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Neue Kölner Gesundheitsamtsleiterin„Der Schwerpunkt in der Großstadt ist, den Drogenkonsum zu bewältigen“

Lesezeit 7 Minuten
Margot Denfeld ist Leiterin des Kölner Gesundheitsamts.

Margot Denfeld ist Leiterin des Kölner Gesundheitsamts.

Margot Denfeld leitet seit April das Gesundheitsamt. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit sind die Drogenkonsumräume.

Frau Denfeld, Sie sind nun seit vier Monaten im Amt. Wie haben Sie sich eingefunden?

Mein Start war sehr gut. Ich habe ein tolles Team, das sehr qualifiziert ist und mich herzlich willkommen geheißen hat. Ich kann mich auf alle jederzeit verlassen, insofern macht die Arbeit große Freude. Viele Aufgaben kenne ich aus meinen bisherigen Arbeitsbereichen. Dabei ist eine Großstadt natürlich nochmal eine ganz neue Herausforderung. Die Aufgaben sind sehr vielfältig. Bei der Europameisterschaft zum Beispiel haben wir uns um die Hygiene und den Infektionsschutz gekümmert und dabei unser neues Krisenmanagement erprobt. Im Sommer kümmern wir uns aktuell um den Hitzeschutz, richten gemeinsam mit Partnern wie der Rhein-Energie Trinkbrunnen ein und betreiben das Hitzetelefon. Auch die Schuleingangsuntersuchungen konnten in diesem Jahr wieder bei allen Kindern des Jahrgangs durchgeführt werden. Wir sehen, wo die Kinder in ihrer Entwicklung stehen und können Hilfsangebote unterbreiten.


Margot Denfeld, 55, leitet seit dem 1. April das Kölner Gesundheitsamt. Sie folgt auf Johannes Nießen, der seit dem Herbst die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) leitet. Denfeld leitete zuvor als Kreismedizinaldirektorin das Gesundheitsamt des Rhein-Erft-Kreises. Ihr Medizinstudium absolvierte sie in Köln. Sie hat drei Kinder und ist in der Region fest verwurzelt.

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Margot Denfeld leitete zuvor das Gesundheitsamt des Rhein-Erft-Kreises.

Margot Denfeld leitete zuvor das Gesundheitsamt des Rhein-Erft-Kreises.

Was reizt Sie daran, das Gesundheitsamt zu leiten – statt direkt mit Patienten zu arbeiten?

Es ist für mich eine vielfältige Art von Medizin, die mir sehr viel Freude macht. Ich habe nicht nur einen einzigen Menschen, den ich individuell therapiere, das bieten wir in unseren Sprechstunden an. Darüber hinaus arbeite ich in der Bevölkerungsmedizin am Rahmen, um die Gesamtversorgung der Menschen zu verbessern. Das ist eine tolle Aufgabe in einer Großstadt wie Köln. Wir haben auch die Verbindung zur Universität, die uns mit ihrem Institut für öffentliches Gesundheitswesen noch einmal voranbringen wird. Wir können viele Daten aus unserem Gesundheitsamt in die Versorgungsforschung einbringen. Das ist eine besondere Verbindung, die sich dem Gesundheitsamt in Köln bietet, und auch einer der Gründe war, warum ich mich beworben habe.

Denfeld spricht über Crack-Problematik in Köln

Was sind für Sie Schwerpunktthemen, die Sie in den nächsten Jahren setzen möchten?

Wir sind in einer Großstadt, und jede Großstadt hat ihre Schwerpunkte. Einer davon ist, den Drogenkonsum zu bewältigen. Wenn drogenkonsumierende Menschen obdachlos und wohnungslos sind, sehen wir da große humanitäre Probleme. Auf der anderen Seite kann ich jeden Menschen verstehen, der mit dem Konsum direkt vor seiner Haustür, dem Dreck, und manchmal auch dem Aggressionspotenzial überfordert ist. Ich habe großes Verständnis dafür, dass gesagt wird, dass die Stadt das unbedingt angehen muss. Wir haben in Köln schon ein ausdifferenziertes Hilfesystem, aber angesichts der Veränderungen beim Konsumverhalten, wollen wir das System noch weiter stärken. Wir haben da eine sehr große Aufgabe und können das nur mit den Anwohnerinnen und Anwohnern, den Gewerbetreibenden vor Ort, der Stadtgemeinschaft und der Stadtspitze zusammen angehen.

Sie blicken aus Ihrem Büro direkt auf den Neumarkt, einen der Hotspots des Drogenkonsums in der Stadt. Hat Sie die Omnipräsenz des Konsums überrascht?

Das Thema Drogenkonsum und Obdachlosigkeit ist schon lange da, aber wir sehen natürlich den Wandel in der Drogenszene. Vor allem die Zunahme an Crack-Konsum. Crack hat die Eigenschaft, dass der Effekt nur maximal ein paar Minuten lang anhält. Der Effekt von Heroin beispielsweise hält sehr viel länger an. Wer mehrfach am Tag Crack rauchen muss, hat die Problematik, auch das Geld zu verdienen, um den Konsum zu finanzieren. Insofern wundert es mich nicht, dass die Drogenkonsumenten an einem belebten Platz sind, wo sich auch viele andere Menschen aufhalten.

Stadt will Drogenkonsumraum in Kalk nicht selbst betreiben

Über lange Zeit war es für die Stadt schwer, genügend Personal für den Drogenkonsumraum zu finden. Wie sind Sie dort aktuell aufgestellt?

Wir können aktuell sehr gut arbeiten und öffnen an sechs Tagen in der Woche – an vier Tagen davon haben wir Öffnungszeiten von 8 Uhr bis 20 Uhr. Auch samstags können wir öffnen, nur der Sonntag ist noch geschlossen. Aber das ist schon ein sehr großes Angebot, das wir machen. Neben dem Drogenkonsumraum ist aber auch das Streetworking wichtig, was wir mit dem Sozialamt gemeinsam organisieren. Wir holen die Menschen da ab, wo es ganz schwierig ist, und schaffen es oft, sie dann an niederschwellige Kontaktstellen anzubinden.

Margot Denfeld legt in ihrer Arbeit Schwerpunkte auf soziale Medizin.

Margot Denfeld legt in ihrer Arbeit Schwerpunkte auf soziale Medizin.

Der Drogenkonsumraum ist nicht nur für den Konsum da, sondern auch ein Ort, an dem sich die Menschen säubern und zur Toilette gehen können – aber auch ein Ort, an dem die Menschen Kontakt zu Sozialarbeitenden oder anderen Klienten haben. Über den Kontakt können dann Wege gesucht werden, um weitere Hilfsangebote, wie eine Substitution oder sogar in eine Wohnung zu kommen. Mit der Substitution von Heroin auf Methadon oder Diamorphin sind für die Menschen ganz neue Wege möglich.

In Kalk befindet sich gerade ein weiterer Drogenkonsumraum im Aufbau, den will die Stadt aber nicht selbst betreiben. Warum?

Das Drogenhilfe-Konzept fußt darauf, dass wir viele Träger haben, die solche Aufgaben übernehmen können. Wir können uns auch hier in der Stadtgesellschaft sehr glücklich schätzen, dass es so viele unterschiedliche Träger aus der Wohlfahrtspflege gibt, dazu Vereine, bis ins Ehrenamt hinein. Die unterschiedlichen Angebote können so auf viele Schultern verteilt werden und wir gehen das Problem in der Gemeinschaft an.

Seit vergangenem Sommer gibt es das Projekt des „Anonymen Krankenscheins“ für Menschen ohne Krankenversicherung in Köln. Warum ist das aus Ihrer Sicht wichtig?

Ich bin sehr froh, dass ich ein Gesundheitsamt leite, das mit seiner Arbeit dort ansetzt, wo die Not am größten ist. Wir haben die Aufgabe, da tätig zu werden, wo die normalen Regelversorgungssysteme nicht greifen. Wir bieten zum einen eine Schwangerschaftsvorsorge für Frauen ohne Krankenversicherung an, dazu kommt der mobile medizinische Dienst, der zwölf Orte in der Stadt an unterschiedlichen Tagen anfährt. Der anonyme Krankenschein ist dazu eine erfolgreiche Ergänzung.

Wir haben im ersten Halbjahr 2024 schon 130 Menschen ohne Krankenversicherung über diesen anonymen Krankenschein behandeln können. Neben der ersten Grundversorgung im Gesundheitsamt oder der Malteser Medizin sind über den anonymen Krankenschein auch Facharztbesuche oder sogar Krankenhausbehandlungen möglich. 20 bis 30 Prozent der Menschen können wir über eine sozialrechtliche Beratung zurück ins System, also zurück in die gesetzliche Krankenversicherung, vermitteln. Teilweise ist dies nur durch die Gesundung über den anonymen Krankenschein möglich.

Das Projekt ist aktuell nur befristet finanziert, der städtische Haushalt ist knapp. Plädieren Sie trotzdem für eine Fortsetzung?

Wir können über die Erfolge berichten, das ist meine Aufgabe.

Die Stadt hat in den vergangenen Jahren viele Geflüchtete aufgenommen. Wie läuft deren Versorgung?

Wir bieten regelmäßige Sprechstunden an, bei denen wir sehen, wo die Not am größten ist. Dort werden die ersten Krankheiten versorgt und vor allem auch geimpft. Wir konnten in diesem Jahr schon 250 Kinder und Erwachsene in den Einrichtungen für geflüchtete Menschen impfen. Nach der ersten Grundversorgung kommen dann auch die psychischen Belastungen der Menschen hoch, auch dort sind wir gut aufgestellt.

Corona ist in Köln kein großes Problem mehr

Ihr Vorgänger im Amt, Johannes Nießen, ist zur Zeit der Corona-Pandemie überregional bekannt geworden. Wie haben Sie von außen darauf geblickt?

Schon als Amtsleiterin im Rhein-Erft-Kreis hatte ich viel mit Johannes Nießen zu tun. Die Leiter und Leiterinnen der Gesundheitsämter in der Region haben eng zusammengearbeitet, sei es bei der Kontaktnachverfolgung oder bei der Bewertung der Corona-Lage. Wir hatten einmal in der Woche Abstimmungen. Johannes Nießen hat dabei auch viel nach außen gewirkt und in den Medien viel erklärt, das fand ich sehr gut.

Was hat das Gesundheitsamt aus der Pandemie gelernt?

Infektionsmediziner wissen, dass es immer eine neue Pandemie geben kann. Wir haben Erkenntnisse gewonnen, die wir bei nächsten Herausforderungen anwenden können. Wir sind gut vorbereitet.

Wie stellt sich aktuell das Corona-Geschehen in Köln dar?

In den vergangenen sechs Wochen gab es einen Anstieg der Fälle, aktuell flacht das Geschehen aber wieder ab. Das sehen wir über das Abwassermonitoring, genaue Infektionszahlen gibt es nicht mehr, da auch weniger getestet wird. Das Wichtigste ist aber, dass wir keine Probleme auf den Intensivstationen der Krankenhäuser haben. Die Krankheitslast ist daher gut zu bewältigen, zu Corona kommt auch noch die übliche Sommergrippe hinzu. Wir befinden uns aber in einem normalen Infektionsgeschehen.