Eine 150 Meter lange Tunnelrampe würde das gesamte Viertel zerschneiden, kritisiert das Bündnis Verkehrswende Köln.
Ausbau der Ost-West-AchseIm Mauritiusviertel stößt die U-Bahn auf wenig Gegenliebe
Den Menschen im beschaulichen Mauritiusviertel eine 150 Meter lange Tunnelrampe auf der Jahnstraße, die bei einer Ratsentscheidung für die unterirdische Ausbauvariante der Ost-West-Achse an dieser Stelle unvermeidlich wäre, als Aufwertung ihres Wohnumfelds zu verkaufen, dürfte ein schwieriges Unterfangen sein. Dafür ist die Lebensqualität im Veedel zwischen der Wolkenburg und der Kirche zu hoch. Und daran soll sich möglichst auch nichts ändern.
Darauf pochen die Mitglieder des Bündnisses Verkehrswende Köln, die am Dienstag auf dem Mauritiuskirchplatz Unterschriften für eine Petition gegen den U-Bahn-Bau sammeln. „Die Tunnelbaumaschinen werden hier direkt vor der Kirche entlangrobben“, ruft Barbara Kleine über den Platz, während ein Zug der Linie 9 durch die Kurve quietscht. „Ihre schöne Haltestelle Mauritiuskirche ist weg. Ihr schönes Viertel wird zwischen Humboldtstraße und Frankstraße getrennt und unüberwindbar.“
Erinnerungen an den Einsturz des Stadtarchivs
Während der Bauzeit, heißt es einer Presseerklärung, „werden sich die Tunnelbohrmaschinen unter den Häusern der Neumarkt-Südseite und des Mauritiussteinwegs durchbohren, bis sie unmittelbar vor dem 66 Meter hohen Turm der Mauritiuskirche wieder ans Tageslicht kommen.“ Das sei „der bautechnisch riskanteste Teil der Tunnelvariante“. Natürlich muss da jeder unwillkürlich an den Einsturz des Stadtarchivs denken.
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Wer kann das schon wollen? Tunnelgegner Rolf Beierling-Hémonent, ein ehemaliger Stadtplaner („Ich kann Pläne lesen“), zeigt den Anwesenden auf dem Detailplan jeden einzelnen Baum, der der Tunnelrampe zum Opfer fallen wird, wie auch der Parkplatz zwischen der Frankstraße und der Humboldtstraße. Wer im Mauritiusviertel schon mal einen freien Stellplatz gesucht hat, weiß, was das bedeutet.
Und das bei Baukosten, die, sagt Barbara Kleine, die heute schon bei 1,4 Milliarden Euro liegen. Bisher sei über die Auswirkungen der Tunnelplanung auf das Mauritiusviertel kaum berichtet worden. „Dann zieht sich das alles noch 40 Jahre hin. Das sind wir doch alle längst tot“, ruft eine Passantin voller Empörung.
Und so ist die Meinung der Anwohner eindeutig: Das müssen wir verhindern. Gegenstimmen? Keine. Doch. Eine. „Darf ich mal etwas dazu sagen. Ich komme aus Bielefeld“ mischt sich eine Zuhörerin ein. „Dort haben wir auch einen Tunnel gekriegt, der ist vor unserem schönen Rathaus hochgekommen. Aber nachher waren alle zufrieden, weil der Straßenverkehr und die Straßenbahn endlich getrennt worden sind. Alles läuft viel entspannter. Denken Sie mal positiv.“
Beschlussvorlage kommt Ende Mai
Das fällt allen Beteiligten nach vielen Jahren endloser Diskussionen offenbar sehr schwer. Das Misstrauen bei den Gegnern der unterirdischen Variante, die Kölner Verkehrs-Betriebe könnten sich mit ihrer Auffassung durchsetzen, dass die U-Bahn alternativlos sei, ist groß. Und es wächst mit jedem Tag vor der Entscheidung. Der Fahrplan steht. Wenn der Stadtrat wie bisher geplant in der letzten Sitzung vor der Sommerpause endlich die Oben-oder-Unten-Entscheidung treffen soll, muss die Stadtverwaltung bis Ende Mai die Beschlussvorlage fristgerecht veröffentlichen.
Auf der Website zur Ost-West-Achse sollen dann die Vor- und Nachteile beider Varianten noch einmal kurz und bündig dargestellt werden: vom Baumbestand an der Mauritiuskirche bis zu der Frage, ob und wie man 90-Meter-Bahnen oberirdisch durch die Innenstadt schleusen kann und Fußgänger den Neumarkt dann auch noch im Berufsverkehr queren können.
Da werden die Menschen im Mauritiusviertel nochmal nachlesen können, dass die Haltestellen Zülpicher Platz und Neumarkt 550 und 350 Meter entfernt sind, falls es den Haltepunkt Mauritiuskirche nicht mehr geben sollte. Ob man das zumutbar empfindet, muss jeder für sich persönlich entscheiden.
Zu den Planungen der unterirdischen Variante für das Mauritiusviertel gibt es von der Stadtverwaltung auf Anfrage nur ein kurzes Statement. „Sie beinhalten in verschiedenen Bereichen eine Ausweitung des öffentlichen Raumes“, heißt es auf Anfrage. „So führe die Bahn bei dieser Variante nicht mehr in unmittelbarer Nähe an der Kirche vorbei. Der gewonnene Platz könnte neu gestaltet werden und die Aufenthaltsqualität für die Anwohner erhöhen. Ebenso würden nach den vorliegenden Gutachten Lärm und Erschütterungen deutlich reduziert werden.“