Die Ex-Dombaumeisterin hat sich an der Kölner U- und S-Bahn-Haltestelle Geldernstraße/Parkgürtel umgesehen.
KVB und S-BahnBarbara Schock-Werner besucht „Lost Place“ an Kölner Haltestelle
Nach meinem jüngsten Ortstermin am Hansaring, wo sich eine private Reinigungsfirma aus Riehl in Eigeninitiative der „Haltestelle des Grauens“ angenommen hat, haben mir viele Leserinnen und Leser von ihrem Ärger über den Zustand anderer Bahnstationen geschrieben.
Eindeutiger Spitzenreiter auf der nach oben offenen Gruselskala: die KVB- und S-Bahn-Haltestelle Geldernstraße/Parkgürtel. Also habe ich mich nach Nippes aufgemacht, um mir selbst ein Bild zu verschaffen.
In meinem Buch „Linienführung“ über die Kölner KVB-Haltestellen firmiert Geldernstraße/Parkgürtel als die „Haltestelle der starken Farben“. Das ist auch tatsächlich der vorherrschende Eindruck, was sowohl an den bunten Kacheln auf der Bahnsteigebene liegt als auch an den grellen Graffiti auf den Mauern entlang des Parkgürtels und des Mauenheimer Gürtels.
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Diese Sprayer-Kunst – erzählfreudig, detailreich, oft schrill und bisweilen düster - prägt tatsächlich das Bild. Mir hat das ehrlich gesagt ganz gut gefallen, weil die Umgebung insgesamt so trostlos ist: eine riesige Kreuzung, ein Gewirr von Zu- und Abwegen, ein unübersichtlicher Betonbau zwischen S- und U-Bahn-Ebene, Gleisanlagen, reichlich Gestrüpp – und sonst nichts.
Ein „Lost place“, ein verlorener Ort, so stand es in einer Mail an die Redaktion. Und das stimmt genau. Ich glaube, daher rührt ganz wesentlich das Unbehagen, das viele KVB- und S-Bahn-Nutzende an diesem seelenlosen Platz befällt, der in einer Mail sogar als „Angstraum“ bezeichnet wurde.
Die Haltestelle selbst ist nämlich nach meinem Eindruck keineswegs eine „failed station“. Alles im Leben ist relativ – und deshalb sage ich: Das kennen wir in Köln deutlich schlimmer. Am Tag meines Besuchs waren gleich mehrere Instandsetzungstrupps im Einsatz. Die Bahnsteige waren sauber, der Bereich der Rolltreppen – an den Putzstreifen erkennbar – von Reinigungskräften heimgesucht. Ich hatte da im Großen und Ganzen wenig zu meckern.
Natürlich gibt es Stellen, an denen etwas passieren müsste: Beschmierte Wände und Plakathalterungen gehörten dringend gereinigt, ebenso die funzeligen Deckenbeleuchtungen, defekte Leuchtkörper sollten ausgetauscht oder – noch besser – durch LEDs ersetzt werden. Bizarre Spinnwebengebilde, in denen sich Dreck verfangen hat, zeugen davon, dass da lange niemand mehr mit Besen oder Saugern gewesen sein kann. Die Abdeckungen der Leuchtstoffröhren sind teils kaputt oder fehlen ganz. Wenn hier mal etwas geschähe, würde die Anlage schon weit weniger vernachlässigt, abweisend und dunkel wirken.
Dann hinterlassen die offenbar unvermeidlichen Tauben natürlich auch an der Geldernstraße/Parkgürtel ihre ekligen Spuren. Dass vermeintliche Tierliebhaber hergehen und die Tauben blödsinnigerweise in der Haltestelle selbst mit Brotkrumen und Semmelbröseln füttern, dazu fällt mir wirklich nichts mehr ein – außer vielleicht wieder einmal Georg Kreisler, diesmal sein „Frühlingslied“ mit der unnachahmlich bösen Refrainzeile „Geh ma Tauben vergiften im Park“. Doch nein! Vergiften darf man Tauben natürlich nicht, aber füttern auf gar keinen Fall.
Ärgerlich ist, dass die schmalen Fensterbänder, die an zwei Stellen des terrassenartig gebauten Zwischengeschosses über die gesamte Breite laufen, so gut wie kein Tageslicht mehr hindurchlassen, weil alles von Gestrüpp überwuchert ist. Eine gute Idee der Architekten ist so komplett um ihren Sinn gebracht. Es fehlt hier an jeglicher Pflege des öffentlichen Grüns. Man das sieht von draußen sehr gut beim Blick auf den Inselbereich zwischen den Fahrstreifen des Parkgürtels. Dort sind nicht einmal die Hinweisschilder zu erkennen, die Autofahrern den Weg zum nahegelegenen Vinzenz-Krankenhaus zeigen sollen.
Das alles führt unweigerlich zu Kommentaren wie „heruntergekommen“, „hässlich“, „traurig“. Und ja, hier schließe ich mich den Leserinnen und Lesern unumwunden an. Vor allem, weil ich eine Ahnung habe, was nach diesen berechtigten Klagen passieren wird.