Köln – Es war ein Jahreswechsel, der in Erinnerung bleiben dürfte – allerdings nicht, weil die Silvesternacht von ausschweifenden Veranstaltungen, Partystimmung und Feiermassen geprägt gewesen wäre. Im Gegenteil, der Übergang ins neue Jahr war ein besonderer, weil sich an den sonst so überfüllten Anlaufstellen kaum Menschen begegneten – weder an den zum Infektionsschutz gesperrten Plätzen und Flächen im Zentrum, noch an Orten, an denen Treffen kleinerer Gruppen im öffentlichen Raum zugelassen waren.
„Die Kölnerinnen und Kölner halten sich weitgehend an die sinnvollen Beschlüsse, diese Nacht im kleinen Kreis und nicht auf der Straße zu verbringen“, fasste Verkehrsdezernentin Andrea Blome kurz vor Mitternacht auf dem Bahnhofsvorplatz die Situation zusammen. Sie war dort stellvertretend für Kölns erkrankte Oberbürgermeisterin Henriette Reker präsent und lobte die Disziplin der Bürger, die den Abend in der Mehrheit zu Hause verbracht haben. „Köln steht für Ausgelassenheit und gute Laune, darum empfinde ich das umso mehr als besonderen Verdienst“, so Blome.
Kölner hielten sich an Vorgaben
Auch nach Angaben der Polizei blieb es bis nach Mitternacht meist still, nur sehr vereinzelt waren in der Innenstadt Böller zu hören. Wo sonst zum Jahreswechsel kaum ein Durchkommen war, Gelächter oder früher Böllerlärm die Szenerie bestimmten, beherrschte weitgehend Ruhe das Stadtbild. Die als Sperrbereiche ausgewiesenen Hotspots früherer Jahre wurden von der Bevölkerung komplett beachtet, wie ein Sprecher der Polizei Köln mitteilte. Hier wurde nicht geböllert.
Gesperrte Brücken, eine menschenleere Altstadt samt Rheingarten und am Rheinufer Platz soweit das Auge reichte: Schon in den Stunden vor dem Jahreswechsel hielten sich offenbar die meisten Kölnerinnen und Kölner an die in den vergangenen Tagen eindringlich angemahnten Vorgaben zu Versammlungsverbot und Feuerwerksverzicht.
„Merkwürdige Szenerie“
Ab Mitternacht wurde dann aber in den Veedeln teilweise auch kräftig geböllert, aufgrund des Verkaufsverbots allerdings weit weniger als in anderen Jahren. „Augenscheinlich hat sich aber der größte Teil der Kölner an die Corona-Richtlinien gehalten“, bestätigte Polizeisprecher Christoph Gilles in der Nacht zu Freitag. „Auch für uns war es eine merkwürdige Szenerie: Wir sind im Zentrum einer Millionenstadt und haben im Umfeld des Doms gegen Mitternacht nur zwei bis fünf Böller gehört.“
Als Geste der „Rückendeckung“ bekamen die Einsatzkräfte sowohl Besuch von Ministerpräsident Armin Laschet als auch von NRW-Innenminister Herbert Reul. Er wolle sich solidarisch zeigen mit den Beamten, die in dieser Nacht im Einsatz seien, sagte Laschet bei seinem Kurzbesuch rund um den Kölner Hauptbahnhof. Knapp 5000 Beamte waren an Silvester landesweit im Dienst, im Kölner Stadtgebiet waren es rund 400 Polizistinnen und Polizisten.
Laschet bedankt sich bei Einsatzkräften
Der Ministerpräsident bedankte sich bei einigen von ihnen persönlich. „Die Männer und Frauen, die heute einen Dienst für alle tun, wären auch lieber bei ihren Familien“, sagte Laschet im Kreis der Einsatzkräfte, die sich gegen 19.30 Uhr in Domnähe bereits auf die Kontrollen vorbereiteten. „Dafür haben sie unseren Dank und Respekt verdient, denn wir alle verlassen uns darauf, dass für die Menschen jeder Platz im Land zu jeder Zeit sicher ist“, sagte Laschet. Damit bezog sich der Ministerpräsident auch auf die Übergriffe auf knapp 600 Frauen im Domumfeld in der Silvesternacht vor fünf Jahren.
„Der Rechtsstaat wird Härte gegenüber all jenen zeigen, die sich nicht an Regeln halten − und er wird die Schwächeren schützen“, versicherte der CDU-Politiker. Das massive Polizeiaufgebot dafür sah der Ministerpräsident als gerechtfertigt an: „Das ist die größte Zahl an Polizeikräften, die wir je in Nordrhein-Westfalen in einer Silvesternacht aufgeboten haben. Sie sollen Demonstrationen verhindern, die nicht erlaubt sind, sie sollen verhindern, dass jemand gegen Corona-Auflagen verstößt, und sie sollen auch ansonsten für die Sicherheit sorgen“, sagte Laschet.
Ein Jahreswechsel der kurzen Gesten
Zuvor hatte er Anlaufstationen für Obdachlose sowie den Kältebus im Bahnhofsumfeld besucht und den Mitarbeitern für ihr Engagement gedankt. „Viele Menschen haben kein Zuhause, in dem sie sich jetzt vor der Pandemie schützen können – auch sie darf die Gesellschaft nicht vergessen“, mahnte er. Obwohl er derzeit „kaum Spielraum für Entwarnung“ sowie „nur geringe Chancen für ein Ende des Teil-Lockdowns in NRW nach dem 10. Januar“ sehe, so sei Laschet dennoch hoffnungsvoll, dass mit den Impfstoffen gegen Covid-19 und einer gemeinsamen Anstrengung der Gesellschaft das kommende Jahr ein besseres sein werde.
Es war ein Jahreswechsel der kurzen Gesten, als NRW-Innenminister Herbert Reul um 24 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz Neujahrsglückwünsche mit Polizeibeamten und Ordnungsbeamten der Stadt Köln austauschte. „Wenn so viele Einsatzkräfte sich diese Nacht um die Ohren schlagen müssen, warum sollte ein Minister das nicht auch tun“, so Reul. Zur selben Zeit läutete die Domglocke „Dicker Pitter“ traditionellerweise das neue Jahr ein.
Sonderbare Stimmung am Rheinufer
Nur wenige Passanten waren rundum den Dom unterwegs. Auch am Rheinufer entlang der Innenstadt gingen wenige Menschen spazieren. Einige blieben stehen, als um Mitternacht vereinzelte Raketen am Himmel zu sehen waren.
Es herrschte eine sonderbare Stimmung. „Die Leute haben offenbar eingesehen, dass es eine gute Idee ist, sich an die Regeln zu halten“, so Reul. Auch Explosionen schwerer Böller waren im Zentrum Kölns nur punktuell zu vernehmen − das Geschehen hatte sich deutlich in die Bereiche außerhalb der City verlagert.