Vor dem Kölner Landgericht hat der Prozess gegen drei Männer begonnen. Die Angeklagten schweigen.
Schaden von 16,6 Millionen EuroBetrüger sollen an falschen Corona-Testzentren verdient haben
Der Schaden, von dem die Staatsanwaltschaft ausgeht, ist enorm: Rund 16,6 Millionen Euro soll eine Betrügerbande in Köln dadurch erschlichen haben, dass sie im vergangenen Jahr mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein in hunderttausenden Fällen erfundene Corona-Tests abrechnete. Am Freitag hat vor dem Kölner Landgericht der Prozess gegen drei Männer begonnen, die mit gesondert verfolgten Mittätern daran beteiligt gewesen sein sollen.
Hauptbeschuldigte sind zwei 33 und 32 Jahre alte Männer. Der Ältere wurde am 13. Dezember 2022 in Köln festgenommen, der andere, ein italienischer Staatsbürger, am selben Tag in Licata auf Sizilien. In Untersuchungshaft sitzt auch der dritte Angeklagte. Dem 35-Jährigen wird Beihilfe zu den Betrugstaten vorgeworfen. Im Ermittlungsverfahren hat er sich bereits umfassend eingelassen, anders als die beiden Hauptangeklagten. Zum Prozessbeginn schwiegen alle drei.
Die mutmaßlichen Täter sollen erschlichenes Geld auf mehrere Konten verteilt haben
Um den Betrug einzufädeln, wurden laut Anklage in Palermo Italiener als Strohmänner angeworben. Die Täter hätten sie einfliegen lassen, damit sie in Köln deutsche Konten eröffneten; außerdem hätten sie ihre Personalien dafür hergegeben, als Inhaber von Corona-Testzentren zu fungieren. Tatsächlich wurden diese Teststellen nie eingerichtet, sondern nur Briefkästen, um Post von Banken und vor allem von der KV Nordrhein empfangen zu können. Die Strohleute flogen nach kurzer Zeit zurück nach Sizilien.
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Auf diese Weise wurden neun Testzentren in Köln und eines in Langenfeld angemeldet, heißt es in der Anklage. In wenigen Monaten hätten die Betrüger rund 1, 9 Millionen Leistungen, die in Wirklichkeit nicht erbracht worden seien, über das Online-Portal der KV Nordrhein abgerechnet; das entspricht fast 21,5 Millionen Euro. Da es in einigen Fällen wegen Auszahlungssperren beim Versuch des Betrugs geblieben sei, belaufe sich die erschlichene Summe auf etwa 16,6 Millionen Euro, rechnet die Staatsanwaltschaft vor. Das Geld hätten die Täter gewaschen, indem sie es auf Konten von Baufirmen und Uhrenhändlern transferiert hätten.
Die Ermittlungen waren ins Rollen gekommen, nachdem Banken ungewöhnliche Kontobewegungen aufgefallen waren und Anzeige wegen des Verdachts der Geldwäsche erstattet hatten. Am Morgen des 13. Dezember 2022 durchsuchten Polizeikräfte Wohnungen in Köln und anderen nordrhein-westfälischen Städten sowie in Palermo; vier Haftbefehle wurden vollstreckt.
Bei der Pressekonferenz zum Ermittlungserfolg sagte Kölns Kripo-Chef Michael Esser: „Es hat uns erstaunt, dass man mit wenigen vorbereitenden Handlungen so viel Geld beiseite schaffen kann.“ Zum vergleichsweise unbürokratischen Verfahren der Anmeldung von Teststellen und der Abrechnung merkte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer an: „Der Staat hat in einer historischen Situation einen gewaltigen Vertrauensvorschuss geleistet, der von den Tätern ausgenutzt wurde.“
Im Rechtsgespräch, das die professionellen Prozessbeteiligten am Freitag führten, sagte Jürgen Graf, Verteidiger des italienischen Angeklagten, ihm schwebe eine Haftstrafe von maximal fünf Jahren vor und die Möglichkeit, sie im offenen Vollzug zu verbüßen. Als strafmildernd machte er geltend, die KV Nordrhein habe es den Tätern durch den Mangel an Kontrolle leicht gemacht. Sonst hätte sie zum Beispiel bemerken müssen, dass eine Testzentrum-Nummer doppelt vergeben und in einem Fall die Zahl der abgerechneten Tests unrealistisch hoch war. Hinzu komme, dass der Angeklagte niemandem persönliches Leid – so wie bei Trickbetrugstaten, denen Senioren zum Opfer fallen – zugefügt habe.
Martin Bücher, Anwalt des anderen Hauptbeschuldigten, kritisierte, vieles in der Anklage stimme nicht; von der „Staatsanwaltschaft zugrunde gelegte Sachverhalte“ müssten richtigstellt werden. Der Prozess wird am 21. August fortgesetzt.