Der Testlauf zum erweiterten Anwohnerschutzkonzept rundum das Stadion startete am Samstag. Zwei Aufpasser berichten am Kölner Weg.
Bei Spielen des 1. FC KölnAufpasser verweigern Fahrern Parkplätze in Junkersdorf
Dicht an dicht stehen die Autos am Samstagvormittag zeitweise auf dem Kölner Weg in Junkersdorf hintereinander. Es ist Heimspieltag für den 1. FC Köln und die sonst eher ruhige Verkehrsachse südwestlich des Rhein-Energie-Stadions gleicht stoßweise einer Hauptstraße in der Rushhour. Immer wieder versuchen Pkw in die kleineren Stichstraßen links und rechts des Kölner Wegs in das Wohngebiet abzubiegen – die meisten von ihnen sind Fans, die ihr Auto möglichst nah am Stadion abstellen wollen.
Aber längst nicht allen ist dieses Vorhaben gestattet, denn bereits seit Jahren existiert das Anwohnerschutzkonzept der Stadt Köln und des Vereins, das zum Ziel hat, die Bereiche im direkten Umfeld des Stadions vor einer Flut der Besucher zu bewahren und damit die Ruhe in den Wohnvierteln zu garantieren. Nach einem Beschluss der Bezirksvertretung Lindenthal ist dieses Konzept nun durch weitere Durchfahrtsverbote ausgeweitet worden und umfasst für einen ersten Testlauf an diesem letzten Januar-Samstag zusätzliche Straßen und Zonen im Stadionumfeld.
Demnach sind die Absperrungen und Zufahrtskontrollen in sieben Zonen rund um das Stadion eingeteilt: von Alt-Müngersdorf, über das Stadtwaldviertel, das Malerviertel sowie den östlichen Militärring bis hin zu Junkersdorf-Mitte (wir berichteten).
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Anwohnerschutzkonzept bei FC-Heimspielen: Aufpasser winken nur Anwohner durch
Devran und Mohammed sind zwei von zahlreichen Aufpassern, die für eine Firma im Auftrag der Stadt bei Heimspielen im Einsatz sind. Sie halten jene ab, die versuchen, einen Parkplatz in bester Lage in den Wohnvierteln zu ergattern. Mit gelben Warnwesten ausgestattet, fordern sie alle Fahrerinnen und Fahrer höflich dazu auf, ihnen ihre Durchfahrtsgenehmigung für Anwohner zu zeigen. Erst dann winken sie sie durch.
Neben diesem personellen Aufwand werden auch mobile Poller eingesetzt. Zur Entlastung gibt es große ausgewiesene Parkflächen etwa entlang der Aachener Straße. Mit Shuttle-Bussen und Zusatz-Bahnen der KVB soll der Ansturm von Menschen bei den zahlreichen Veranstaltungen im Stadion geregelt und aufgefangen werden.
Mehr Schutz für Anwohner? Manche zweifeln am Konzept
Bereits drei Stunden vor Anpfiff stehen die beiden 19 Jahre alten Männer hier und bleiben stets freundlich: „Guten Tag, sind Sie Anwohner? Für alle anderen ist der Durchgangsverkehr hier heute gesperrt“, erklärt Devran einem Mann am Steuer eines weißen Autos mit Saarländer Kennzeichen. Kurzes Gespräch, der Mann grüßt und fährt weiter. „Hier war der Fall klar“, so Mohammed, „Fans des SV Elversberg“, an diesem Tag die Gegner des FC.
Bisweilen erfinden die Leute Geschichten, so der junge Mann, etwa „eine Wohnungsbesichtigung, die genau hier stattfindet, oder der Besuch von engen Freunden“, sagt Devran. „Wir haben nach so einigen Einsätzen hier ganz gut im Blick, wer wie einzuordnen ist“, ergänzt Mohammed.
Wenige hundert Meter weiter, im Falkenweg, bringt Anwohner Mario gerade einen Müllsack zur Tonne an der Straße. „An Tagen wie heute ist es mitunter strapaziös für uns“, sagt er. Er wohnt seit 15 Jahren hier.„Einkäufe mit dem Auto an den Veranstaltungstagen sind keine gute Idee“, weiß er aus Erfahrung.
Mario begrüßt die Initiative zu mehr Rücksicht und freien Parkflächen für die Menschen aus der Nachbarschaft, blicke mittlerweile aber auch entspannt auf die Lage. „Wer in die Nähe des Airports zieht, darf sich hinterher nicht über den Flugverkehr beschweren.“ Mit den Fußballfans an Heimspieltagen klappe aber auch alles besser, als mit Gästen von auswärts, die etwa für Konzerte im Stadion anreisten und sich „meistens viel weniger gut mit den Straßen und der Parksituation auskennen“, so der Anwohner.
Ähnlich sieht das auch Michael Schmitz aus Bocklemünd. Er ist FC-Fan und seit 1973 regelmäßig bei den Spielen des FC dabei. Gerade ist er mit zwei Begleitern ausgestiegen und hat sein Auto in einer Hauseinfahrt in der Frankenstraße abgestellt. Sie gehört in die ausgeweitete Sperrzone, die das Gebiet Am Römerhof, zwischen Aachener Straße und Junkersdorfer Straße/Kölner Weg, umfasst.
Nach Anpfiff der Partie werden die mobilen Poller zurückgebaut
Obwohl seit 10 Uhr das Durchfahrtsverbot gilt, konnte er ungehindert anreisen: „Seit inzwischen 15 Jahren besteht hier eine feste Parkplatz-Fanfreundschaft zwischen mir und Peter, der hier wohnt“, sagt der 62-Jährige. Man helfe sich gegenseitig und brauche „den ganzen unnötigen Wirbel mit Absperrungen hier“ eigentlich gar nicht, findet er. „Das kostet Geld, irritiert und hilft kaum weiter“, sagt Schmitz.
Es ist fast 12 Uhr. Man hört schon erste Gesänge: Die Männer verabschieden sich und machen sich mit dem Strom FC-Schals behängter Menschen auf den etwa fünfminütigen Fußweg bis zum Stadion.
Bis 13 Uhr müssen auch Devran und Mohammed am Kölner Weg noch die Stellung halten, dann haben sie Feierabend. Denn mit Veranstaltungsbeginn werden die Sperren in allen Zonen wieder aufgehoben. Ob das Anwohnerschutzkonzept aufgeht, mögen die beiden 19-Jährigen trotz ihrer Erfahrungen vor Ort nicht bewerten. Sie machen den Job gern, verdienen damit Geld und mögen den Kontakt mit den Leuten, sagen beide. Zu unschönen Szenen oder Streit sei es noch nie gekommen.
Kurz nach Anpfiff der Partie bauen sie die Absperrungen zurück. Ob das erweiterte Anwohnerschutzkonzept nach einer Eingewöhnungsphase von mindestens sechs Monaten bestehen bleibt, will die Stadt anschließend mit Verkehrserhebungen des ruhenden Verkehrs bewerten. Möglich ist demnach auch die dauerhafte Einrichtung der Sperrungen.