Köln – Es reicht nicht mehr, wie all die Jahre zuvor, die verfahrene Lage zu bedauern und einzugestehen, dass man dringend schneller bauen muss. Es reicht nicht mehr aufzuzählen, was man alles schon geschafft oder in den nächsten Jahren noch geplant hat. Es reicht auch nicht mehr, über die Versäumnisse der Vergangenheit zu klagen und so den schwarzen Peter weiterzureichen.
Wenn man dem diesjährigen chaotischen Anmeldeverfahren bei all dem Leid, das es für die betroffenen Kinder erzeugt, etwas Gutes abgewinnen kann, ist es das: Es hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Familien und Schulleitungen gehen auf die Barrikaden und machen nicht mehr mit.
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Es ist jetzt zwingend, dass in Sachen Schulplatzmangel Tempo und Prioritäten endlich der Größe der Herausforderung angepasst werden. Schuldezernent Robert Voigtsberger hat das erkannt und will jetzt in einer Resolution das Bekenntnis aller Ratsparteien, dass dem Schulbau alle anderen Interessen untergeordnet werden – etwa bei der Frage, wie freie Flächen bebaut werden. Das Problem ist, dass er das so ähnlich vergangenes Jahr auch schon gefordert hat. Nur ohne Resolution. Damals nannte er das „Pakt für Schule“. Klar ist: das reicht nicht. Die Leitlinie „Schulbau First“, von der er spricht, muss jetzt Chefinnensache werden. Oberbürgermeisterin Henriette Reker muss sich an die Spitze der Bewegung stellen und dafür sorgen, dass es diese Priorität endlich gibt. Mit schnellen, pragmatischen Lösungen. Denn bislang gibt es diese Priorität für den Schulbau trotz der Not nicht. Ein Beispiel: In dieser Stadt fehlen knapp 1000 Schulplätze an Gesamtschulen. Die nächste neue Gesamtschule wird erst 2027 in Ossendorf ihren Betrieb aufnehmen. Es gibt aber ein Grundstück für einen Interimsstandort, um früher zu beginnen. 2018 – also vor vier Jahren - hat der Rat einstimmig beschlossen, dieses Interim auf einer geeigneten Grünfläche in der Nähe des Neubaus zu errichten. Passiert ist nichts. Ein Veto des Grünflächen- und Umweltamtes reichte wohl, um das Projekt schon bei einer internen Ämterkonferenz zu begraben. So verkommt das Bekenntnis zur Priorität von Schulbau zum Lippenbekenntnis. Eigentlich dürfte in Köln kein Investor mehr eine Baugenehmigung für Wohnprojekte bekommen, wenn nicht sichergestellt ist, dass es für die dort wohnenden Kinder auch irgendwo ein Platz an einer Grund- und weiterführenden Schule gibt.
Bildung in Köln wird mangelhaft
In Sachen Mehrfachanmeldungen wird die Stadt – so ist zumindest zu hoffen – auf kurzem Draht zur Landesregierung erreichen können, dass das Landesgesetz geändert und Mehrfachanmeldungen im nächsten Jahr nicht mehr möglich sein werden. Nur löst das nicht das Grundproblem. So lange es in der stark wachsenden Stadt zu wenig Schulplätze gibt, wird weiter vielerorts gelost. Kinder mit Lospech werden weiter durch die halbe Stadt zu ihrer Schule fahren müssen. Und die unter immer mehr Mehrklassen ächzenden völlig überfüllten Schulen werden den Kölner Kindern nur sehr eingeschränkt Biologie-, Chemie- und Physikunterricht in Fachräumen anbieten können. Kurz: die Qualität der Bildung in Köln wird mangelhaft. Angemessene Schulplätze für alle Kinder zu schaffen, ist aber kein Luxus, sondern eine der wenigen kommunalen Pflichtaufgaben. Wenn Köln nicht ganz schnell den Hebel umlegt, wird die Stadt bald als erste Kommune in Deutschland Beachtung finden, die es nicht mehr schafft, dieser Pflichtaufgabe nachzukommen.