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Fünf weitere Jahre im AmtKölns OB Henriette Reker hat erneut Geschichte geschrieben

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Reker Stichwahl Stimmabgabe HEINEKAMP

Oberbürgermeisterin Henriette Reker gibt am Sonntag im Wahllokal im Pfarrheim St. Maria-Königin ihre Stimme ab.

  1. Henriette Reker hat die Stichwahl um das OB-Amt gewonnen und wird weitere fünf Jahre Kölns Stadtoberhaupt sein.
  2. Ihre politische Karriere nennt die Juristin – Tochter eines Kochs und einer Büroangestellten – ein „Kölner Aufstiegsversprechen“.
  3. Als erstes weibliches Stadtoberhaupt ist die 63-jährige auch seit Einführung der Direktwahl 1999 die erste, die wieder kandidierte.

Köln – Die parteilose Juristin Henriette Reker bleibt Oberbürgermeisterin, ihr Erfolg in der Stichwahl ermöglicht der 63-jährigen Politikerin eine zweite fünfjährige Amtszeit. Mit ihrem Wahlsieg gegen den Sozialdemokraten Andreas Kossiski schreibt Reker, bislang die einzige Frau an der Spitze des Rates und der Verwaltung, erneut Stadtgeschichte. Seit Einführung der Direktwahl im Jahr 1999 war es das erste Mal, dass eine Oberbürgermeisterin oder ein Oberbürgermeister wieder kandidierte.

Die in Bickendorf aufgewachsene Tochter eines Kochs und einer Büroangestellten spricht im Zusammenhang mit ihrer politischen Karriere von einem „Kölner Aufstiegsversprechen“. Ihre 2017 gestorbene Mutter Gretel Martini war SPD-Mitglied und stammte aus einer sozialdemokratisch geprägten Familie. Entgegen anfänglicher Vorbehalte ihres Vaters, auf ein Gymnasium zu gehen, wechselte die evangelisch getaufte Reker als Jugendliche zur Oberstufe auf die katholische Liebfrauenschule. Ihre Eltern hatten auf dem Anmeldebogen bei der Frage nach der Konfession „römisch-katholisch“ angekreuzt – was Reker wenige Wochen nach dem Schulstart zwar ein Gespräch mit der Direktorin einbrachte, aber ansonsten keine weitere Folgen hatte. Sie sei „durch die Liebfrauenschule zu einem konfessionellen Mischling geworden“, sagte sie einmal.

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Nach ihrem Abitur studierte Reker in Köln, Regensburg und Göttingen Jura. Im Anschluss an das zweite Staatsexamen arbeitete sie unter anderem als Justiziarin beim Landesverband der Innungskrankenkassen Münster. 2000 wurde sie auf Vorschlag der CDU Sozialdezernentin in Gelsenkirchen. Zehn Jahre später wechselte Reker als Sozialdezernentin nach Köln, diesmal auf Vorschlag der Grünen. Sie betont gerne, sie sei politisch unabhängig, wenngleich sie sich den Grünen am ehesten verbunden fühle.

Attentat am Tag vor der Wahl 2015

Reker sieht sich in der Rolle einer „Moderatorin guter Ideen“, einer Vermittlerin zwischen den Lagern. „Politik ist kein Nullsummenspiel, in dem einer gewinnt und einer verliert, sondern der Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen im Dienste der Menschen, die hier leben“, sagt sie. Nach diesem Prinzip wolle sie die Stadt führen.

Ihren Ehemann, den australischen Golfprofi Perry Somers, lernte Reker auf einem Golfplatz im Münsterland kennen. Das kinderlose Paar lebt in Rodenkirchen. Als Hobby nannte Reker einmal „die Stadt Köln“. Ansonsten stehe sie, sofern es die Zeit zulasse, am Wochenende gerne mal am Herd und reise. Ihr Lieblingssänger: Michael Jackson. Ein kostbarer Besitz: die LP „Abbey Road“ mit Autogrammen aller vier Beatles, die ihre bei der Plattenfirma EMI beschäftigte Mutter besorgt hatte.

Anders als 2015 kann Reker ihren Erfolg diesmal feiern. Vor fünf Jahren war sie einen Tag vor der Wahl Opfer eines Messer-Attentats geworden. Sie erlitt lebensgefährliche Verletzungen am Hals und befand sich mehrere Tage lang im künstlichen Koma. Ihren Dienst konnte Reker erst vier Wochen später antreten. Der rechtsextremistische Täter wurde zu 14 Jahren Haft verurteilt.

Kritik nach „Armlänge Abstand“-Empfehlung

„Das Attentat hat meine Entschlossenheit noch gefestigt“, sagte Reker, die sich vehement gegen Rechtsextremismus einsetzt und eine integrative Flüchtlingspolitik betreibt. Die Londoner „World Mayor Foundation“, die alle zwei Jahre herausragende Bürgermeister der Welt kürt, stufte die Kölnerin auf Platz zehn ein. Reker habe bereits als Sozialdezernentin „unorthodoxe Maßnahmen zur Flüchtlingsunterbringung“ gefunden sowie gegen Diskriminierung und Rassismus gekämpft. Ihr Ansatz als Oberbürgermeisterin sei „menschlich und praktisch“ zugleich, sie setze „ein sehr positives Zeichen in schwierigen Zeiten“.

Reker wurde nicht allein als Opfer eines Anschlags und Adressatin von Morddrohungen bundesweit bekannt. Als sie nach den Übergriffen in der Silvesternacht 2015/2016 Frauen empfahl, in bedrohlichen Situationen eine „Armlänge Abstand“ zu halten, brachte ihr das massenhaft Kritik und Spott ein. Sie hatte, äußerst ungeschickt, aus einer Broschüre zitiert. Nur ein Shitstorm, nicht so schlimm, sagte sie später. „Etwas Schlimmes hatten nur die Frauen.“