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Neues ProgrammWie Menschen in Köln ohne Ausbildung eine neue Chance bekommen sollen

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Melanie Schönberger

Köln – Es wird gehämmert, gefeilt und gelötet. In der Metallbau-Werkstatt auf dem Campus Handwerk der Handwerkskammer zu Köln in Ossendorf geht es geschäftig zu. Man trifft Melanie Schönberger, als sie an einem Türstopper aus Metall arbeitet. Das Stück ist eine Art Generalprobe zur Zwischenprüfung, die die 43-jährige Kölnerin bald absolvieren will. „Es ist faszinierend, was man aus einem Stück Metall machen kann“, sagt sie und lacht.

Schönberger gehört zu etwa 100 Menschen, die sich pro Jahr im Rahmen des Programms „Kölner Bildungsmodell“ beruflich neu orientieren. Als Jugendliche hatte sie eine Ausbildung als Malerin und Lackiererin begonnen, aber abgebrochen, weil ihr die Dämpfe von Lacken und Terpentin zusetzten. „Ich habe Atemnot davon bekommen.“ Viele Jahre hat sie später in der Gastronomie gearbeitet, war als Kassiererin und im Sicherheitsdienst beschäftigt und hat ihre beiden Kinder (5 und 10) betreut. Mit dem Kölner Bildungsmodell hat sie noch einmal eine neue Chance erhalten.

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Ulla Schlottow

Das Modell gibt es seit 2014, es richtet sich an Menschen ab 25 Jahren, die über keine Ausbildung verfügen und es auf dem ersten Arbeitsmarkt schwer haben, sagt die Koordinatorin Lehrgangsentwicklung auf dem Ausbildungscampus, Ulla Schlottow. Das Jobcenter und drei Kölner Träger, die Diakonie Michaelshoven, der Campus Handwerk der Handwerkskammer und die Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FAW), bieten sieben Ausbildungsberufe an, von der Bürofachkraft über den Sicherheitsdienst bis hin zum Metallbauer und Metallbauerin. Im Unterschied zur Umschulung ist die Ausbildung in Module aufgeteilt, die mit einer Prüfung abgeschlossen werden. Seit 2014 sind 617 Teilnehmende vom ersten Kontakt in die Qualifizierungsphase übergegangen. Von diesen sind bis 2021 insgesamt 162 bis zur Abschlussprüfung gegangen. Die Besteher-Quote beträgt 97 Prozent.

Ausbildung der kleinen Schritte

Das ist gut für Menschen, die manche Probleme mitbringen. Manche der Teilnehmer und Teilnehmerinnen sind aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, eine lange Ausbildung am Stück durchzustehen. Andere müssen zwischendurch Geld verdienen oder sich um ihre Kinder kümmern. Im Kölner Bildungsmodell ist das kein Problem: Teilnehmende können zwischenzeitlich aussteigen und später die Ausbildung fortsetzen. „Es ist eine Ausbildung der kleinen Schritte“, so Schlottow. „Wer bei einer Umschulung abbricht, hat nichts in der Hand“, sagt Asli Kardes vom Träger FAW. Zu den weiteren Vorteilen gehört, dass sich Sozialarbeiter um die Auszubildenden kümmern und ihnen helfen, Probleme ihm Alltag zu bewältigen.

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Zunächst wird mittels einer Potentialanalyse nach Stärken und Schwächen der Teilnehmenden gefragt. Wie steht es um die Deutschkenntnisse, wie um die Ausdauer oder Feinmotorik? Anschließend können die Bewerber und Bewerberinnen im Rahmen einer vierwöchigen Erprobungsphase in verschiedene Berufe hineinschnuppern. Die Ausbildung zum Metallbauer, die Schönberger absolviert, ist in acht Module unterteilt. Nach der Hälfte der Ausbildung steht eine Zwischenprüfung an. Insgesamt muss sie 5733 Stunden absolvieren, ein Drittel der Ausbildung besteht aus Praktika.

Auf dem Weg zur Sicherheitsfachkraft

Vanessa Kölzer hat sich im Rahmen des Kölner Bildungsmodells für den Beruf der Sicherheitsfachkraft entschieden und lernt seit Januar im ersten Modul. Die 33-jährige Vingsterin hat vor Jahren eine Ausbildung bei der Deutschen Bahn abgebrochen, weil sie schwanger wurde. Mittlerweile sucht die alleinerziehende Mutter von vier Kindern eine neue Herausforderung und will von Hartz IV weg. Ihr Sozialarbeiter hatte das Kölner Bildungsmodell empfohlen und so sitzt die junge Frau bei der FAW in Gremberghoven und büffelt für den Bereich Sachkunde. Es geht etwa um öffentliches Recht und das Strafgesetzbuch, mit dem man sich als Sicherheitsfachkraft auskennen muss.

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Vanessa Kölzer und Ausbilder Willi Korch

Dass Kölner Bildungsmodell kommt Kölzer auch entgegen, weil während der Ausbildung die Sozialleistungen weiter vom Jobcenter gezahlt werden. „Ich könnte sonst nicht überleben“, sagt sie. Denn bei Umschulungen werden die Ausbildungsvergütungen mit dem Hartz-IV-Satz verrechnet. Und wenn es bei der Betreuung mal Probleme gibt, kann sie die Kinder auch mit in den Unterricht bringen. Kölzer hat sich fest vorgenommen, die Ausbildung zu Ende zu bringen. „Diese Chance bekomme ich nicht noch einmal und meine Kinder sind stolz auf mich.“ Beide Frauen haben Zukunftspläne. Während Kölzer gerne in einem Empfangsbereich arbeiten möchte, kann sich Schönberger vorstellen, einmal bei der Stadt Köln zu arbeiten. „Vielleicht könnte ich bei den Bühnen beschäftigt werden oder auch beim Bau von Spielplätzen arbeiten“, sagt sie.