Mülheim – Modern, digital und vor allem umweltfreundlich soll die Stegerwaldsiedlung nach der laufenden Sanierung werden, die noch bis 2018 durchgeführt wird. 16 Häuser mit 700 Wohnungen der Deutschen Wohnungsgesellschaft gehören zu dem Pilotversuch, der im Rahmen der Initiative „Grow Smarter“ in Köln, Barcelona und Stockholm durchgeführt wird.
Es geht vor allem darum, wie man in Wohngebäuden Energie und klimaschädliches Kohlendioxid einspart. Bei einem Rundgang im Rahmen der Reihe "Erklimadasmal", den die Stadt, Rhein-Energie und elf weitere Kooperationspartner begleitend zur Weltklimakonferenz durchführten, wurde zwei Dutzend Besuchern das energieoptimierte Viertel gezeigt.
Kern des Konzeptes ist die autonome Versorgung der Siedlung mit Strom und Wärmeenergie: "Die Siedlung soll im Wesentlichen sich selbst versorgen können", sagt Christian Remacly von der Rhein-Energie.
Künftig kommt die Energie von Photovoltaik-Anlagen und Wärmepumpen. Gut 5000 Quadratmeter Sonnenkollektoren werden bis 2018 auf den Dächern liegen, 41 Wärmepumpen sorgen für 576 Kilowatt Heizwärme. Reicht die Energie - etwa an kalten Wintertagen - einmal nicht aus, wird sie per Fernwärmeleitung aus dem Kraftwerk Niehl 3 nachgeliefert.
Zusätzlich werden die Gebäude mit einer 16 Zentimeter dicken Isolierschicht gedämmt. Auch zum Thema "Mobilität" haben sich die Planer einiges einfallen lassen: So gibt es Car-Sharing-Plätze, Aufladestationen für elektrisch betriebene Autos und Leihfahrräder der KVB. Und per App können die Anwohner das Angebot an freien Parkplätzen und Car-Sharing-Plätzen auf dem Handy abrufen. Das Projekt wird mit acht Millionen Euro von der EU gefördert.
Von den Maßnahmen versprechen sich Stadt und Rhein-Energie in der 60 Jahre alten Mülheimer Siedlung eine ökologische Trendwende: Die Kohlendioxid-Emissionen sollen um 60 Prozent verringert werden.
Damit würde die Stadt zumindest in der Stegerwaldsiedlung ihr Ziel erreichen, den CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990 um 50 Prozent zu vermindern - das hatte sie im Klimabündnis versprochen.
In einem anderen Vertrag, dem Bürgermeisterkonvent, hatte die Stadt sich verpflichtet, den CO2-Ausstoß um immerhin 20 Prozent zu reduzieren. Stadtweit liegt die Quote derzeit bei knapp 18 Prozent.
Nicht alle Mieter sind zufrieden mit dem Umwelt-Projekt: So beklagt etwa Rentner Willi Hennicke (80), der seit 30 Jahren in der Mülheimer Siedlung lebt, dass seine Miete im Zuge der energetischen Verbesserungen von 500 auf 710 Euro gestiegen sei.
Und Anwohnerin Roswitha Müller trauert ihrer alten Gasheizung hinterher: Damit sei es früher binnen zehn Minuten im Zimmer warm geworden. Die neue Heizanlage benötige dafür mindestens zwei Stunden. "Damit ich nicht friere, muss ich zusätzlich meine elektrische Heizung aufdrehen. Das hat mit smartem Heizen nichts mehr zu tun."