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Ohne Gegenstimme gewähltNeue Kölner Kämmerin hat ihren ersten Auftritt im Rat

Lesezeit 4 Minuten

Die Kölner Stadtkämmerin Dörte Diemert

Köln – Mit soviel Zuspruch hatte die angehende Finanzchefin womöglich selber nicht gerechnet. Ohne eine einzige Gegenstimme hat der Stadtrat am Donnerstag die parteilose Juristin Dörte Diemert (44) zur neuen Kämmerin gewählt. Dass sich die Linke bei dem Personalvorschlag der Grünen enthielt, dürfte die Freude der Spitzenbeamtin wohl kaum getrübt haben. Die Nachfolgerin der im kommenden Monat aus dem Dienst scheidenden Gabriele Klug (Grüne) nahm mit einem strahlenden Lächeln die Blumen entgegen, die ihr Oberbürgermeisterin Henriette Reker nach der Wahl entgegenhielt. Sie dürfte die erste Kämmerin in der Stadtgeschichte sein, die zu Fuß in den Ratssaal gekommen ist. Diemert wohnt mit ihrem Mann im Agnesviertel; von dort aus fährt sie täglich zu ihrem Büro im Duisburger Rathaus, wo sie nicht nur Finanzchefin ist, sondern zugleich auch Stadtdirektorin.

Im Anschluss an die Gratulationen nutzte die künftige Kämmerin die Möglichkeit, sich einen ersten persönlichen Eindruck über die Stadtpolitik zu verschaffen. Passenderweise stand der Beschluss über den Haushalt des kommenden Jahres auf der Tagesordnung. Die Frage, für welche Zwecke die Verwaltung das Geld der Steuerzahler ausgibt, führt traditionell zu einer Grundsatzdiskussion. Es geht um eine Gesamtsumme von 4,9 Milliarden Euro – mit der die Einnahmen allerdings um 137 Millionen Euro überschritten werden. Zu einem ausgewogenen Verhältnis wird die Verwaltung nach derzeitiger Planung frühestens im Jahr 2022 kommen. Angesichts früherer Haushaltslöcher von weitaus größerem Umfang gilt die aktuelle Finanzlage fast schon als entspannt.

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Der Entwurf der Verwaltung erhielt Zustimmung der CDU, der Grünen, der FDP sowie der aus zwei Mitgliedern bestehenden Ratsgruppe „Gut“. Das Haushaltsbündnis ließ das Zahlenwerk im weitgehend unverändert. Um zumindest ein wenig politische Farbe hinzufügen, wurden rund 100 Vorhaben mit Beträgen zwischen 10 000 und zwei Millionen Euro zusätzlich gefördert. Das soll so allerlei Wünschenswertes möglich machen; unter anderem die Einstellung zusätzlicher Sozialarbeiter an Schulen, mehr öffentliche W-LAN-Hotspots, Lastenfahrräder für die Bürgerzentren sowie einen dichter getakteten Abend- und Wochenendfahrplan der KVB.

SPD-Fraktionsvorsitzender Christian Joisten kritisierte, die Oberbürgermeisterin und das Haushaltsbündnis würden den Herausforderungen einer wachsenden Stadt nicht gerecht. „Der Haushaltsentwurf verwaltet nur die Gegenwart“, sagte Joisten. Anstatt eine Strategie zu entwickeln, „schaut das Jamaika-Bündnis staunend zu, wie ihm die Probleme über den Kopf wachsen“.

SPD schlägt Wohnungsbauprogramm vor

Die SPD hatte erneut ein Wohnungsbauprogramm vorgeschlagen, in dessen Rahmen die Stadt in den nächsten fünf Jahren insgesamt 500 Millionen Euro zur Verfügung stellt. Eine weitere Kritik der Sozialdemokraten: „Der Haushaltsentwurf lässt keinerlei Ambitionen erkennen, wie die deutlich klaffende Lücke bei den erforderlichen Schulplätzen wirklich geschlossen werden soll.“ Ebenso wie die Bildung und Kinderbetreuung zu stärken, müsse die Kommune entschlossener gegen die soziale Spaltung Kölns vorgehen; beispielsweise, indem sie mehr Geld für sozial schwache Veedel bereitstelle. Ähnlich äußerte sich Jörg Detjen, der Fraktionsvorsitzende der Linken. Der Haushalt sei ohne jede Strategie, ein „Offenbarungseid von CDU und Grünen“.

CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau widersprach mit Nachdruck. Die Planung werde den Anforderungen der Stadt durchaus gerecht. „Und gerade weil die Oberbürgermeisterin und ihre Verwaltung so gute Vorarbeit geleistet haben, konnte sich das Haushaltsbündnis darauf beschränken, den Weg der Schwerpunktsetzung konsequent fortzusetzen.“ Die 30 Millionen Euro, die umgeschichtet werden, dienten der Ergänzung „dieses ausgewogenen und nachhaltigen Haushaltsentwurfs“.

Grünen-Fraktionsvorsitzende Kirsten Jahn verwies auf jene rund fünf Millionen Euro, mit denen die Haushalts-Allianz die Kinder- und Jugendarbeit stärken will. „Unser Ziel ist es, dass aus kleinen Pänz gute Demokraten werden“, sagte sie.

„Weniger Ideologie”

FDP-Fraktionsvorsitzender Ralph Sterck beendet seine von Wortfolgen wie „Entfesselung von Rahmenbedingungen“ und „Anti-Autofahrer-Kurs“ geprägten Rede mit einer – etwas verfrühten – Wunschliste: „Ich wünsche mir von der Oberbürgermeisterin politische Führung, von der SPD mehr Mit- als Gegeneinander, von der CDU eine Rückbesinnung auf bürgerlicher Werte und von den Grünen weniger Ideologie.“

Die soeben zur neuen Kämmerin gekürte Dörte Diemert hielt sich auf Nachfragen der Presse mit einer Bewertung der Debatte zurück. Sie habe den Anspruch, mit möglichst breiten Mehrheiten zu arbeiten; und „das wird auch mein Bestreben in Köln sein“. Ihr Wahlergebnis? „Das ist ein unheimlich herzlicher Empfang.“