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Kölner MiquaArmin Laschet legt den Grundstein für das Jüdische Museum

Lesezeit 4 Minuten

Armin Laschet schließt den Grundstein; neben ihm Jürgen Wilhelm und Henriette Reker

Köln – „Hier wird etwas sichtbar, das bisher nicht genug sichtbar war“, sagte Ministerpräsident Armin Laschet am Donnerstag, als auf dem Rathausplatz der Grundstein für das „LVR-Jüdische Museum im Archäologischen Quartier“ – kurz Miqua – gelegt wurde. „Es gibt viel über das römische und das christliche Köln“, sagte Laschet; ergänzend dazu werde das neue Museum den jüdischen Teil der Stadtgeschichte hervorheben. Die sei auch deshalb wichtig, weil der Antisemitismus zunehme und aggressiver werde.

So soll der Parcours durch die Stadtgeschichte einmal aussehen. Visualisierung:

Der Name Miqua lehnt sich an die Bezeichnung Mikwe für das jüdische Ritualbad an, das innerhalb des Kölner Judenviertels lag. Der Entwurf des Museumsgebäudes stammt vom Saarbrücker Büro Wandel Lorch Architekten. Wolfgang Lorch sagte, der Entwurf wolle das „Prinzip der Schichtung“ sichtbar machen. Der Neubau, dessen Fassade weitgehend geschlossen sei, aber „gezielte Ausblicke“ biete, bilde eine „neue schützende Schicht“ über der archäologischen Zone, in der sich das römische Praetorium, Überreste des mittelalterlichen jüdischen Viertels und des Goldschmiedeviertels befinden.

Im Grunde entstünden „zwei Museen auf einmal“, sagte der Architekt; beide seien gleichermaßen „für die Stadtgeschichte von höchster Bedeutung“.

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Oberbürgermeisterin Henriette Reker nannte das Miqua vor rund 200 Gästen aus Verwaltung, Politik, Stadtgesellschaft und der Jüdischen Gemeinde einen „weiteren architektonisch herausragenden Kulturbaustein“ und „einen der aufregendsten Museumsbauten“ in Deutschland: „zwei Jahrtausende erlebbare Geschichte auf einen Ort konzentriert und am originalen, authentischen Platz ihrer Auffindung präsentiert“.

Unterirdische Zone umfasst 6.000 Quadratmeter

Wenn sie von den „teilweise widrigen Umständen der Entstehung“ sprach, so ging Jürgen Wilhelm, stellvertretender Vorsitzender der Landschaftsversammlung Rheinland, in einem Aspekt näher darauf ein: Das Vorhaben der Platzbebauung sei „von Beginn an heftig bekämpft“ worden, in einem „teilweise hoch emotionalen Diskurs“: „Dieses platte Areal, um das man sich fünfzig Jahre nicht gekümmert hatte, wurde plötzlich zum notwendigen Freiraum im Herzen der Stadt stilisiert.“ Doch nun entstehe hier „ein wichtiger neuer Kulturtempel“.

Kostensteigerungen und Verschiebung des Eröffnungstermins

Nachdem die Gesellschaft zur Förderung eine Hauses und Museums der jüdischen Kultur in Köln ihre Zusage zurückgezogen hatte, den Bau und Betrieb des Museums zu finanzieren, beschloss der Stadtrat 2009, es in verringerter Größe bauen zu lassen. Im April 2010 billigte er Baukosten von rund 48 Millionen Euro, von denen 12,1 Millionen die Stadt und 35,9 Millionen das Land tragen sollten. Im Juli 2011 segnete der Rat 51, 8 Millionen Euro ab, von denen auf die Stadt 25,4 Millionen Euro entfielen.

Im Juli 2013 schloss die Stadt mit dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) einen Kooperationsvertrag. Danach soll die Stadt das Museum bauen sowie Gebäude und Bodendenkmal unterhalten und der LVR die Trägerschaft übernehmen. Die Übergabe sollte spätestens Anfang 2019 erfolgen. Im Juni 2015 stimmte der Stadtrat erneut höheren Kosten zu: Nun waren es 61,5 Millionen Euro. Zwei Jahre später waren sie auf 77 Millionen geklettert; davon soll die Stadt 44,3 Millionen übernehmen, das Land 32,7 Millionen.

Als Grund für die Steigerung war unter anderem von weiteren archäologischen Funden und Umplanungen, etwa wegen Sicherheitsanforderungen, die Rede. Nach aktuellem Stand übergibt die Stadt den Bau Ende 2020 an den LVR, der den Betrieb im Sommer 2021 aufnehmen will. Museumsdirektor ist Thomas Otten. Zwischen der Stadt und dem LVR gibt es Streit um eine neue Nutzungsvereinbarung. Nach Auskunft einer LVR-Sprecherin bemühen sich beide Seiten zurzeit um eine Einigung. (cs)

Die unterirdische Zone umfasst 6.000 Quadratmeter. Der 600 Meter lange Parcours beginnt im mittelalterlichen jüdischen Viertel mit der Synagoge, die in ihren vier Bauphasen vom 11. bis zum 15. Jahrhundert präsentiert wird, der Mikwe und dem Tanzhaus. Durch eine „Zeitschleuse“ erreichen die Besucher das Praetorium, den römischen Statthalterpalast der Provinz Niedergermanien. Zu sehen sind neben dem Bauwerk selber Inschriften und andere Steindenkmäler, eine Galerie der Statthalter und Einzelfunde der Ausstattung der Palastanlage. Weitere Teile des jüdischen Viertels, zu denen die Überreste des Pogroms von 1349 gehören, schließen sich an.

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Danach gelangen die Besucher zum Bereich der mittelalterlichen Hauskeller, die den Übergang vom jüdischen Viertel in das christliche Viertel der Goldschmiede zeigen. Deren Handwerk illustrieren zum Beispiel Schmelzöfen und -tiegel, Werkzeuge und Produktionsreste. Hauptthemen der Präsentation sind die mittelalterliche Alltagskultur und das Zusammenleben von Christen und Juden.

Das Parterre des Museumsneubaus nimmt die Eingangszone mit der Sicherheitsschleuse ein. Im Obergeschoss wird die Geschichte der Juden in Köln weitererzählt, in drei Ausstellungsteilen. Der erste führt vor Augen, wie in den zurückliegenden 100 Jahren jüdische Zeugnisse in Köln gesammelt und ausgestellt wurden, der zweite stellt Menschen der letzten 600 Jahre vor, aus deren Perspektive jüdische Geschichte lebendig wird, und der dritte ist ein interaktiver, digitaler Stadtrundgang. Hinzu kommen Wanderausstellungen und Veranstaltungen.

Den Grundstein hat Dombaumeister Peter Füssenich entworfen und Markus Heindl, Steinmetzmeister der Dombauhütte, gestaltet. Das Stück Kalkstein trägt auf der Vorderseite neben dem Namen Miqua die Jahreszahl 2018 sowie ihre Entsprechung in römischer und jüdischer Zeitrechnung und symbolisiert so die 2.000-jährige Geschichte des Orts.