Köln – Anne Lütkes kehrt zurück in die Kölner Kommunalpolitik. Die 70-jährige Ex-Ministerin und ehemalige stellvertretende Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein soll Nachfolgerin des grünen Fraktionsgeschäftsführers Jörg Frank im Aufsichtsrat der Stadtwerke werden, so der „Express“. Mit der Personalie verbindet sich ein Ausweg aus der festgefahrenen Situation im Aufsichtsrat.
Die Wahl von Oberbürgermeisterin Henriette Reker zur neuen Chefin des Kontrollgremiums war am Freitag gescheitert, weil es keine Mehrheit für die OB gab. Reker hat zwar angekündigt, weiter für das Amt kandidieren zu wollen.
Mit Lütkes kommt aber nun eine Kandidatin ins Spiel, die nicht nur die nötigen Qualifikationen mitbringt und Zeit für den anspruchsvollen Job hat. Sie dürfte auch über die Parteigrenzen hinweg von einer breiten Mehrheit unterstützt werden, falls Reker für sie verzichtet. Am Sonntag antwortete Lütkes noch ausweichend auf die Frage, ob sie Aufsichtsratschefin werde. „Die Frage stellt sich mir nicht.“
Die erfahrene grüne Politikerin und Anwältin war im Kölner Rat zehn Jahre lang Fraktionschefin, anschließend für ein Jahr Bürgermeisterin. Im Jahr 2000 holte sie die damalige Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein, Heide Simonis, als Ministerin für Justiz, Frauen, Jugend und Familie nach Kiel. 2010 wurde sie Regierungspräsidentin in Düsseldorf. In dieser Zeit sammelte sie Erfahrungen im Umgang mit kommunalen Unternehmen. Als Chefin der Aufsichtsbehörde war sie auch für die Überwachung der Bautätigkeiten der Kölner Verkehrs-Betriebe zuständig.
„Ich liebe das Gemeindewirtschaftsrecht“, so Lütkes. „Ich brauche keine Einarbeitungszeit.“ Zur Lage im Stadtwerke-Aufsichtsrat nach der geplatzten Wahl von SPD-Fraktionschef Martin Börschel zum Konzernchef sagt sie: „Ich kann zur Versachlichung beitragen.“ In ihrer politischen Karriere hat Lütkes vor allem in rot-grünen Bündnissen gearbeitet. In Köln hatte sie zuletzt die schwarz-grüne Kooperation mitgetragen. Das Verhältnis zwischen der OB und Lütkes ist gut. Die Grüne gehört zu den Architekten des Wahlbündnisses für Reker.
Die Neuehrenfelderin engagierte sich seit 2008 im Vorstand von Unicef Deutschland. Da die Vorstandszeit auf zehn Jahre begrenzt ist, hat sie dieses Ehrenamt in diesem Jahr aufgeben müssen. Eine neue Aufgabe anzunehmen, sei für sie „reizvoll“. Der Stadtrat wird sie voraussichtlich am Donnerstag auf Vorschlag der Grünen als neues Aufsichtsratsmitglied benennen. Bereits einen Tag später wollen die Mitglieder des Stadtwerke-Aufsichtsrats erneut versuchen, einen Vorsitzenden zu wählen. Der kommissarische Aufsichtsratschef Harald Kraus appellierte an die Fraktionen, sich zu einigen, damit der neue Chef oder die neue Chefin mit breiter Mehrheit gewählt wird.