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Kommentar zum Parteitag in KölnDie AfD gewähren lassen – aber nicht schweigend

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Das Maritim in Köln

Köln – Ist es undemokratisch, gegen den geplanten Bundesparteitag der AfD in Köln zu protestieren? Prominente Künstler aus dem Kölner Karneval tun das und lösen eine Welle der Zustimmung aus. Die Karnevalisten stören sich daran, dass die Partei im Herzen dieser Stadt tagt, und sie wenden sich vor allem gegen einen Mann, von dem die AfD sich nicht lösen kann oder will: Björn Höcke.

Wie kein anderer spielt der ehemalige Gymnasiallehrer, politisch in Thüringen aktiv, mit Klischees, die in der Nazi-Zeit wurzeln, und überschreitet immer wieder die Grenze des Erträglichen. Höcke buhlt unverhohlen um den rechtsextremen Rand. Auf klammheimliche Sympathie und offenes Einvernehmen setzt er mit Gesten, die an den Hitler-Gruß erinnern. Mit verächtlichen Sprüchen über die „dämliche Erinnerungskultur“ oder die Fremdlinge, die blonde deutsche Frauen bedrohten, setzt er auf antisemitisches und rassistisches Ressentiment.

Nicht alles was erlaut ist, ist auch erwünscht

Kalkül ist aber auch die Entscheidung der AfD für Köln als Tagungsort ihres Bundestreffens. Damit soll die düstere Erinnerung an die Silvesternacht 2015 beschworen werden. Köln als Kulisse und Katalysator für die Strategie gesellschaftlicher Spaltung und Zersetzung – das muss an das Selbstverständnis dieser Stadt rühren, wie es auch der Fall war, als Pegida sich in Köln breitmachen wollte.

Dompropst Norbert Feldhoff ließ seinerzeit die Dombeleuchtung ausschalten. Die Kathedrale hielt somit nicht als Hintergrund für den Pegida-Aufzug her. Denn auch das ist Demokratie: zu zeigen, dass nicht alles, was erlaubt ist, auch gewünscht ist.

Die AfD ist eine zugelassene Partei. Im Landtag von Sachsen-Anhalt stellt sie die größte Fraktion nach der CDU, und sie wird wohl auch im nächsten Bundestag vertreten sein. Ihre Exponenten berufen sich permanent auf ein Recht, das sie ihren Kritikern häufig am liebsten absprächen: das Recht auf freie Rede und Meinungsäußerung. Meinungsfreiheit ist in der Tat eines der höchsten Güter der freiheitlichen, rechtsstaatlichen Ordnung. Die AfD-Vizevorsitzende Beatrix von Storch strapaziert es beständig und bis aufs Äußerste.

Recht auf freie Meinungsäußerung als höchtes Gut

Sie nennt die Kölner Kritiker ihrer Partei jetzt „antidemokratische Gutmenschenfanatiker“. Vor geraumer Zeit verglich sie die AfD mit dem Widerstand der „Weißen Rose“ im Dritten Reich und hatte bekanntermaßen kein Problem damit, öffentlich über ein Grenzregime mit Schüssen auf Frauen und Kinder zu sinnieren. Von Höckes unsäglichen Einlassungen zur jüngeren deutschen Geschichte ganz zu schweigen.

Das Recht auf eine freie Meinung gilt aber auch für Menschen, die nicht wollen, dass Köln nicht mit den Höckes und von Storchs dieser Welt in Verbindung gebracht wird. Es gilt für Künstler wie „Brings“, die „Paveier“, Bernd Stelter oder Henning Krautmacher, denen unwohl wird beim Gedanken an eigene Auftritte im Kölner Hotel „Maritim“ als dem Ort, wo Höcke und von Storch gedanklich zündeln und braunes Gedankengut unters Volk bringen wollen. Auch das darf man – in den Grenzen des Rechts. Deshalb sind Morddrohungen gegen Mitarbeiter des „Maritim“ eine Ungeheuerlichkeit, die nichts mehr mit Protest zu tun hat.

Die Freiheit einer Gesellschaft bemisst sich daran, wie frei Andersdenkende sind und ihre Meinung äußern dürfen. Sie endet indes dort, wo falsch verstandene Toleranz zur Preisgabe von Grundwerten und zur Selbstabschaffung der Freiheit führen würde. Um das zu erkennen, müssen wir auch hier nur auf die eigene Geschichte schauen. Die Nazis vernichteten die Freiheit, die es ihnen ermöglicht hatte, groß zu werden.

Man muss vieles ertragen, was die schrillen Exponenten der AfD den Menschen zumuten. Niemand aber kann verlangen, es gleichsam achselzuckend abzutun oder stillschweigend hinzunehmen.

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