von ihnen gesprochen – bei uns berichten sie über die aktuelle Lage, über ihre Ideen und ihre Hoffnungen für die Zeit nach der Pandemie.
Köln – Wer Schließung mit Stillstand gleichsetzt, irrt. Nur, weil in Spielstätten wie dem Gloria seit Monaten keine Konzerte oder Theateraufführungen stattfinden, heißt das nicht, dass es nichts zu tun gibt. Nur ist es nicht das, was Menschen wie Gloria-Betreiber Michael Zscharnack normalerweise machen.
Gerade die Schließung bringe viel Arbeit mit sich: Veranstaltungen müssten abgesagt oder verschoben, das Programm umgeplant, Besucher informiert, Tickets erstattet werden. „Seit über einem Dreivierteljahr beschäftigen wir uns nicht mehr mit unserer Berufung, nämlich Leute zu unterhalten, sondern nur noch mit Bürokratie, Anträgen, neuen Regelungen“, sagt der 51-Jährige. Die vergangenen Monate seien „sehr anstrengend“ gewesen. „Es hat sich deutlich gezeigt, dass das Verständnis für kulturelles Leben in Deutschland in Grenzen hält. Aber immerhin sind wir durch diese Krise nun mehr in den Fokus gerückt.“
„Wir werden dieses Haus erhalten“
Das ist einer der Gründe, warum Michael Zscharnack trotz allem optimistisch in die Zukunft blickt. „Uns wird irgendwie geholfen. Wann auch immer und in welcher Form das sein wird.“ Das Gloria habe Soforthilfen sowie finanzielle Unterstützung von der Stadt erhalten. Die Novemberhilfen sollen auch bald fließen. „Natürlich bauen wir Schulden auf“, sagt Zscharnack. „Aber wir wollen und werden dieses Haus erhalten. Auch wenn noch schwere Zeiten und viel Arbeit auf uns zukommen: Das Gloria wird es weiter geben.“
Alle acht Gloria-Mitarbeiter befinden sich in Kurzarbeit. Aktuell werde Zscharnack zufolge nur das Nötigste gemacht. Es hätten seit dem Herbst auch mehrere Mitarbeiter gekündigt. Doch konnten genauso viele neue im Team gewonnen werden. Gemeinsam wolle man nach vorne schauen und kreative Ideen und Nischen entwickeln für die Zeit, in der das „Kerngeschäft“ ruhe.
Auch wenn Michael Zscharnack einen bewundernswerten Grundoptimismus versprüht, gibt er zu: „Oft ist es ein Spagat, den Mitarbeitern eine Perspektive und Zuversicht zu vermitteln, wenn man selbst gerade darum ringt. Aber es hilft ja auch nicht, den Kopf in den Sand zu stecken.“ Um den Jahreswechsel sei der Gloria-Chef sehr erschöpft gewesen. „Uns fehlt der Applaus. Es ist klar, dass es gerade nicht geht. Aber der Applaus ist nun mal das Brot aller Künstler und Kulturschaffenden. Den brauchen wir.“
Corona wird sich noch lange auswirken
Der 51-Jährige äußert die leise Hoffnung, dass vielleicht ab April oder Mai wieder kleine Veranstaltungen stattfinden. Allerdings müssten die sich auch wirtschaftlich lohnen. Zwischen den beiden Lockdowns im Frühjahr und Herbst war es im Gloria schon so weit. Die Zuschauer kamen zu kleinen Konzerten. „Sie hatten Vertrauen in unser Konzept und haben sich sicher gefühlt. Da haben wir gute Erfahrungen für die Zukunft gemacht. Zum Glück hatten wir auch in der ganzen Zeit keine Corona-Fälle im Haus.“
Zugleich bleibt Zscharnack realistisch: Auf die Planbarkeit des Programms werde Corona sich seiner Ansicht nach noch bis Mitte 2022 auswirken. „Bis die Angst aus den Leuten raus ist und sie wieder ausgelassen feiern oder ein ausverkauftes Konzert besuchen, wird es sicher noch zwei Jahre dauern“, glaubt er.
Die kulturelle Vielfalt Kölns erhalten
So lange zehrt der Kulturschaffende von den schönen Momenten, die es auch inmitten der Pandemie gebe. Ein Highlight sei für ihn das Projekt „Damit es nicht still bleibt“ gewesen: In einem Video machen Künstler wie Carolin Kebekus, Luke Mockridge, Ralf Schmitz und Kasalla auf die Probleme der Branche in der Pandemie aufmerksam. „Die Reaktionen auf das Video waren überwältigend“, sagt Michael Zscharnack. Auch die vielen Botschaften des Stammpublikums wie „Haltet durch“ oder „Wir vermissen euch“ vermittelten ein gutes Gefühl. „Solches Feedback tut gut und zeigt uns, dass man uns nicht vergisst.“
Michael Zscharnack hofft, dass die Kulturschaffenden einander gemeinschaftlich durch diese Krise bringen. „Wir sollten alle Grabenkämpfe überwinden und uns gegenseitig unterstützen.“ Dafür sei nicht nur der Staat allein verantwortlich. „Die kulturelle Vielfalt Kölns muss unbedingt erhalten bleiben. Wenn Köln nur das Gloria hätte, wäre es langweilig!“