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Nachtleben im Kwartier Latäng„Die denken, sie können sich alles erlauben“

Lesezeit 3 Minuten
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Schlangen vor den Clubs, junge Menschen auf der Straße: Das Kölner Nachtleben ist zurück.

Köln-Innenstadt – Das anhaltend schöne Wetter treibt die Menschen raus ins Grüne. Doch sobald die Sonne untergeht, füllen sich die Straßen in Kölns Kwartier Latäng. Schlangen bilden sich, Sirenen heulen, Glas zerbricht – das Nachtleben ist laut und manchmal auch ungemütlich.

Kölner Barbetreiberin: „Das Geschäft lohnt sich wieder“

In den Clubs und Bars erzählen Geschäftsführer, Security-Männer und Barkeeper ähnliche Geschichten: Das Geschäft lohnt sich wieder. Denn das Publikum hat einen enormen Nachholbedarf.

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Laut einigen Wirten hat sich das Feierverhalten der Jugendlichen verändert.

Claudia Wecker, die Betriebsleiterin des Studentenclubs „Das Ding“ freut sich darüber, dass das Nachtleben in Köln sich nach einer langen Pause wieder normalisiert hat. Die Clubs waren insgesamt 20 Monate lang geschlossen, was zu hohen Verlusten im Geschäft führte. Jetzt gibt es wieder lange Schlangen von Studenten. „Obwohl wir uns im Kwartier Latäng befinden, wo es sehr viele Menschen gibt, die du als Betriebsleiter nicht so gerne in deinem Club sehen würdest, sind bei uns 90 Prozent der Menschen viel freundlicher und geduldiger geworden“, erzählt sie.

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Jugendliche trinken anders als vor der Pandemie

Stark verändert hat sich allerdings auch das Trinkverhalten nach der Corona-Krise. „Heutzutage kommen manche Studenten mit Rucksäcken voller Alkohol zu uns“, sagt sie. Sie werden sofort abgewiesen. Auch die Getränke-Präferenzen haben sich verschoben: „Im Lockdown hatten die Jugendlichen Zeit, neue alkoholische Getränke auszuprobieren“, sagt Wecker. Meistens werde zwar Kölsch verkauft, aber Longdrinks seien beliebter als früher.

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Junge Frauen feiern einen Junggesellenabschied im Kwartier Latäng.

Lea Engels, die im Schmelztiegel Kölsch zapft, ist seit vier Jahren angestellt und sieht die Entwicklung der letzten Monate ebenfalls positiv für die Clubs und Bars. Seit Karneval lohne es sich wieder. „Das war der Startschuss. Jetzt ist es hier bei uns zum Glück wieder wie vor Corona“, sagt sie.

Problemzone Zülpicher Straße: Mehr Türsteher als früher nötig

Der Sommeranfang sorge jedoch dafür, dass sich alles nach hinten verschiebe. Erst ab Mitternacht fülle sich der Schmelztiegel. An der Zülpicher Straße gehört auch Blaulicht zum Abend. Aus Sicherheitsgründen haben mehrere Bars und Clubs dort zusätzlich einen Security-Mann angestellt.

Said arbeitet als Taxifahrer in Köln. Oft übernimmt er die Nachtschicht. Bei ihm gibt es eine grundlegende Regel: „Sobald ich sehe, dass die Menschen so stark betrunken sind, dass sie sich nicht mehr auf der Straße benehmen können, nehme ich sie nicht mit“. Er berichtet darüber, dass sich das feiernde Publikum verändert hat. „Ein großer Teil kommt von außerhalb Kölns. Sie denken, dass sie sich alles erlauben können, wenn sie in einer fremden Stadt sind. Früher ist mir das nicht so aufgefallen“, sagt der Taxifahrer.

Aachener Weiher: Festivalähnliche Zustände

Tatsächlich ähnelt der Aachener Weiher einem Open-Air-Festival. Überall verteilt stehen kleine Gruppen um Musikboxen. Es läuft elektronische Musik, die meisten haben Bierflaschen in der Hand. Flaschensammler laufen herum.

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Die Studierenden bleiben zu großen Teilen hier, bis die Sonne untergeht und verteilen sich dann in die Bars und Clubs im Kwartier Latäng, dem Belgischen Viertel und Ehrenfeld. Aber ein DJ legt auch noch nachts weiter auf, hunderte tanzen zu seiner Musik. Letztes Jahr stand hier noch ein grelles Flutlicht, um solche Ansammlungen zu verhindern.

Kölner Clubbesitzer: Karneval war der Wendepunkt für die Jugend

Auch der Geschäftsführer der Roonburg, Paulo Soares, spricht von steigendem Alkoholkonsum. „Sie kommen früher zu uns, und gehen später“, sagt er. Karneval war seiner Meinung nach der Wendepunkt für die Jugend. Doch die Security-Leute müssen häufiger Gäste an der Tür abweisen, weil sie zu betrunken sind oder nicht zum Club passen.

Abgewiesene Gäste schrieben häufig schlechte Club-Bewertungen, was das Geschäft schädigt. Trotz allem ist er froh über die Rückkehr des Nachtlebens und hofft am Ende des Jahres, seinen gewöhnlichen Umsatz zu haben. „Wir rechnen aber mit drei Monaten weniger, um im Winter nicht enttäuscht zu werden.“