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Kölner SchildergasseWohnungslose suchen in der Innenstadt Schutz vor Kälte

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Ein wohnungsloser Mensch auf der Kölner Schildergasse.

Köln – Auf zwei Schlafsäcken, mit Mütze und Schal, sitzt Katharina im Eingang einer geschlossenen Imbissbude auf der Schildergasse. Er ist überdacht, wenn es regnet tropft es nur an einer Stelle auf ihre Wolldecke. Hier könne sie gut schlafen, sagt sie. Katharina ist obdachlos, und mit ihrem Partner Ivan vor zwei Wochen aus Frankfurt nach Köln gekommen.

„Trotz Lockdown haben hier die Bahnhofsmission und die Überlebensstation für Obdachlose offen. Ich fühle mich gut versorgt“, sagt die 30-jährige, und hält ihre blaue Einwegmaske hoch. Frisch in Köln überlegte das Paar, in Bahnhofsnähe zu bleiben: „Da gibt es aber zu viele Junkies. In der Innenstadt ist es sicherer und der Eingang schützt uns vor Kälte und Wind.“

Als sie und Ivan auf die Schildergasse kamen, waren die meisten Läden wegen des Lockdowns bereits geschlossen. So auch vergangenen Samstag, an dem nur vereinzelt Passanten an dem Paar vorbeilaufen. Trotzdem haben sie ein Teelicht und eine Dose mit Kupfermünzen im Eingang aufgestellt: „Wenn überhaupt noch wer kommt, um uns was zu geben, dann hier. Die Kölner sind nett zu uns. Nur Jugendliche beschimpfen uns manchmal, das ist nicht schön.“ Wo es nach Ende des Lockdowns hingeht, wird das sich das Paar Ende Januar überlegen. Ivan ist Bulgare, spricht etwas Deutsch, zeigt stolz auf Katherinas Bauch und sagt: „Hauptsache gesund, auch für das Kleine hier.“

Vorurteile gegenüber staatlichen Einrichtungen

Gegenüber staatlichen Einrichtungen hätten obdachlose Menschen oft Vorurteile, da dort den Erzählungen zufolge geklaut würde, sagt Malte Petrikat, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Freunde der Kölner Straßen und ihrer Bewohner. So bevorzugen viele, nachts auf der Straße zu schlafen. Auch bei Minusgraden – die lebensgefährlich werden können. Um in solchen Situationen zu helfen, betreibt Petrikat mit dem Verein den Kölner Kältebus. Die Fahrer versorgen in Not geratene Obdachlose.

Außerdem fährt der Bus zweimal die Woche aus, um Heißgetränke und Anziehsachen in der Innenstadt zu verteilen: „Es kommen die Woche bis zu vier Notfälle rein, nicht mehr aber leider auch nicht weniger als sonst. Wir treffen auf Menschen, die keine Jacke oder keinen Schlafsack haben. Da bieten die Ladeneingänge wenigstens etwas Schutz.“ Seit des Lockdowns treffe er in der Schildergasse auf viele neue Gesichter: „Uns sind mehr Männer – vermutlich aus Osteuropa – aufgefallen.

Sprachliche Barrieren erschweren den Kontakt aber wir helfen, wo wir können.“ Zwar sei gerade unter obdachlosen Männern Alkohol und Drogenkonsum ein häufiges Problem, aber Petrikat habe bisher habe er keine großen Auseinandersetzungen oder Aggressionen während seiner Einsätze erlebt.

Pfarrer im Einsatz

Markus Herzberg, Pfarrer der Antoniterkirche, hingegen schon. Er ist fast jeden Tag auf der Schildergasse unterwegs und geht oft im Dunkeln nach Hause. „Wenn sich zwei Obdachlose laut streiten, bekommt man schon ein mulmiges Gefühl“, sagt er. Auch Mitarbeiterinnen hätten ihm von Unwohlsein beim Heimweg berichtet.

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Pfarrer Herzberg

Vor dem Lockdown habe er den Obdachlosen, die sich an der Kirche aufhielten, gezielter helfen können. „Inzwischen sind es zu viele. Um wirklich zu helfen bedarf es mehr, als mal einen Kaffee. Wir, die Ladenbesitzer und die Stadt sollten gemeinsam ein Konzept erarbeiten.“ Denn seit die Läden geschlossen sind, hätten auch die Probleme zugenommen. Er berichtet von Fäkalien an der Kirchenwand und Volltrunkenen, die in die Kirche kommen und Besucher stören. Als er Samstag vor seiner Kirche steht, leert ein schwankender Mann mit Zylinder knapp 100 Meter weiter einen Mülleimer aus, zündet den Müll an und tritt die Flamme wieder aus. Den Herren kenne Herzberg bereits vom Hören, er schreie hier oft rum. „So ein Verhalten geht eben nicht. Wir wollen ja auch, dass unsere Besucher sich wohl fühlen, wenn sie zur Kirche kommen.“

Leere Einkaufsmeile

Dirk Nölle und Günter Steffen finden die leere Kölner Einkaufsmeile ebenfalls befremdlich, sind am Samstag aber trotzdem unterwegs, um ein paar Lebensmittel zu besorgen. Zum Beispiel im English Shop, etwas hinter der Antoniterkirche. „Der Lockdown und seine Verlängerung sind psychisch wesentlich zehrender, als ich gedacht hatte“, sagt Nölle, „aber Spaziergänge helfen.“ Steffen beobachtet viele Ladenschließungen: „Je länger der Lockdown geht, desto schlimmer ist es für die Verkäufer.

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Leider ist er notwendig, um die Zahlen zumindest nicht weiter steigen zu lassen.“ Sara Taylor ist die Retail-Managerin des English Shop, und froh, für die Kunden da zu sein: „Viele erzählen mir, dass sie müde sind. Ich selbst habe im März Homeoffice gemacht und bin froh, hier jetzt einmal die Woche vor Ort mit Kunden Kontakt zu haben.“ Ihre Familie lebt in Schottland, wobei im Vereinigten Königreich die Infektionszahlen stark steigen. „Wenn ich das höre, bin ich beruhigt, dass wir auch hier den Lockdown haben. Wir müssen zusammenhalten, anders geht es nicht.“

Dabei müssten auch die Obdachlosen auf der Schildergasse mitgedacht werden. „Die Frage ist, wo sie hinkönnen, wenn die Läden wieder regulär öffnen. Wir dürfen sie dann nicht aus den Augen verlieren.“ Ehrenamtler Malte Petrikat, vom Kältebus, sieht das ähnlich: „Wenn die Läden öffnen, werden viele weiterziehen. So sind die das gewohnt. Der Betrieb auf der Schildergasse wird nach dem Lockdown wieder normal weitergehen. Aber jetzt gerade müssen wir eben versuchen, obdachlose Menschen so gut es geht über den Winter und den verlängerten Lockdown hinweg zu versorgen.“