Im Interview spricht der neue Direktor über das Besetzungsverfahren, die Nutzung des Zeughauses und warum es die Historische Mitte braucht.
Kölnisches StadtmuseumEröffnung im Interim auf März verschoben – Neuer Direktor will Zeughaus weiter nutzen
Herr Hamann, nach dem Scheitern zweier Kandidaten für den Direktorenposten des Kölnischen Stadtmuseums sind Sie nun im Amt. Empfinden Sie sich als dritte Wahl?
Matthias Hamann: Nein. Überhaupt nicht. Ich hatte meinen Hut im Bewerbungsverfahren ja nicht in den Ring geworfen.
Neuer Stadtmuseumsdirektor über das Bewerbungsverfahren
Warum haben Sie sich auf die Stelle denn nicht beworben? Ihre Besetzung gilt als gute Lösung.
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Das freut mich natürlich. Zum Zeitpunkt der Ausschreibung vergangenes Jahr war ich allerdings mit der Arbeit beim Museumsdienst sehr beschäftigt, es liefen viele Prozesse. Für mich hat es damals keinen Sinn ergeben, das aufzugeben.
Aber darüber nachgedacht haben Sie?
Darüber nachgedacht habe ich, klar. Ich beschäftige mich schon lange mit der Stadt, habe ein großes Buch („Kölngold“, Anm. d. Red.) über sie mit herausgegeben. Ich war auch an den Runden für das Konzept der Historischen Mitte beteiligt. Insofern wusste ich, was es bedeutet, Chef des Kölnischen Stadtmuseums zu sein. Ich hatte an der anderen Stelle aber noch viele Aufgaben zu erledigen. Schließlich bin ich für den Direktionsposten hier gefragt worden. Vor einem Jahr hat es nicht gepasst, jetzt passt es.
Zur Person und dem Verfahren
Matthias Hamann, Jahrgang 1967, ist seit dem 16. Oktober neuer Direktor des Kölnischen Stadtmuseums (KSM). Der promovierte Kunsthistoriker leitete zuvor seit 2007 den Kölner Museumsdienst. Zuvor war der KSM-Posten ein Jahr vakant, weil Mario Kramp sich im Sommer 2022 aus gesundheitlichen Gründen zurückgezogen hatte. Die Suche nach einem neuen Chef geriet zum Desaster: Bei der ersten ausgewählten Kandidatin fielen negative Medien-Berichte über ihren offenbar problematischen Umgang mit öffentlichem Geld auf, die Stadt zog ihre Zusage zurück. Für Kandidat Nummer zwei, Philipp Hoffmann, fand sich keine politische Mehrheit. Letztlich wählte die Verwaltung um Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) Hamann aus. Da er innerhalb der Verwaltung den Posten wechselte, brauchte Reker keine Bestätigung der Politik für die Personalie.
„Ich brauche keine Anlaufzeit. Es beginnt sofort“
Wie bewerten Sie das Bewerbungsverfahren im Nachhinein?
Mir tut es für die Personen leid, die dadurch vielleicht in eine schwierige Situation gekommen sind. Das wünscht man sich nicht. Ich hoffe, dass es für sie gut ausgeht. Für mich ist es gut ausgegangen, und ich hoffe auch, dass es für das Stadtmuseum gut ausgegangen ist. Ich bringe ein ganzes Maß an Museumserfahrung und Kulturarbeit mit. Ich kenne die anderen Direktoren in der Stadt, ich kenne die Zusammenhänge. Das ist ein unschätzbarer Vorteil. Ich brauche keine Anlaufzeit von eineinhalb Jahren, in denen ich erstmal reinkommen muss. Es kann sofort beginnen. Und es beginnt auch sofort.
Dadurch, dass Sie die Stelle innerhalb der Stadt gewechselt haben, sind Sie unbefristet angestellt. Haben Sie also die lange Strecke im Blick, auch in Hinsicht auf die Historische Mitte?
Ja. Die Langstrecke macht mir keine Angst. Köln ist komplex, man weiß nie, welche Entscheidungen sich ziehen. In meinen zwölf oder dreizehn Jahren bis zur Rente habe ich die Chance, Dinge zu Ende zu führen.
Eröffnung im Modehaus Sauer auf 2024 verschoben
Eigentlich sollte die neue Dauerausstellung im Modehaus Sauer am 2. Dezember eröffnet werden. Nun verzögert sich die Eröffnung schon wieder. Warum?
Seit meinem Start vor rund drei Wochen haben wir relativ schnell über die Eröffnung diskutiert. Ich würde gerne noch an dem ein oder anderen Punkt nachjustieren. Und es fehlen auch noch entscheidende Dinge, gerade im für uns so wichtigen Bereich „Barrierefreiheit“. Dabei rede ich z.B. von einer Blindenspur, die noch ins Leere führt. Oder einem fehlenden Audioguide. Das kann man alles bis zu einem gewissen Grad fertig machen. Aber wenn zu viel fehlt, geht es nicht. Wir haben geschaut, ob wir etwas beschleunigen können, haben mit den Firmen gesprochen. Das geht aber nicht. Und wenn wir eine nicht fertige Ausstellung eröffnen würden, wäre das unfair dem Team und den Besuchern gegenüber. Am Ende soll zu sehen sein, woran wir fünf Jahre lang gearbeitet haben. So kommen wir zu dem Termin am 22. März. Den ich gut finde, weil er nach Karneval und direkt vor den Osterferien liegt. Natürlich ist die Verschiebung ärgerlich, weil man im Kopf gerne einen Haken an das Jahr machen würde. Aber ich habe das so entschieden.
Henriette Reker hat kürzlich ins Spiel gebracht, das Zeughaus in Zukunft als eine Art Dependance für das Stadtmuseum zu nutzen. Was halten Sie davon?
Ich finde das eine gute Idee von Frau Reker. Das Konzept wäre, das Zeughaus zu einem Ort machen, an dem die Sammlung gezeigt wird. Das Stadtmuseum besitzt 450.000 Objekte. Die werden wir nie irgendwo gebündelt ausstellen können. Aber da könnten wir sie nach und nach zeigen.
Hamann über die Nutzung des Zeughauses
Für die 450.000 Objekte des Stadtmuseums haben Sie im Modehaus Sauer noch weniger Platz als im Zeughaus. Was bedeutet das für die Arbeit hier?
Der Platz hier lässt sich nicht vergrößern. Aber das muss nicht der einzige Platz bleiben, an dem wir ausstellen, wir können über weitere Kooperationen mit anderen Häusern sprechen, aber auch über Aktionen im öffentlichen Raum. Das kann mit der Via Culturalis anfangen, aber auch woanders passieren. Dazu haben wir Dependancen, wir haben eine Museumswohnung in der Germania-Siedlung oder den Zündorfer Wehrturm, die wir noch mehr nutzen können. Wir hätten hier dann eine Art Zentrum und andere Orte, die wir bespielen.
Haben Sie bereits Inhalte ausgemacht, die Sie reizen würden, auszustellen?
2028 jährt sich zum hundertsten Mal die Pressa-Ausstellung in Köln. Auf das Thema Presse und Medien könnten wir hinarbeiten. Wie funktioniert öffentliche Meinungsbildung heute? Wie wird Kommunikation gemacht? Welche Rolle spielen Soziale Medien? Das ist ein Thema, das man 100 Jahre nach der Pressa, die weltweite Bedeutung hatte, wiederholen und neu angehen kann.
Wird die Historische Mitte schlussendlich denn wirklich vom Stadtmuseum geprägt sein? Oder ist sie ein Sammelsurium von vier historischen Museen?
Es wird das neue Kölnische Stadtmuseum sein. Das Stadtmuseum ist vielleicht nicht der einzige Player vor Ort, aber der Hausherr. Wenn wir dort bauen, finden wir den erzbischöflichen Palast, also das ehemalige Machtzentrum der Stadt. Das kann man nicht verrutschen. Wir können und werden im Verbund denken und an Themen arbeiten.
Neuer Direktor fordert Entscheidung zur Historischen Mitte
Wenn die Vorlage zur Historischen Mitte kommt, wird auf dem Zeughaus das erste Mal ein Preisstempel kleben – wohl ein ziemlich hoher. Sind Sie sicher, dass der Stadtrat das genehmigt?
Es geht um viel Geld, ja. Aber mit dem Zeughaus muss irgendetwas passieren, denn es wird Stadtbesitz bleiben. Ich würde daher nicht sagen, dass es Kosten sind, sondern Investitionen. Die ganze Historische Mitte ist ein Kostenpunkt. Aber an der Stelle wird das Thema Bauen doch sowieso eine Rolle spielen. Denn was passiert denn mit dem Kurienhaus? Und dem Verwaltungsgebäude? Ich habe also in jedem Fall Kosten. Die Frage ist also, was investiere ich, und was ist mein Ergebnis. Wenn ich über die Historische Mitte das Thema „Kulturstadt Köln“ neu aufladen kann, werte ich das ganze Areal auf.
Nur wirkt es beim Zeughaus so, als hätte man in den letzten fünf Jahren niemanden gefunden, der sich dafür interessiert. Und nun braucht die Stadt zum Erhalt zusätzliche Millionen.
Manchmal müssen die Dinge reifen. Ich war vor fünf Jahren nicht dabei. Wir können es jetzt als Chance begreifen, dass die letzten fünf Jahre dort nichts passiert ist, damit wir das neue Konzept vorantreiben können.
Befürchten Sie nicht, dass die Diskussion ums Zeughaus das gesamte Projekt Historische Mitte gefährdet?
Das werden wir sehen. Wir werden eine Beschlussvorlage mit über 30 Anlagen vorlegen, die diese Fragen, die kommen könnten, bestmöglich beantwortet. Ich finde es überzeugend, was ansteht. Wenn die Politik es anders machen will, müssen wir umplanen. Ich habe nur die Sorge, was dann mit der Sammlung passieren würde. Denn um die müssen wir uns kümmern, wir können die Objekte nicht sich selbst überlassen. Das Gesamtprojekt ist eine Antwort darauf. Ich finde sie gut. Wir haben jetzt eine Lücke bei den Kulturbauten, die einigermaßen passt, denn sonst rückt bald die Sanierung des Museum Ludwig näher. Man kann die Historische Mitte auch irgendwann bauen, aber warum? Die Zeit ist jetzt.