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Autonomes Zentrum in KölnEnde des Jahres läuft die Nutzungsvereinbarung aus

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Das Autonome Zentrum wird, wenn es nach den Planungen der Stadt geht, der Grüngürtel-Verlängerung weichen müssen.

Innenstadt – Der Streit um den künftigen Standort des Autonomen Zentrums (AZ) geht in die nächste Runde. Nachdem Oberbürgermeisterin Henriette Reker der selbstverwalteten Einrichtung vor kurzem einen Besuch abstattete, positionierte sich nun der Zusammenschluss Agora.

Die Organisatoren des alternativen Straßenfestes „Tag des Guten Lebens“ sprachen sich in einem offenen Brief an Reker für einen Verbleib des AZ am aktuellen Standort und gegen den Abriss des bislang genutzten Gebäudes aus. Sie argumentieren, eine Verlagerung löse nicht „das Problem auf gesamtstädtischer Ebene“. Köln brauche „mehr, nicht weniger Flächen für kreative, offene Nutzungen“, schreiben die Vertreter der Agora.

Gebäude soll danach abgerissen werden

Das AZ nutzt seit dem Umzug aus Kalk ein Gebäude an der Luxemburger Straße, unweit des Südbahnhofs. Die Vereinbarung der Betreiber mit der Stadt endet allerdings in diesem Jahr. Das Gebäude soll danach abgerissen werden. Ein rechtskräftiger, vom Rat bereits beschlossener Bebauungsplan, sieht an dieser Stelle eine Grünanlage vor – der erste Abschnitt der Grüngürtelverlängerung. Der endet bislang auf der anderen Seite der Luxemburger Straße und soll einmal entlang des Eifelwalls, am Neubau des Stadtarchivs vorbei, über das frühere Gelände einer Künstlerkolonie, das Areal um das Südstadion, den heutigen Großmarkt und das frühere Brauereigelände an der Alteburger Straße bis an den Rhein geführt werden.

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Dem Abschnitt am Eifelwall kommt deshalb besondere Bedeutung zu. Er wäre das erste sichtbare Zeichen für die Veränderungen, die in den nächsten Jahren bevorstehen. Das Gebäude des AZ steht dabei im Weg, so die Sicht von Verwaltung und Politik.

Umsetzung der Pläne stockt derzeit

Der 2015 beschlossene Bebauungsplan lässt künftig nur noch eine Nutzung als Grünfläche zu. Die Umsetzung der Pläne stockt allerdings derzeit – wegen der Haltung des AZ. Die Stadt verweist auf eine Veranstaltung zur Bürgerbeteiligung, die die Unterstützer des AZ gekapert hatten. Die Pläne für die Grünanlage hätten deshalb nicht vorgestellt werden können. Das werde nun im Herbst nachgeholt.

Reker hatte sich bei ihrem Besuch für einen Abriss des Gebäudes und zugleich für den Erhalt des AZ ausgesprochen. „In einer Stadt wie Köln muss Raum für ein Autonomes Zentrum sein. Für die Realisierung an einem Alternativstandort werde ich mich einsetzen“, wird die OB auf der Webseite des AZ zitiert. Das Presseamt bestätigte die Äußerung. Ein neuer Standort ist indes nicht in Sicht. Die Betreiber des AZ fürchten, an den Stadtrand verdrängt zu werden oder einen neuen Standort in der Parkstadt Süd nicht mit ihrem bislang „kommerzfreien“ Betrieb finanzieren zu können. Sie freuen sich deshalb in einer Stellungnahme über die „unerwartete Hilfe“ der Agora.

AZ beruft sich auf die „breite Unterstützung“

In ihrem offenen Brief sprechen sich deren Vertreter konkret dafür aus, nicht zwangsläufig einen Widerspruch zu sehen im Erhalt des Gebäudes und der Verlängerung des Grüngürtels. Sie plädieren dafür, das AZ zu integrieren. Die Einrichtung könne ein „Entrée“ für die Grünanlage bilden, für ein auch spätabends und am Wochenende belebtes Umfeld sorgen und den Lärm der Luxemburger Straße abschirmen. Gleichzeitig betonen sie die Chance für das AZ, sich „einer breiteren Bürgerschaft zu öffnen“. Sollte es einen alternativen Standort geben, sähe die Agora lieber andere kulturelle oder soziale Initiativen bedacht, die derzeit überhaupt keinen festen Ort nutzen können.

Das AZ beruft sich auf die „breite Unterstützung der Bürgerschaft“. Ursula Grosse-Grollmann sieht die Forderung der Autonomen allerdings kritisch. Sie engagiert sich im Bürgernetzwerk Südliche Innenstadt-Erweiterung (Büsie). „Wir sind dagegen, dass das AZ bleibt“, sagt sie. Sie fordert die Stadt zwar auf, den Autonomen ein „angemessenes und gut erreichbares Grundstück“ zur Verfügung zu stellen. Bliebe aber das AZ im aktuellen Gebäude, ginge das zu Lasten des Grüngürtels. „Er wird überall ohnehin schon kleiner als ursprünglich geplant“, sagt sie und befürchtet, dass die Nutzer anderer Gebäude im Gebiet des künftigen Grüngürtelverlaufs ähnliche Ansprüche erheben könnten.

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Nachvollziehbar findet sie hingegen die Furcht, dass in der geplanten Parkstadt Süd kein Raum für gemeinnützige Einrichtungen sein wird. Das Bürgernetzwerk hege ähnliche Befürchtungen und hat aber vor allem den Wohnungsmarkt im Blick. Grosse-Grollmann und ihre Mitstreiter fordern deshalb, dass die Grundstücke alle im Besitz der Stadt bleiben. Die Investoren sollen sie pachten und bebauen, aber nicht kaufen dürfen. Der Spekulation soll so ein Riegel vorgeschoben und bezahlbare Wohnungen ermöglicht werden.

Standortfrage offen

Wie das Gelände zwischen Eifelwall, Justizzentrum, Luxemburger Straße und Bahndamm einmal aussehen wird, steht noch nicht fest. Eigentlich sollte das durch ein Wettbewerbsverfahren festgelegt werden.

Aus zunächst 14 Entwürfen wählte eine Jury im Juni 2017 auch die Beiträge von fünf Planerbüros zur weiteren Bearbeitung aus. Die zweite Runde des Verfahrens wurde aber ausgesetzt. Die Besucher einer Veranstaltung zur Bürgerbeteiligung, darunter zahlreiche Unterstützer des AZ, setzten sich statt mit den Plänen mit der offenen Standortfrage für ihr Zentrum auseinander. (phh)