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Kommentar

Schaafenstraße
Mit weiteren Verboten und Sperrstunden wäre Köln bald totbefriedet

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Lesezeit 2 Minuten
Das Ordnungsamt patrouilliert abends am Brüsseler Platz.

Auf dem Brüsseler Platz dürfen sich an Wochenenden nach 22 Uhr keine Personen mehr aufhalten. 

Anwohner oder Partygäste? Wirte oder Bürgerinitiativen? Wer hat recht im Streit um nächtliche Ruhestörungen an Feierhotspots?

Wer in einer Großstadt lebt, muss Lärm ertragen können. Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat recht, wenn sie sagt: „Wer mitten in der Stadt wohnt, muss hartgesotten sein.“ Man kann sich ja auch schlecht ein Haus in der Einflugschneise kaufen und sich anschließend über Fluglärm beschweren. Und überhaupt: Einer klagt – und tausende müssen ruhig sein? Das kann es ja wohl nicht sein, vor allem nicht in einer Millionenstadt. Nicht nur in Köln, auch in anderen Städten wird spätestens seit Corona vermehrt draußen gefeiert. Das ist nun mal der Zeitgeist. Und wem das nicht gefällt? Der soll aufs Land ziehen.

Wenn es doch nur so einfach wäre. Aber so einfach ist es leider nicht.

Ob am Brüsseler Platz, auf der Schaafenstraße, auf den Ringen, im Zülpicher Viertel, auf dem Lenauplatz oder an einem der anderen Feierhotspots in Köln: Häufig waren die Menschen, die dort wohnen, lange vor dem Partyvolk da. Ein ungestörter Schlaf ist jedem zu wünschen. Wer Eigentum besitzt, kann auch nicht mal eben wegziehen. Und wer tritt schon gerne aus seiner vollgepinkelten Haustür in Müll, Scherben und Erbrochenes?

Lärm-Problem in Köln: Es müssen flexible Lösungen her

Was also ist zu tun? Politik und Gesellschaft müssen über eine zeitgemäße Anpassung des Landes-Immissionsschutzgesetzes diskutieren, über eine mögliche Flexibilisierung der Ruhezeiten, vielleicht auch über eine moderate Anhebung der gesetzlichen Lärmschutzgrenzwerte an bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten.

Wichtig ist, im Ringen um Lösungen alle Akteure auf Augenhöhe zu beteiligen: Anwohner und Bürgerinitiativen, Wirte und Partygäste. Ideen müssen transparent und nachvollziehbar dargestellt und diskutiert werden. Weitere Verbote und vollendete Tatsachen schaffen kein Verständnis, nur neue Konflikte.

Verweilverbote und vorgezogene Sperrstunden jedenfalls wie am Brüsseler Platz und möglicherweise bald auf der Schaafenstraße müssen die absolute Ausnahme bleiben. Denn setzt sich das an allen beliebten Treffpunkten im öffentlichen Raum durch, ist die Stadt bald juristisch totbefriedet. So weit darf es nicht kommen.