Köln – Es ist noch nicht lange her, dass in Köln über schmerzhafte Sparpakete, spürbare Einschnitte für Bürger und Millionendefizite diskutiert wurde. Um so überraschender sind die Nachrichten, die nun aus der Kämmerei der Stadt kommen. Dank der guten Konjunktur und steigender Steuereinnahmen stehen der Stadt in den nächsten Jahren vergleichsweise entspannte Zeiten bevor. Ohne Kürzungen und Sparmaßnahmen hat Kölns neue Stadtkämmerin Dörte Diemert ihren ersten Haushaltsplan aufgestellt, den Oberbürgermeisterin Henriette Reker am Mittwoch zur politischen Beratung in den Stadtrat einbrachte.
Mehr noch: Liegt die Stadt mit ihren Schätzungen für die nächsten Jahre richtig, gelingt bereits 2022 der Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben. Es muss kein Vermögen mehr verzehrt werden, um ein Haushaltsloch zu stopfen.Für das laufende Jahr geht die Stadt noch von einer Lücke von über 137 Millionen Euro aus. Bis 2021 schrumpft sie auf rund 30 Millionen Euro. 2024 soll dann ein Plus von fast sieben Millionen in der kommunalen Bilanz stehen. Reker und Diemert haben einen „Doppelhaushalt“ für zwei Jahre vorgelegt. Man habe die städtischen Finanzen aus dem Wahlkampf im nächsten Jahr heraushalten wollen, hieß es.
Die Ausgaben
Erstmals wächst das Gesamtvolumen des städtischen Haushalts auf über 5 Milliarden Euro – ein gewaltiges Volumen, das hier zu verwalten und zu organisieren ist. Der dickste Brocken mit über einer Milliarde Euro ist der Bereich „Soziale Hilfen“, knapp dahinter liegen die „Kinder-, Jugend- und Familienhilfe“. Bedeutsamer als die Aufteilung nach Themenbereichen ist etwas anderes: Nur ein sehr kleiner Teil des kommunalen Aufgabenpakets ist wirklich verhandelbar. Entsprechend klein sind die Spielräume für die Politik.
Ausgehend von einer Schätzung der Kämmerei aus dem Jahr 2015 dürften lediglich rund 15 Prozent aller Ausgaben tatsächlich „freiwillige Ausgaben“ sein. 85 Prozent sind Pflichtaufgaben als Folge von Entscheidungen und Gesetzen auf Bundes- und Landesebene.
Die vorhandenen Spielräume will die Verwaltung vor allem für fünf Schwerpunkte nutzen, so OB Reker. Das sind die Themen „familienfreundliche Stadt“, „Klimaschutz und Klimaanpassung“, der Ausbau von Radwegen und Nahverkehr, Wohnungsbau sowie der Bereich, den Reker als „solide Wirtschaft an einem attraktiven Standort“ bezeichnet.
Man stelle „sich mutig den Herausforderungen“ und sorge dabei für die „soziale Balance“. „Obwohl wir den konsolidierten Haushalt anstreben, gelingt es der Stadtverwaltung mit dem vorliegenden Entwurf, die großen Zukunftsthemen entschlossen anzugehen und unsere Vision von einer lebenswerten, weltoffenen, sozial- und klimagerechten Metropole zu verwirklichen“, so Reker in ihrer Haushaltsrede.
Die Einnahmen
Im vergangenen Jahr verzeichnete die Stadt 2,24 Milliarden Euro an Steuereinnahmen. Bis 2021 sollen sie auf zirka 2,57 Milliarden steigen. Für 2024 sind gar 2,82 Milliarden prognostiziert. Man habe vorsichtig geschätzt und trage den Unsicherheiten im wirtschaftlichen Umfeld Rechnung, so Kämmerin Diemert. Nur „ansatzweise“ habe man allerdings „das Risiko gravierender wirtschaftlicher Rückschläge“ berücksichtigt. So lasse sich nur schwer voraussagen, welche Folgen ein ungeregelter Brexit oder ein eskalierender Handelskonflikt haben werde, so Diemert im Stadtrat.
„Uns allen muss bewusst sein, dass ein scharfer wirtschaftlicher Abschwung jederzeit und ohne lange Vorwarnung eintreten kann.“ Die Stadt ist in hohem Maße von der konjunkturellen Entwicklung abhängig, weil die steuerabhängigen Einnahmen rund 60 Prozent der Erträge ausmachen. Geht es wirtschaftlich bergab, wird es Einbußen bei der Gewerbesteuer oder beim Anteil an der Einkommenssteuer geben.
Die Kalkulationen der Finanzverwaltung gehen auch davon aus, dass die Zuwendungen von Land und Bund vor allem durch die Änderungen bei den so genannten Schlüsselzuweisungen deutlich steigen. Das sind die Mittel zur Gemeindefinanzierung im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs, die das Land verteilt. Steuer- und Gebührenerhöhungen, mit denen die Stadt ihre Bürger und Unternehmen belasten könnte, sind nicht geplant. Nur höhere Parkgebühren sind eingepreist.
Der Schuldenstand
Die Stadt hat 2,7 Milliarden Euro Schulden. Das klingt nach einer riesigen Belastung. Wenn jedoch mit Krediten Vermögen geschaffen wird, wie es in aller Regel bei allen Bauprojekten der Fall ist, ist die Verschuldung kein echtes Problem. Nur ein kleiner Teil der Kredite ist zur Finanzierung laufender Aufgaben nötig, so Diemert. „Im Vergleich zu anderen Städten steht Köln gut da.“ Die Stadt profitiert stark von den niedrigen Zinsen auf dem Finanzmarkt, von denen man sich nicht „verführen“ lassen wolle.
Die Investitionen
Im Doppelhaushalt für die nächsten beiden Jahre sind insgesamt rund 1 Milliarde Euro an Investitionen ausgewiesen. Die Stadt plant und baut in großem Stil. Tatsächlich fließt noch viel mehr Geld in Wirtschaft und Stadtentwicklung, weil ja auch die Stadtwerke und städtischen Eigenbetriebe investieren. So plant alleine die städtische Gebäudewirtschaft pro Jahr mit 300 Millionen Euro für den Schulbau.
Das weitere Verfahren
Nun ist die Politik am Zug. Der Haushaltsplanentwurf wird nun in den politischen Gremien beraten. Am Ende schieben die Parteien, die sich für ein Haushaltsbündnis zusammentun – CDU und Grüne brauchen noch mindestens einen Partner – einige kleinere Beträge hin und her, um eigene Schwerpunkte deutlich zu machen. Im November soll der Stadtrat dann über den Doppelhaushalt abstimmen.