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Wegen einer SperrungDie Nibelungensiedlung in Köln-Mauenheim erstickt im Verkehr

Lesezeit 4 Minuten

Spätestens wenn ein Bus durchs Viertel fährt, kommt an Engpässen in der Nibelungensiedlung alles zum Erliegen.

  1. – Abhilfe ist schwierig –Anwohner hoffen auf stärkere Unterstützung durch die Polizei

Köln-Mauenheim – Jeden Tag ist nach wie vor das gleiche Spiel in der Nibelungensiedlung zu beobachten. Stoßstange an Stoßstange wälzt sich der Berufsverkehr zu den Hauptverkehrszeiten morgens und nachmittags durch die kleine Siedlung mit ihren engen Anliegerstraßen, mit ihren vielen Familien und Senioren. Vor allem an der Kreuzung Neue Kempener Straße/Nibelungenstraße, an der der weitaus größte Teil des Durchgangsverkehrs abbiegt, wird es eng: Kolonnen von Autos stauen sich vor den kleinen Fahrbahn-Einengungen.

Vertreten sind Kennzeichen aus dem kompletten Umland: Rhein-Berg, Rhein-Erft, Düren, Leverkusen, Neuss, Oberberg, Bonn – sowie auch Duisburg, Wiesbaden und Soest. Dann muss an den Einengungen sogar rangiert werden; und im weiteren Verlauf der schmalen Nibelungenstraße lenken Autofahrer ihr Vehikel sogar auf die Bürgersteige, damit sie am Gegenverkehr vorbeirollen können, und gefährden so die Fußgänger.

Fährt gerade ein Bus der Linie 140 von den Kölner Verkehrs-Betrieben (KVB) durchs Viertel, ist das Chaos komplett – dann geht für einen Moment lang überhaupt nichts mehr. Bei manchem Nachbarn liegen längst die Nerven blank. Einige haben Plakate in ihre Gärten und an die Verkehrsschilder gehängt. „Tempo 30 bitte, hier leben Kinder!“ ist etwa zu lesen. Oder: „Sind Sie wirklich Anlieger?“ fragt ein Schild an der Einfahrt von der Merheimer in die Bergstraße.

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Auch Radler haben Probleme, im Veedel voranzukommen (l.). Schon vor Wochen gab es eine Fahrrad-Demo.

Die Haupt-Ursache dieses Zustands: Seit April ist der rund 400 Meter lange Abschnitt der Schmiedegasse in Höhe des Nordfriedhofs wegen einer Kanalsanierung mit Kabelverlegung gesperrt; noch bis Mai 2019 sollen die Bauarbeiten andauern. Rund 4000 Autos, die hier pro Tag zwischen Mauenheim und Weidenpesch entlang fahren, müssen sich neue Wege suchen. Ein Großteil wählt den Weg durchs Mauenheimer Wohngebiet – obwohl, im gleichen Zug zur Sanierung, das Amt für Straßen und Verkehrsentwicklung „Durchfahrt verboten, Anlieger frei“-Schilder an den Einfahrten zur Siedlung aufgestellt hat. Vorher galt es nur für Lastwagen.

Verbot wird ignoriert

Doch das Verbot für Ortsfremde wird, wie die Beobachtungen ganz klar ergeben, massenhaft ignoriert. Den Anliegern reicht es nun. „Die Polizei fährt hier spazieren, misst aber nichts und kontrolliert nichts“, so ihr Eindruck. „Anstatt das Verbot für Ortsfremde zu kontrollieren, fahren sie in der Autoschlange mit und nichts geschieht.“ Man fühle sich fast wie an einer Autobahn. „Der Siegfriedhof könnte ja neu aufmachen als »Autobahnrasthof Nibelungen«“, meint die Runde der Anwohner sarkastisch. „Sogar einen Transporter mit acht aufgeladenen Autos habe ich hier gestern durchfahren sehen“, ergänzt Najib Ramz, auch Mitglied im Vorstand von „Für Nippes“.

„Kinder und ältere Menschen trauen sich schon lange nicht mehr ohne weiteres über die Straße.“ „Wir haben den Kaffee auf!“ klagt Dorothee Stein. „Die Wohn- und Lebensqualität ist hier erledigt.“

Ralph Bickel, ein Anwohner der Neuen Kempener Straße, fiel die Häufung von Fahrschul-Autos auf, die das Viertel durchqueren; eine der Fahrschulen habe er darauf angesprochen. „Sie meinten dann, die Straße durch unsere Siedlung liegt auf unserer Prüfungsstrecke“, erzählt er. „Also werden unsere Fahrschüler falsch ausgebildet – weil sie lernen, Durchfahrtsverbote zu missachten.“

Schon vor Wochen gab es eine Fahrrad-Demo.

Was zusätzlich Verwirrung stiftet, ist eine etwas missverständliche Umleitungs-Beschilderung: Auf der Merheimer Straße, dem Mauenheimer Gürtel, der Longericher Straße und am Bahndamm-Tunnel weisen Umleitungs-Schilder in Fahrtrichtung der Siedlung. Das mag ganz formal zwar richtig sein – wenn man von der Mauenheimer Seite der Schmiedegasse zu einer Adresse auf der Weidenpescher Seite will (oder umgekehrt), gibt die Route an, wie die Sperrung der Nordfriedhofs-Durchfahrt legal zu umfahren ist.

„Wir haben unsere Kontrollen in der Siedlung nicht statistisch erfasst“, erläutert Polizei-Pressesprecher Axel Fassbender auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Auch zur Anzahl der Verstöße liegt uns nichts vor, da wir diese direkt zur Bearbeitung an die Stadt weiterleiten oder das Verwarnungsgeld vor Ort kassieren, damit ist der Fall dann abgeschlossen. Es handelt sich ja nicht um Straftaten, sondern um Ordnungswidrigkeiten.“ Es gebe mehrere Punkte in der Nibelungensiedlung, wo man kontrolliere; das geschehe einerseits schwerpunktmäßig, inklusive Gurt- und Tempokontrollen, andererseits im üblichen Streifendienst. „Wie oft wir kontrollieren können, hängt allerdings von der Auslastung und unserer Einsatzlage ab.“