Der 22-Jährige kommt aus einer evangelischen Familie und sagt dennoch: „Ich bin Katholik.“ Inzwischen ist er auch offiziell auf dem Weg dahin. Von einem jungen Mann, für den der Kölner Dom Heimat ist.
Heimatgefühle im DomFelix Danscheid verbringt jedes Weihnachten singend im Chor
Wo bist du an Heiligabend? Die Antwort ist oft die gleiche wie auf die Frage: Wo bist du zuhause, was ist für dich Heimat? Felix Danscheid verbringt die gefühlsbetonten, für manche Menschen auch -beladenen Stunden am 24. Dezember zu großen Teilen im Kölner Dom. Und das schon sein halbes Leben lang. Mit zehn kam der 22-Jährige, der heute an der Uni Köln Sozialwissenschaften studiert, in den Domchor. Über einen Freund war er zwei Jahre zuvor zunächst zum sogenannten Vorchor der Dommusik gestoßen. An der Liebfrauenschule des Erzbistums in Köln-Lindenthal besuchte Danscheid später die „Musikprofilklasse“.
Also ja: „Der Dom ist für mich der Inbegriff von Heimat. Auch, weil ich schon so lange im Chor bin. Ein Weihnachten ohne – das kann ich mir kaum mehr vorstellen: so schöner Gesang an einem so schönen Ort.“ Danscheids Tagesablauf an Heiligabend ist seit Jahren klar geregelt: Um 13 ist Einsingen fürs Konzert „Wir warten aufs Christkind“. Der anderthalbstündige Auftritt in der Kölner Philharmonie beginnt um 15 Uhr. Danach Zeit mit der Familie, bevor es nachts zur Christmette geht. Zum Einsingen muss Danscheid bereits eine Stunde vorher, um 22.30 Uhr, im Dom sein.
Am Weihnachtsmorgen geht es früh weiter: 8.45 Uhr Einsingen fürs Pontifikalamt um 10 Uhr, nachmittags um 17.30 folgt dann noch die feierliche Vesper. Gerade weil er so eingebunden ist in die Liturgie, habe er einen besonderen Bezug zu Weihnachten, aber auch den anderen christlichen Festen. „Ich erlebe das Ganze besonders dicht.“
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Im Lauf der Jahre hat Danscheid im Chor mehrmals die Stimmlage gewechselt. Es liege ein besonderer Reiz darin, „die Stücke, die ich schon kenne und als Knabensopran gelernt hat, jetzt als Tenor oder gar als Bass zu singen.“ Fehlt nur der Alt, dann hätte Danscheid den vierstimmigen Satz komplett durch.
Für den „Adventskalender“ hat Danscheid als seinen Lieblingsplatz im Dom nicht etwa das Chorpodest rechts im Seitenschiff ausgesucht, sondern den nördlichen Teil des Chorumgangs. Dort, ganz in der Nähe zur Sakristei, stellen sich die Sänger und Sängerinnen vor dem Gottesdienst zum großen Einzug auf. Für Danscheid ist das ein Moment des Innehaltens. Er mag diesen Ort im Dom auch deshalb, weil er nur halb so hoch ist wie der Mittelteil von Chor, Langhaus und Querhäusern mit ihren 43 Metern Gewölbehöhe. Der Chorumgang bringt alles ein bisschen mehr auf menschliches Maß.
Danscheid kommt aus einer evangelischen Familie, ist als Jugendlicher zur Konfirmation gegangen. „Trotzdem würde ich ganz klar sagen: Ich bin Katholik.“ Und inzwischen ist er auch offiziell auf dem Weg dahin. Das Verfahren für den Übertritt in die katholische Kirche läuft. „Ich singe im Dom, weil es mir Spaß macht. Aber ein bisschen bin ich auch Überzeugungstäter.“
Viele sähen die katholische Kirche heute sehr kritisch, gingen auf Distanz, sagt Danscheid. „Da halte ich ein bisschen dagegen. Die Gemeinschaft der Kirche gehört zum Glauben. Christ sein, ohne in der Kirche zu sein – das geht für mich nicht.“ Skandale wie der um sexualisierte Gewalt in der Kirche seien ihm keineswegs egal, beteuert Danscheid. „Ich kann und will das nicht wegdrücken, als hätte man nichts damit zu tun. Gerade als Jugendlichen beschleicht einen schon der Gedanke‚ ‚das hätte ja auch mir passieren können‘.“
Unter den Sängerinnen und Sängern sei der Missbrauchsskandal ein Dauerthema, zumal auch Chöre betroffen waren. Prominentester Fall: die Regensburger Domspatzen. Aber mittlerweile, fährt Danscheid fort, habe sich doch viel getan in der Kirche. Er verweist auf jährliche Präventionsschulungen für alle Chormitglieder. Solche Maßnahmen finde er gut.
Seine Grundüberzeugungen, seine Verbundenheit mit der Institution Kirche, sein Glaube würden von alledem am Ende nicht vollständig überlagert. Wenn er im Dom sei, habe er jedenfalls nie ein mulmiges Gefühl. „Ich komme immer gerne hier hin.“