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Brüsseler PlatzPflanzen-Bomben gegen die Ödnis

Lesezeit 3 Minuten

Innenstadt – Gärtner sind von Natur aus friedliebend, schließlich sind sie geübt, Lebewesen Achtsamkeit zu gewähren – eine Grundvoraussetzung, damit etwa Blumen in voller Pracht erblühen. Aber auch nette Gärtner spüren manchmal militante Impulse. Und dann werfen sie Bomben. Saatbomben, versteht sich. Die wurden beim Sommerfest anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Querbeet-Initiative auf dem Brüsseler Platz verkauft.

Die Machart ist simpel: Ton wird mit Pflanzerde zu einer Kugel gerollt, dann Samenkerne hineingedrückt. „Werfen Sie sie dahin, wo bunte Blumen vermisst werden“, lautete die Gebrauchsanweisung auf dem Henkelkorb. Binnen kurzem würden dann Stockrosen, Ringelblumen, Akelei, Klatschmohn aus dem Boden sprießen. Die Idee stammt aus dem Guerilla-Gardening. Ja, das funktioniert tatsächlich, versicherte Hobbygärtnerin Petra. Die 55-jährige Grafikerin pflegt in ihrer Freizeit eins der Hochbeete rund um die Kirche St. Michael.

Situation am Brüsseler entspannt sich

Eine Charaktereigenschaft, die Menschen mit grünem Daumen gewöhnlich ebenfalls auszeichnet, ist Geduld. Und die beweisen auch die Gärtner vom Brüsseler Platz. 2003 gründeten sie die Querbeet-Initiative, übernahmen mit Einwilligung der Bezirksvertretung Innenstadt und des Grünflächenamtes die Patenschaft für die Beete – und sind immer noch aktiv. Trotz widrigster Umstände.

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Denn seit 2005 erlebt der Platz alljährlich im Sommer eine Heimsuchung: Nachtschwärmer halten sich stundenlang auf, trinken Bier, rauchen, reden. Nicht nur ist der Lärmpegel hoch, sondern zurück bleibt: Müll. Massenweise Kronkorken, Glasscherben, Zigarettenstummel, Pizzapappen. Bei den Anwohnern liegen die Nerven blank, auch die Gärtner sind entnervt. Beim Jubiläums-Sommerfest dokumentierten sie auf Plakatwänden die Zustände mit Fotos. Versuche der Stadtverwaltung, das Partyvolk wegzulocken, zeigten kaum Erfolg. Derzeit hat es aber den Anschein, als würde sich die Situation entspannen. Die Stadt hat eine Honorarkraft eingestellt, die in der Frühe den ärgsten Dreck beseitigt. Und seit Mai gibt es auf dem Platz ein Ausschank-Büdchen samt Biergartenbestuhlung, geöffnet ist von 19 Uhr bis Mitternacht. „In dem Moment, wo ein Kellner bedient, herrscht eine zivilisiertere Atmosphäre“, sagte Sonja Behrens von Querbeet. Ziel sei, die Besucherströme zu kanalisieren. Mit der Sauberkeit stehe es zwar noch nicht zum besten, doch zumindest zeigten die jungen Leute mehr Verständnis für schlafbedürftige Anwohner.

Profi-Sammler lauern auf Flaschen

Uneingeschränkt gemütlich sei das Abhängen gar nicht mal, erzählten wiederum Mona und Rosa, beide 15. Der Platz sei das Jagdrevier von professionellen Flaschensammlern. „Die belauern einen regelrecht. Wenn man eine Bierflasche in der Hand hat, muss man aufpassen, dass man sie nicht weggenommen bekommt.“

Das Sommerfest diente auch dazu, Geld einzunehmen: für Gartengeräte, Jungpflanzen und Wasser. Pro Jahr fallen mindestens 200 Euro an. Auch Reparaturen der Verbindungsstücke zum Hydranten werden aus eigener Tasche bezahlt. Woher nimmt etwa Petra ihre Motivation? „Ich finde es einfach toll zu erleben, dass der Samen tatsächlich aufgeht.“ Am liebsten arbeite sie werktags frühmorgens in ihrem Hochbeet, wenn nur wenige Passanten unterwegs seien. Neue Mitgärtner sind jederzeit willkommen – Infos unter Telefon 0221/522 210 oder auf der Homepage.