2020 gründeten zwei Kölner Studenten ein Online-Portal zur Personalvermittlung. Mittlerweile hat das Unternehmen einen virtuellen Wert von 6,5 Millionen Euro und 20 Mitarbeiter.
„Catch Talents“Kölner Start-Up liefert einen entscheidenden Unterschied zu anderen Jobbörsen
Deutschland braucht dringend Fachkräfte. Ein neues Einbürgerungsverfahren soll Abhilfe schaffen und wird in Berlin aktuell heftig diskutiert. Der Kölner Marco Verhoeven findet, dass es in Deutschland genügend Fachkräfte gibt, man müsse nur das schlummernde Potenzial finden und optimal vermitteln. Gemeinsam mit seinem Studienkollegen Justin Bous gründete er 2020 „Catch Talents“ (Fang Talente) - ein Online-Portal zur Personalvermittlung.
„Wir möchten kleinen und mittelständischen Unternehmen, die nur eine kleine oder gar keine Personalabteilung haben, helfen, schnell das richtige Personal für ihre offenen Stellen zu finden. Wir möchten aber auch den Arbeitssuchenden die zeitaufwendige Sichtung von Stellenanzeigen, das Schreiben von Bewerbungen und den Erhalt von demotivierenden Absagen ersparen“, so Verhoeven.
Der Dienst ist für die Jobsuchenden kostenlos, die Firmen zahlen
Das Team von Catch Talents postet die jeweilige Stellenanzeige in den gängigen Jobportalen, analysiert aber auch soziale Netzwerke, um selbst aktiv Suchende oder wechselwillige Arbeitnehmer zu identifizieren und zu kontaktieren. Für diese Dienstleistung zahlen die Firmen, für die Jobsuchenden ist sie kostenlos. „Matchen“ heißt das Zauberwort des jungen Start-ups. Aktuell sind es 400 Firmen, die das fehlende Personal durch Catch Talents suchen lassen.
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Eine davon ist das Kölner Familienunternehmen Wurm KG, das seit den 60 Jahren spezialisiert ist auf den Import von Wohn-Accessoires und Geschenkartikeln. Die Belegschaft besteht aus 115 Mitarbeitern, aber das Unternehmen ist ständig auf der Suche nach Verstärkung. „Bislang haben wir klassisch gesucht, mit Inseraten, über die Arbeitsagenturen oder Jobbörsen und gehofft, dass sich jemand meldet. Viel Verwaltung und sehr zeitaufwendig. Ich bin dann im Netz durch Zufall auf Catch Talents gestoßen. Diese digitale Plattform ist absolut benutzerfreundlich. Es funktioniert wie ein Trichter, oben wirft man die Stellenausschreibung ein, unten kommt in kürzester Zeit das Ergebnis heraus“, sagt Thomas Wurm, Junior Chef des mittelständischen Unternehmens.
Die Idee zum Start-Up kam während des Master-Studiums
Der Unterschied zu den gängigen Jobbörsen ist, dass mit dem Portal der beiden Kölner Gründer auch die sogenannten Soft Skills, wie Teamfähigkeit, und soziale Kompetenz, abgefragt und bewertet werden. „Leider beschränken sich die Personalabteilungen bei der Vorauswahl überwiegend nur auf die Hard Facts der Bewerber. Ob die Person zum Team passt, wird erst später geprüft. Aber ein Grund, weshalb die Leute aktuell im Schnitt nur maximal vier Jahre in einem Betrieb bleiben, ist, dass die Chemie häufig nicht passt. Diesen Risikofaktor möchten wir mit unserem Algorithmus herausfiltern“, erklärt Verhoeven.
Die Idee zu ihrem Start-up in der Personalvermittlungsbranche hatten die beiden Gründer während ihres Master-Studiums. Ihr privates Startkapital waren damals 500 Euro, hinzu kam 2017 das Gründerstipendium der Kölner Universität. Im Sommer 2022 konnte das Start-up sich dann in einer Finanzierungsrunde unter anderem mit dem regionalen Venture Capital Tech-Vision Fonds eine siebenstellige Summe zur weiteren Expansion sichern.
Verhoeven: „Ich fahre keinen Porsche, sondern KVB oder Fahrrad“
„Wir haben investiert, weil das junge Gründerteam von „Catch“ mit ihrem HR-Tool genau den Zahn der Zeit trifft und in einem spannenden Markt mit großem Wachstumspotenzial agiert“, sagt Lars Gussen, Investment Manager beim TechVision Fonds. „HR“ steht für „Human Resource“, frei übersetzt in etwa„Personal-Management“. „Catch Talents“ hat aktuell einen virtuellen Wert von 6,5 Millionen Euro, 20 Mitarbeiter im Homeoffice und ein kleines Firmenbüro im Rheinauhafen. „Das Geld ist ja nicht auf meinem Konto. Ich fahre keinen Porsche, sondern KVB oder Fahrrad. Das Büro im Kranhaus ist winzig, aber uns war es wichtig, eine seriöse Adresse zu haben. Wir wollten bei unseren Kunden nicht als zwei Studenten, die am Schreibtisch etwas ausgetüftelt haben, wahrgenommen werden, denn Unternehmer sind grundsätzlich skeptisch“, sagt Gründer Verhoeven.
Der 29-Jährige ist mit der Entwicklung seines Start-ups zufrieden, ist stolz, dass er in der schwierigen Gründungsphase einen langen Atem hatte und mit seinem Mitbegründer Justin Bous nicht vorzeitig aufgegeben hat. Aber er hat auch schon neue Ideen. Rund die Hälfte aller Arbeitnehmer sei mit ihrem aktuellen Arbeitsplatz seiner Einschätzung nach unzufrieden. Aber er ist sich sicher, dass jeder Mensch, wenn er auf der richtigen Position sitzt, einen guten Job macht. „Stühle tauschen innerhalb einer Firma, das könnte mein neues Projekt werden. Dienst nach Vorschrift wäre dann Vergangenheit“, sagt der Talentfänger aus Köln.