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Ärger um Kölner WeihnachtsmarktHändler sollen trotz Absage stattliche Summe zahlen

Lesezeit 4 Minuten

Wegen Corona abgesagt: Der „Markt der Engel“ auf dem Neumarkt

  1. Der „Markt der Engel“ am Kölner Neumarkt wurde wie andere große Weihnachtsmärkte wegen der Corona-Pandemie abgesagt.
  2. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ nun exklusiv erfuhr, sollen die Händler und Betreiber trotzdem Mieten für ihre Stände zahlen sollen.
  3. Gilt Corona als „höhere Gewalt“ – und lässt sich das auf den Karneval übertragen?

Köln – Nach der Absage des Weihnachtsmarkts auf dem Neumarkt sorgen die Veranstalter bei ihren Vertragspartnern für Verstimmung. Sie haben den Betreibern der Marktbuden mitgeteilt, dass sie trotz der Absage die Standmieten zahlen sollen. Weil der „Markt der Engel“ „aus vom Vermieter nicht zu vertretenden Gründen“ ausfallen müsse, seien sie zur Zahlung der vollen Standmiete verpflichtet.

Man habe ein Entgegenkommen geprüft, heißt es weiter in einem mehrseitigen Anschreiben. Weil man die eigenen Kosten um über die Hälfte reduzieren konnte, könne man diesen „Vorteil“ als Rabatt an die Budenbetreiber weitergehen. Es bleibt trotzdem bei einer stattlichen Summe. Die Händler und Handwerker sollen zahlen, obwohl nichts stattfindet. Die Anzahlung wird gleich einbehalten.

Brisante rechtliche Grundsatzfrage

Das Vorgehen ist bislang einmalig. Am Dom oder in der Altstadt müssen die Budenmieter nach der Absage nichts bezahlen. Und auch aus anderen Städten ist nichts Vergleichbares bekannt. Tatsächlich wirft das Ansinnen der „City Projekt Veranstaltungs-GmbH“ eine interessante rechtliche Frage auf, die sich auf andere große Veranstaltungen und wie zum Beispiel auch auf Karnevalssitzungen übertragen lässt: Dass man es in Corona-Zeiten mit „höherer Gewalt“ und behördlichen Auflagen zu tun hat, die Veranstalter nicht zu vertreten haben, ist unstrittig. Doch nicht das Land oder Stadt haben den „Markt der Engel“, andere Weihnachtsmärkte oder Karnevalssitzungen abgesagt, sondern die Veranstalter selbst.

Warum sollte deshalb deren Vertragspartner, der selbst keine Einnahmen erzielen kann, die Zeche des Veranstalters mitbezahlen? Ausschlaggebend ist schließlich nicht ein grundsätzliches Verbot einer Behörde, sondern vielmehr die wirtschaftliche Kalkulation des Veranstalters. Die Corona-Schutzverordnungen führen zu so starken Einschränkungen und zu so hohen Hürden, dass die bekannten und gewohnten Formate so abgespeckt werden müssten, dass sie sich nicht mehr rechnen.

Kölner Händler spricht von „Erpressungsversuch“

Dass das Vorgehen der Betreiber am Neumarkt auf wackeligen Beinen steht, machen sie selbst durch eine „Einverständniserklärung“ deutlich, die dem mehrseitigen Schreiben an die Händler, Handwerker und Gastronomen beiliegt. Die Budenbetreiber sollen erklären, dass sie die Einschätzung der Veranstalter teilen, dass das „Durchführen aufgrund der Auflagen wirtschaftlich nicht möglich“ ist. Mit ihrer Unterschrift unter der Erklärung sollen sie die „Lösung des Vermieters zur Kostenbeteiligung“ anerkennen. Dafür bekommen sie dann die Zusage, dass sie 2021 und 2022 zu den gleichen Konditionen auf dem Markt wieder mitmachen können. Einer der betroffenen Marktbudenbetreiber nennt das einen „Erpressungsversuch“: „Wer nicht unterschreibt und nicht zahlen will, ist 2021 wohl nicht mehr dabei.“

Corona-Verordnungen erlauben Weihnachtsmärkte

Er ist mit seiner Firma in mehreren Städten auf Weihnachtsmärkten vertreten. Ein Vorgehen wie in Köln habe er noch nirgendwo erlebt. In Dortmund und Essen würden Veranstalter zeigen, dass man mit veränderten Konzepten Weihnachtsmärkte veranstalten könne. Die Corona-Schutzverordnung verbiete keine Wochenmärkte, verlange dafür noch nicht einmal Zugangsbeschränkungen. Ein gastronomisches Angebot ließe sich abtrennen, um die geltenden Regeln für die Gastronomie einzuhalten.

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„Man kann genehmigungsfähige Lösungen finden“, so der Budennutzer. Und wenn der Veranstalter trotzdem absage, weil man glaube, dass sich die veränderten Konzepte nicht rechnen, dürfe man doch nicht die Budenbetreiber zur Kasse bitten. Diese würden doch genauso unter den Folgen der Corona-Schutzmaßnahmen leiden wie die Veranstalter.

Veranstalter des Kölner Weihnachtsmarktes droht Pleite

Die „City Projekt Veranstaltungs-GmbH“ bezeichnet ihr Vorgehen als „fair“ und „kulant“. „Unsere Kosten für Personal, Büromiete, Lagerung der Buden oder Buchführung laufen das ganze Jahr“, so Geschäftsführer Herbert Putzmann. „Wir können das komplette Risiko nicht alleine tragen.“ Ohne eine Beteiligung der Budenbetreiber, müsste die Firma Insolvenz anmelden.

Herbert und Britta Putzmann haben die „City Projekt Veranstaltungs-GmbH“ erst in diesem Jahr gekauft; die letzte Ausschreibung für die Neumarkt hatte noch ihr Vorgänger Hans Flock gewonnen. Bei der Übernahme der Firma habe man alle Verträge, auch die mit den Budenbetreibern übernommen. Der Passus, auf den sich die GmbH nun beruft, sei nicht neu, bestätigt Flock.

Erst im April Firma gekauft

Sollte der Streit vor Gericht kommen, dürfte eine weitere Bewertung, wer wann welches Risiko in Corona-Zeiten zu tragen hat, wichtig werden. Herbert und Britta Putzmann haben den Notarvertrag zur Firmenübernahme nämlich erst im April – also mitten im Lockdown – unterschrieben. Sie hätten sich nicht vorstellen können, welche Ausmaße Corona im weiteren Verlauf des Jahres noch annehmen würde, so Putzmann. Zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung seien sie davon ausgegangen, dass die Kölner Weihnachtsmärkte stattfinden können.