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Letztes Haus vor der StadtgrenzeWarum Ehepaar Blum an den Rand von Köln gezogen ist

Lesezeit 5 Minuten

Das Haus des Ehepaars

Köln – Bauernhofidylle. Weiß getünchte Gemäuer leuchten in der Sommersonne. Es riecht nach getrocknetem Gras. Ein wenig Romantik bestimmt die Atmosphäre, aber auch viel Pragmatik. Landmaschinen parken im Innenhof. Noch bewirtschaftet ein Bauer die umliegenden Felder. Das Gebäudeensemble gehört zu einem altem Gutshof, der ein paar Kilometer entfernt in Lövenich liegt. Es wurde in den 60er Jahren gebaut.

Der Inhaber hat den Betrieb mittlerweile verkleinert und einen Teil als Wohngebäude vermietet. Dort sind Sabine und Uwe Blum zu Hause. Als sie vor vier Jahren eine neue Bleibe suchten, stand eines für sie fest: Sie sollte sich auf jeden Fall in Köln befinden. Das Paar hat es geschafft – gerade eben noch. Das Gehöft, auf dem sie heute wohnen, befindet sich ganz am Rand von Lövenich, wenige Hundert Meter westwärts beginnt der Ort, zu dem sie führt.

Der Zufall hat die Blums an die Brauweiler Straße Hausnummer 200 verschlagen. „Ich kenne den Hofbesitzer“, sagt Uwe Blum. „Hier in dem Wohnhaus stand ein Mieterwechsel an. Da habe ich gedacht, das ist doch genau das richtige für uns.“

Alles zum Thema Bonner Straße (Köln)

Flucht an den Stadtrand

Es gab eine Zeit, da konnte sich das Paar nicht vorstellen, wegzuziehen von der lebendigen Bonner Straße. In der Altbauwohnung mit den hohen Decken wurden ihre beiden Kinder groß, wuselte der Hund umher. Die Nachbarn waren Freunde. Die Südstadt war wenige Minuten entfernt.

Sabine und Uwe Blum

Doch als die Hausgemeinschaft sich auflöste, weil einige Parteien auszogen, die Tochter und der Sohn das Haus verlassen hatten und der Hund gestorben war, wurde es ruhig in der Wohnung – und vor der Tür immer lauter. „An der Bonner Straße wurde eine Busspur gebaut. Sie wurde zu einer fünfspurigen Einfallstraße.“ Aus der grünen Verkehrsachse wurde eine Baustelle. „Bei Abrissarbeiten wackelte unser Geschirr in den Schränken“, erinnert sich Sabine Blum. Also flohen sie an den Stadtrand.

Wohnen „ab vom Schuss“

Das Wohnen „ab vom Schuss“ sind sie bereits gewohnt. Uwe und Sabine Blum stammen aus einem kleinen Ort im Sauerland. Sie lernten sich in der Schule kennen. 1985 zogen sie nach Köln. Er arbeitete hier als Verwaltungsangestellter, sie als Altenpflegerin. „Durch die Herzlichkeit der Menschen haben wir uns in Köln sofort willkommen gefühlt“, sagen sie.

In gewisser Hinsicht waren sie allerdings auch im Kölner Süden „außen vor“. „Streng genommen zählte unser Haus zu Marienburg“, so Sabine Blum. Doch als sie vor der Taufe ihrer Tochter ein Gespräch mit dem Pfarrer der Marienburger Gemeinde vereinbart hatten und ihm ihre Adresse nannten, antwortete er: „Ach so, sie wohnen jenseits.“ Das Paar verstand: „Wir gehörten nicht zu dem Bezirk der Reichen und Schönen“, sagt Sabine Blum und lacht.

„Hier gibt es kein Parkplatzproblem“

Außerhalb zu leben, das kennen sie also schon. Doch Freundschaften schlossen sie in Köln viele. Allein schon durch die Mitgliedschaft in der International Police Association (IPA), der internationalen Berufsvereinigung von Polizeibediensteten, in der nicht nur Polizisten, sondern auch ihnen nahestehende Verwaltungsangestellte Mitglied sind. Oft waren die Blums in der Südstadt unterwegs.

Und jetzt? Wie lebt es sich am Kölner Randkanal, wo sich Hase und Igel gute Nacht sagen? „Sehr gut“, sagt Sabine Blum. „Hier gibt es kein Parkplatzproblem. Ich liebe es, mich im Winter mit einer dicken Wolldecke und einem Tee auf die Terrasse zu setzen.“ Das Paar hat einen Garten und knapp 140 Quadratmeter Platz im Haus.

Es genießt die Ruhe, die nachts zur gespenstischen Stille wird, mit ebenso unheimlichen Geräuschen. Kürzlich hat ein Raubtier vor ihrem Schlafzimmerfenster Beute gemacht. „Das war ein Schrei wie aus einem Edgar-Wallace-Film“, sagt Sabine Blum.

Äpfel und Kirchbäume im Garten

Sie mag die tierischen Nachbarn. „Es gibt hier Fledermäuse. Wir hatten schon eine Igelfamilie im Garten.“ Ein Rotkehlchen brütete im Gewächshaus und machte es sich auch einmal auf dem Gästebett im Haus gemütlich. Von der Nachbarin hat sie sich Tipps geben lassen, wie man Tomaten und anderes Gemüse pflanzt. Vor dem Haus hat das Paar Bäume gesetzt.

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„Drei Apfelbäume und einen Kirschbaum, für jedes Kind und jeden Enkel einen“, sagt Uwe Blum. Einsam fühlen sie sich nicht. „Wir können ja immer noch in die Südstadt fahren.“ Auch in Lövenich sind sie mittlerweile gut vernetzt. Außerdem haben sie regelmäßig Gäste. „Wir fahren nicht in ferne Länder. Wir holen uns fremde Kulturen ins Haus“, sagt Uwe Blum. Die Praktikantin aus Frankreich, der Sprachschüler aus Mexiko, die Schauspielschülerin aus der fremden Stadt.

Sabine kümmert sich stundenweise um Kinder

Sie alle wohnten schon bei den Blums zur Untermiete. Sabine, die mittlerweile erwerbsunfähig ist, kümmert sich stundenweise um Kinder, wenn die Eltern keine Zeit haben. Auch gerade schallt Lachen aus dem Haus. Sabine betreut ein behindertes Mädchen, das aus Haiti stammt und von einer Kölner Familie adoptiert wurde. Gemeinsames Pizzabacken steht noch auf dem Programm.

Sieht nicht aus wie Köln – ist es aber. Das fehlende Ortsausgangsschild (r.) macht die Orientierung nicht leichter.

Manchmal gehen sie mit den Kindern Eis essen – in Brauweiler. Abstecher dorthin sind aber die Ausnahme. Die Frage, ob man als Grenzbewohner nicht Identitätsprobleme bekommt, beantwortet Uwe Blum eindeutig: „Werfen sie doch einmal einen Blick auf die Hauswand neben der Eingangstür.“ Dort hängt, in Bronze gegossen, wie ein Ausrufezeichen das Kölner Stadtwappen. Es macht jedem Besucher sofort klar: „Hier wohnen Kölner.“