Nach einem Angriff auf einen Spaziergänger sowie einen Hund und Pferde in Weidenpesch sind jetzt neue Details der Tat bekannt.
Tasche mit Waffen dabeiNeue Details zum Messerstecher von Köln-Weidenpesch
In Weidenpesch herrscht auch am Montag noch Entsetzen über eine Tat, die es so in Köln noch nicht gegeben hat: Am Sonntagmorgen gegen acht Uhr hatte ein Mann laut Polizei erst eine Nachbarin in einem Mehrfamilienhaus in der Dessauerstraße mit einem Schlagstock geschlagen, war dann in einen Park gelaufen, wo er mit einem Messer auf einen Spaziergänger (63) und dessen Hund einstach und hatte schließlich auf der Rennbahn in einem Reitstall Pferde mit dem Schlagstock misshandelt und sie aus den Boxen getrieben. Bei seiner Festnahme trat er eine Polizistin gegen den Oberkörper und verletzte sie leicht.
Bei dem Täter handelt es sich bisherigen Angaben zufolge um einen 29 Jahre alten, bislang völlig unbescholtenen Kölner. Mutmaßlich sei er psychisch krank, teilte die Polizei mit. Eine Richterin ordnete die einstweilige Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an – doch für wie lange, das ist unklar.
Eine Sprecherin des Amtsgerichts wollte sich dazu nicht näher äußern. Das könne Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand des 29-Jährigen zulassen, eine solche Auskunft sei dem Gericht nicht gestattet.
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Köln: Zeuge berichtet von „mindestens zehn Stichen“ in Richtung Kopf
„Der hat mindestens zehn Mal auf den Spaziergänger eingestochen, immer in Richtung Kopf“, schilderte ein Zeuge dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Der 63-Jährige habe reflexhaft die Hände vor sein Gesicht geschlagen, um sich zu schützen. Dabei erlitt er Verletzungen unter anderem an Armen und Händen, allerdings keine lebensbedrohlichen. Der Mann und der mutmaßliche Täter sollen sich nicht gekannt haben, der 63-Jährige war wohl ein Zufallsopfer.
Der Angreifer soll eine Tasche bei sich getragen haben, in der ein Messer und ein Küchenbeil verstaut waren. Offenbar hielten Zeugen mit ihren Rufen den Täter von weiteren Attacken gegen den 63-Jährigen ab.
Was den 29-Jährigen angetrieben hat, warum er derart ausgerastet sein könnte, ist noch völlig unklar. Die Kripo ermittelt jetzt die Hintergründe. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung, nicht etwa wegen versuchten Totschlags. Offenbar sieht die Anklagebehörde hier einen sogenannten „Rücktritt vom Versuch“ – eine juristische Besonderheit, die grundsätzlich besagt, dass ein Täter freiwillig „eine weitere Ausführung seiner Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert“.
Seit etwa zwei Jahren richtet die Polizei ihr Augenmerk auch verstärkt auf Menschen mit psychischen Auffälligkeiten. Fakt ist, dass psychische Erkrankungen in der Gesellschaft zunehmen. Auch wenn nur eine Minderheit in ihrem Leben straffällig wird, psychisch kranke Menschen nach Einschätzung von Experten im Gegenteil viel eher zu Opfern als zu Tätern werden, so steigt dennoch auch die Zahl der Straftäter, die psychisch erkrankt sind.
Polizei will „risikoträchtige Personen“ mit neuem Konzept erkennen
Nach den Amokfahrten von Münster 2018, Volkmarsen und Trier 2020 mit insgesamt zehn Toten und fast 200 Verletzten hatte NRW-Innenminister Herbert Reul das Konzept „Personen mit Risikopotenzial“, kurz Periskop, ins Leben gerufen. Das Ziel: „Risikoträchtige Personen“ wie potenzielle Amokläufer sollen früh erkannt werden, auch losgelöst von politischen oder religiösen Motiven – und möglichst bevor sie erstmals mit einer schweren Gewalttat auffallen.
Der 29-jährige Tatverdächtige aus Weidenpesch war bis Sonntag kein Teilnehmer von „Periskop“, wie die Polizei Köln auf Anfrage mitteilte. Ob sich das nun ändert, werde geprüft, berichtete ein Polizeisprecher. Wie es heißt, war der Mann den Sicherheitsbehörden bisher nie aufgefallen – weder mit Straftaten, noch mit Waffen, noch mit aggressivem Verhalten.
Bei der Risikobewertung von „Periskop“ geht die Polizei anhand eines Kriterienkatalogs vor. Hat sich ein Mensch zum Beispiel gewaltbereit oder waffenaffin in Verbindung mit psychisch auffälligem Verhalten gezeigt, könnte er ein Kandidat für das Programm sein. In gemeinsamen Fallkonferenzen beraten dann Polizei und weitere Behörden wie Schulen, Gesundheitsämter oder psychiatrische Einrichtungen über das Risikopotenzial und besprechen das best- und schnellstmögliche Vorgehen.
„In der Regel machen Amokläufer bereits vor der Tat Andeutungen, manchmal mündlich, manchmal schriftlich“, sagt Innenminister Reul. „Periskop“ nehme aber nicht einfach Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Auffälligkeiten ins Visier. „Neben Risikofaktoren werden bei der Bewertung auch Schutzfaktoren und stabilisierende Aspekte berücksichtigt. Eine Stigmatisierung wollen wir so ausschließen“, betont Reul.