Köln – Mit der Aussprache seltener Vornamen ist das manchmal so eine Sache, wer wüsste das besser als Thor Zimmermann. Die wenigsten Menschen nennen ihn „Tur“, so wie seine norwegische Mutter ihn ruft. Stattdessen sprechen ihn so gut wie alle mit „Tor“ an. Das sei naheliegend, aber leider falsch, sagt der 53-jährige Ratspolitiker, den diese kleine Ungenauigkeit längst nicht mehr zu stören scheint. Zimmermann will bei der Oberbürgermeisterwahl im September gegen die Amtsinhaberin Henriette Reker antreten, es geht ihm um die wichtigen Botschaften.
Am Montag stellte der angehende Kandidat, einer der beiden Ratsmitglieder der Wählergruppe Gut, sein Programm vor. Seine Idealvorstellung sei „eine Stadt, in der jede und jeder an allen Facetten des Lebens teilhaben kann“. Und das alles „in einem Umfeld, welches unsere Umwelt nicht belastet, sondern sie schützt und stärkt“. Das Thema Klimaschutz steht gleich zu Beginn seines Elf-Punkte-Plans, ihm gebühre „höchste Priorität“. Das lässt auf eine gewisse Nähe Zimmermanns zu den Zielen der Grünen schließen. Und tatsächlich unterstützt der seit 2009 dem Stadtrat angehörende Ehrenfelder keine andere Fraktion so häufig wie die Grünen.
Thor Zimmermann: Zivildienst in Kölner Kinderheim
Rauf aufs Rad, Avantgarde und Subkultur, Gemeinwohl vor Rendite, gesunde und regionale Ernährung – das sind Schlagworte aus dem Wahlprogramm des zweifachen Familienvaters. Als Gegenleistung für seine Zustimmung zum Haushalt und das Vermitteln eines Kompromisses zur Ost-West-Stadtbahn handelte Zimmermann unter anderem aus, dass die Verwaltung den Bau einer Seilbahn entlang des Rheins prüft. Dass Gewerbetreibende für den Kauf von Lastenrädern Geld aus der Stadtkasse bekommen, ist ebenfalls auf eine Idee der Wählergruppe Gut zurückzuführen.
In Oslo geboren, aufgewachsen in Essen und Sindelfingen, leistete Zimmermann seinen Zivildienst in einem Kölner Kinderheim ab. Sein anschließendes Studium der Germanistik und Politologie beendete er ohne Abschluss. 20 Jahre arbeitete er in einem Betrieb für Bilderrahmen, bevor er 2004 ein Einzelhandelsgeschäft für Gemischtwaren eröffnete. Er startete seine Laufbahn als Kommunalpolitiker als Mitglied der Wählergruppe Deine Freunde. Nach einem Streit über die Frage, wie viel Einfluss die Vereinigung auf ihre Mandatsträger und deren Umgang mit den städtischen Zuschüssen nehmen darf, kam es zum Zerwürfnis; Zimmermann und sein Ratskollege Tobias Scholz gründeten die Gruppe Gut.
Kölner OB-Wahl: Eine Art Berufspolitiker
Vor der OB-Wahl 2015 zählte Zimmermann zu den Unterstützern der parteilosen Reker. Fünf Jahre später ist aus dem ehemaligen Wahlkampfhelfer der Stadtchefin ein politischer Gegner geworden. Damals sei es darum gegangen, einen Wahlerfolg des SPD-Kandidaten Jochen Ott zu verhindern, sagt Zimmermann. Nur so sei es möglich gewesen, Strukturen in der Verwaltung aufzubrechen. Diesmal sei die Ausgangslage anders. „Ich habe gemerkt, dass Frau Reker und das schwarz-grüne Bündnis immer wieder an Grenzen stoßen. Das betrifft den Klimaschutz ebenso wie die Verkehrswende.“
Der von Reker und Schwarz-Grün zugesagte Fahrradschnellweg entlang des Niehler Gürtels beispielsweise lasse bis heute auf sich warten. Das sei einer der Gründe, „warum unsere inhaltlichen Sympathien so langsam aufgezehrt sind“, sagt Zimmermann. Wie die Oberbürgermeisterin auf die Abkehr ihres ehemaligen Unterstützers reagierte, beschreibt Zimmermann so: „Als ich sie im vorigen November am Rande einer Sitzung über meine Pläne informiert habe, musste sie lächeln. Sie sagte, sie selber hätte es an meiner Stelle genauso gemacht.“
Thor Zimmermann setzt bei OB-Wahl auf Nebeneffekt
Es ist davon auszugehen, dass Zimmermann mit seiner Kandidatur zur OB-Wahl auf einen Nebeneffekt setzt: einen Stimmengewinn für die Wählergruppe Gut. Im Wahlkampf stehen die Bewerberinnen und Bewerber um das höchste Amt der Stadt erfahrungsgemäß viel stärker im Blickpunkt als die Kandidaten für einen der 90 Sitze im Rat.
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Eine Art Berufspolitiker ist das ehrenamtliche Ratsmitglied bereits seit 2014, als einer von vier Referenten seiner Ratsgruppe. Die Teilzeit-Angestellten beziehen ihre Gehälter aus einem Zuschuss für Sach- und Personalausgaben. 90.000 Euro stehen der Gruppe zur Verfügung, üppige Löhne lassen sich damit kaum finanzieren.
Zimmermann will keiner sein, der um jeden Preis polarisiert, der Andersdenkende in Diskussionen herabwürdigt. Seine Reden im Stadtrat wirken besonnen. Das habe er in den zurückliegenden zehn Jahren gelernt: „Wenn man etwas ändern will, muss man dicke Bretter bohren. Man braucht einen langem Atem.“ Zunächst einmal braucht Zimmermann 450 Unterschriften von Unterstützern. Erst wenn das Wahlamt die Liste geprüft hat, wird er als parteiloser Kandidat zur Wahl zugelassen.