Viel Platz im Lieblings-Eiscafé, nichts zu fegen oder aufzuräumen und die halbe Stadt ist raus. Das ist die schönste Zeit des Jahres.
Sommerferien in der MillionenstadtUm wie viele Menschen muss sich Köln erleichtert haben, damit es so entspannt ist?
Es gibt diese Tage im Kölner Sommer, an denen Du es plötzlich spürst. Jetzt, genau jetzt ist sie da. Die entspannteste Zeit des Jahres. Die Zeit der unverhofften Glücksmomente. Wie oft bist Du an Deinem Lieblings-Eiscafé in Nippes vorbeigeradelt? Nie war eines dieser Tischchen frei, die eine Atmosphäre verbreiten, als säße man auf dem Marktplatz einer italienischen Kleinstadt. Jetzt kannst Du die Eiszeit ohne die stressenden Blicke der Wartenden genießen. Wann zahlt der endlich?
Die letzten Daheimgebliebenen machen ihre Mittagspausen draußen
Im Schatten des Siebengebirges im Rheinauhafen, so heißt der 1909 erbaute Kornspeicher, der längst aus Luxuswohnungen besteht, versucht ein Hausmeister-Service sich an einer vollkommen sinnfreien Tätigkeit. Hausmeister 1 glättet mit einer Harke den Sand auf dem leergefegten Spielplatz, dessen Kinder mit Schaufeln, Eimern und Förmchen sich irgendwo am Mittelmeer oder der holländischen Küste vergnügen.
Der Harken-Mann zieht langsam immer neue Bahnen, obwohl es nicht zu harken gibt. Wer weiß, vielleicht kommen die letzten Daheimgebliebenen noch vor der Mittagspause aus den Büros und reservieren mit einem Handtuch ihren Platz auf diesem scheinbar unberührten Traumstrand. Hausmeister 2 lässt den Laubbläser surren und erfreut sich an dem allein von ihm erschaffenen Moment, des Einzelblatts, das über dem Rasen tanzt.
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Der Straßenfeger kniet in der Hocke neben seiner Karre im Schatten eines Kranhauses und krault in aller Seelenruhe einen Hund, dessen Besitzerin er anscheinend schon seit Jahren kennt. Vom Sehen und Kopfnicken. Zeit für einen Plausch und ein Leckerli gibt es so gut wie nie. Heute schon, heute sind sie leer, die Eimer am Rhein. Und zu fegen gibt es auch nichts.
Um wie viele Menschen muss sich Köln erleichtert haben, damit das möglich wird? Sind es 200.000? Oder mehr? Selbst der arg geschundene Ebertplatz mit seiner Bar, den leuchtenden Liegestühlen und dem sprudelnden Brunnen des Künstlers Wolfgang Göddertz, in die paar Kinder planschen, die nicht ans Mittelmeer oder die holländische Küste gefahren sind, wirkt fast so, als könne man sich mit ihm versöhnen. Auch wenn die fliegenden Händler immer noch Drogen statt Schmuck verkaufen und Silberkettchen eher vom Hals gerissen werden.
Abends ab in die Brombeeren
In den Kleingärten ist der Tausch von Obst und Gemüse fast zum Erliegen gekommen, was in der Natur der Sache liegt, weil Pflaumen und Himbeeren, Gurken, Zucchini und Salat auf allen Parzellen gleichzeitig nach Ernte schreien. Doch auch hier gibt’s seltene Glücksmomente. Beim Pflaumenimport zum Beispiel. Die Porzer Ernte scheint diesmal überbordend auszufallen, während in Weidenpesch der Wurm drin ist.
Und weil alle potenziellen Abnehmer, deren Hochbeete bei Aldi oder Lidl stehen, gerade die Buffets von Kreuzfahrtschiffen plündern, gehen vier Kilo Porzer Pflaumen, getarnt als zwei Bleche Streuselkuchen auf Kleingartenreise nach Weidenpesch, um unter dem dortigen Pflaumenbaum verputzt zu werden. Damit der weiß, was er kommendes Jahr zu liefern hat.
Am Abend, als die Schatten länger werden, gibt es kein größeres Vergnügen, an als an geheimen Orten in die Brombeeren zu gehen. Die sind jetzt so richtig reif und süß und wachsen wild gerne an Stellen, die man als Lost Places bezeichnen könnte.
Das Gelee wird uns noch Monate später an die wenigen Tage des Sommers erinnern, als Köln so leer war, dass man eine Brombeere hätte fallen hören können.