Köln – Im nächsten Jahr wird der Hartz-IV-Regelsatz für alleinstehende Erwachsene um 14 auf 446 Euro erhöht. Viel zu wenig, findet der Caritasverband für das Erzbistum Köln. Er fordert ein Berechnungssystem, das dem tatsächlichen Bedarf angepasst ist. „Menschen haben nicht genug Geld für die Windeln ihrer Neugeborenen, und oft können sie sich nicht einmal die Fahrt zur Familie leisten“, kritisiert Diözesan-Caritasdirektor Frank Hensel. Die Corona-Pandemie verschärfe die Situation.
Um seiner Forderung nach einer besseren Grundsicherung Nachdruck zu verleihen, hat der Caritasverband am Freitag vor dem Dom unter dem Motto „Da drückt der Schuh“ eine Protestaktion veranstaltet. Anlass war der Welttag der Armen, den Papst Franziskus am Ende des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit 2016 eingeführt hat. Blickfang der öffentlichen Aktion war ein überdimensionaler roter Schuh, der zum einen dafür stand, dass im übertragenen Sinn „der Schuh drückt, und zum anderen konkret dafür, das es vielen bedürftigen Menschen an geeignetem Schuhwerk mangelt. Davon wusste Schwester Christina Klein zu berichten, die bei Gubbio arbeitet, dem Zentrum der katholischen Obdachlosenseelsorge in Köln, das in der alten Franziskanerkirche in der Ulrichgasse untergebracht ist.
Schuhe für Obdachlose
Viele wohnungslose Menschen hätten nur ein Paar zerschlissene Schuhe, die kein Wasser abhalten. Um Abhilfe zu schaffen, kauft Gubbio einmal im Jahr Obdachlosen, die ihren Bedarf angemeldet haben, passende Schuhe. Für diese Aktion hat Gubbio am Freitag eine Spende in Höhe von 1000 Euro erhalten – Geld, das bei der Caritas-Spendenaktion „Betterplace“ zusammengekommen ist, die fortgesetzt wird. Andreas Sellner von der Abteilung Gefährdetenhilfe der Caritas im Erzbistum wies darauf hin, der erhöhte Harz-IV-Regelsatz sehe für eine erwachsene Person nur 37,84 Euro für Bekleidung und Schuhe vor. Ziel müsse sein, „dass die Leute nicht auf Almosen angewiesen sind“.
So äußerte sich auch Weihbischof Ansgar Puff, kommissarischer Leiter von Gubbio. Zur Verschärfung der Lage in Corona-Zeiten merkte er an, auch wenn das Bildungs- und Teilhabepaket der Bundesregierung vorsehe, dass hilfsbedürftige Schüler pro Schuljahr einen Pauschale von 150 Euro erhalten, wüssten viele Familie nicht, wovon sie eine für den Online-Unterricht nötige Ausstattung bezahlen sollten.
Michaela Hofmann, Referentin für Armutsfragen beim Caritasverband, sagte zur gesellschaftlichen Entwicklung: „Die Armut steigt“, besonders unter älteren Menschen. Dass im Straßenbild zurzeit mehr Obdachlose zu sehen sind, erklärte Schwester Christina damit, dass Notunterkünfte und andere Hilfseinrichtungen wegen der Corona-Hygieneregeln weniger Menschen gleichzeitig in ihren Räumen aufnehmen können.