Das „Geisterhaus“ an der Aachener Straße soll in eine Wohn- und Begegnungsstätte umgewandelt werden. Dafür sucht die Stadt das beste Konzept.
Marode und verlassen„Geisterhaus“ an Aachener Straße wird neu vergeben – erster Anlauf scheiterte
Das Haus an der Aachener Straße 43 gehört zu den prominentesten „Geisterhäusern“ der Stadt. Ursprünglich war es aber das Domizil des jüdischen Waisenhauses. Später war das griechische Mädcheninternat dort beheimatet. Es zog bereits vor Jahren aus. Seitdem steht das Gebäude leer. Es bietet allerdings einigen Platz, um wohnungssuchenden Menschen in der Stadt mit einer Unterkunft zu versorgen. Der Leerstand sorgte somit immer wieder für Diskussionen.
Die Verwaltung hatte vor drei Jahren bereits Pläne geschmiedet: Das Gebäude soll in eine Wohn- und Begegnungsstätte umgewandelt werden. Doch nichts geschah. Im Oktober vergangenen Jahres befragte die Bezirksvertretung Lindenthal die Verwaltung zum Thema und beauftragte sie per Beschluss, endlich dafür zu sorgen, dass es genutzt wird.
Vergabeverfahren für „Geisterhaus“ an Aachener Straße
Das hat die Stadt nun getan und bietet die Immobilie an der Aachener Straße im Rahmen eines Konzeptvergabeverfahrens zur Nutzung an. Vereine, Organisationen, Initiativen oder Unternehmer können sich bis zum 1. August dafür bewerben. Den Zuschlag erhält in diesem Verfahren nicht der- oder diejenige, der den höchsten Betrag dafür bietet, sondern der Bewerber oder die Bewerberin, der oder die das beste Konzept vorlegt. Die Stadt überträgt dann nicht das Eigentum an dem Grundstück, sondern vergibt ein Erbbaurecht daran.
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Die vorgelegten Konzepte müssen folgende Bedingungen erfüllen: Sie müssen geförderte Wohnungen für Studierende vorsehen, genauso wie eine Nutzung für soziokulturelle Zwecke. Damit möchte die Stadtverwaltung der besonderen Historie des Hauses Rechnung tragen. Demnach sollen ergänzend zu den Wohnungen auch eine Begegnungsstätte und möglicherweise andere Einrichtungen entstehen, die der Verständigung zwischen den Kulturen und Religionen dienen und die an die Geschichte des Ortes erinnern.
Der erste Anlauf, das Gebäude einer derartigen Nutzung zuzuführen, scheitere laut Auskunft der Stadt, weil der Investor, den sie dafür gefunden hatte, sein Interesse zurückzog. Somit fristete das ehemalige Waisenhaus und Schulgebäude einige weitere Jahre sein Dasein als „Geisterhaus“. Marode und verlassen symbolisiert es das Schicksal der Menschen, für die es einst gedacht war:
Das jüdische Waisenhaus wurde bereits im Jahr 1876 von dem Rabbiner Abraham Frank gegründet. In dem Heim sollten Voll- und Halbwaisen aus jüdischen Familien ein neues Zuhause finden, die zur Synagogen-Gemeinde in Köln gehörten oder aus der Umgebung kamen. Während der aufflammenden Verfolgung jüdischer Mitbürger in den 30er-Jahren wurden im Abraham-Frank-Haus dann auch Kurse angeboten, um Jugendliche und junge Erwachsene auf eine Auswanderung vorzubereiten. Die elternlosen Kinder, die keine Chance hatten, ins Ausland zu fliehen, blieben allerdings dort.
Im Frühjahr 1941 wurde das Heim aufgelöst und die verbliebenen Kinder und Betreuer in die Ghettohäuser Cäcilienstraße und St.-Apern-Straße gebracht. Die in Köln gebliebenen Heimbewohner wurden im Juli 1942 mit 1000 anderen Kölnern jüdischen Glaubens, darunter 335 Kinder und Jugendliche, nach Minsk deportiert und vier Tage nach ihrer Ankunft erschossen. Die ehemalige Leiterin des Kinderheims, Therese Wallach, muss das Verschwinden ihrer ehemaligen Schützlinge miterlebt haben. Sie nahm sich – vor ihrer eigenen Deportation im Internierungslager Fort V Müngersdorf – am 18. Oktober 1942 das Leben.
Nun wird das ehemalige Waisenhaus in einiger Zeit wieder jungen Menschen als Wohnort dienen – und dort künftig auch an die ehemaligen Bewohner erinnert werden.
„Geisterhaus“ Aachener Straße 443 Mehr Informationen zum Erbbaurecht in Köln-Braunsfeld: https://www.stadt-koeln.de/leben-in-koeln/planen-bauen/grundstueck-immobilien/erbbaurecht-koeln-braunsfeld-aachener-strasse-443