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Ausbau der Ost-West-AchseStadt Köln zahlt 7,73 Millionen Euro an Kommunikationsagentur

Lesezeit 5 Minuten
Ein 90-Meter-Zug bei einem Test zwischen Deutz und dem Neumarkt. Für den dauerhaften Einsatz muss die Strecke an der Ost-West-Achse umgebaut werden.

Ein 90-Meter-Zug bei einem Test zwischen Deutz und dem Neumarkt. Für den dauerhaften Einsatz muss die Strecke an der Ost-West-Achse umgebaut werden.

Bei der Ausschreibung 2021 war ein Auftragsvolumen von 1,5 Millionen Euro angesetzt worden.

Die Kölner Stadtverwaltung lässt sich rund um die Planungen der Ost-West-Achsen-Erweiterung die Hilfe einer externen Kommunikationsagentur 7,73 Millionen Euro kosten. Das geht aus einer Antwort der Stadt auf eine Anfrage der Die-Partei-Fraktion für die kommende Ratssitzung am Donnerstag hervor. Ursprünglich war ein Auftragsvolumen von 1,5 Millionen Euro vorgesehen.

Mit der Ausschreibung des Auftrags hatte die Stadt vor vier Jahren für Diskussionen gesorgt. Man suchte nach einer Agentur, die „Planungsinhalte verständlich aufbereitet und kommuniziert“ und „den Beteiligten das Verständnis für einzelne Planungs- und Bauprozesse näherbringt“. Und, so die Idee der Stadt, wer den Auftrag ergatterte, sollte dann bitte auch dafür sorgen, „dass es bis zum finalen Variantenentscheid möglichst wenig Störfeuer und keine Grundsatzdebatte über das Projekt“ gibt.

Die Partei wirft der Stadt Köln „eigenartiges Demokratieverständnis“ vor

Die Ratsfraktion Die Partei wollte die Ausschreibung damals stoppen. „Das Verständnis von zivilgesellschaftlichen Debatten als ‚Störfeuer‘ und der Wunsch, Grundsatzdebatten zu stadtrelevanten Themen zu vermeiden, offenbart ein eigenartiges Demokratieverständnis“, hieß es im Januar 2021 in dem entsprechenden Antrag. Die damalige Verkehrsdezernentin Andrea Blome, inzwischen ist sie Stadtdirektorin, entschuldigte sich für den Satz und bezeichnete ihn als „teilweise missverständliche Textpassage“. Der Antrag von Die Partei wurde abgelehnt, und die in Leipzig ansässige Agentur „Lots* Gesellschaft für verändernde Kommunikation mbH“ erhielt den Auftrag.

Das Auftragsvolumen hat sich allerdings still und leise von 1,5 auf 7,73 Millionen Euro erhöht. Den drei Ratsmitgliedern von Die Partei ist das nur aufgefallen, weil sie über eine Bekanntmachung von Anfang 2024 auf einem EU-Portal gestolpert sind, in der eine „Auftragsänderung“ für das „Kommunikationskonzept und begleitende Öffentlichkeitsarbeit für das Projekt Kapazitätserweiterung Ost-West-Achse“ angezeigt wird. Demnach habe sich ein zusätzlicher Bedarf an Leistungen durch die Agentur ergeben. Als „Wert aller in dieser Bekanntmachung vergebenen Verträge“ werden 6.492.116,00 Euro netto angegeben.

In der Tagesordnung für die Ratssitzung am Donnerstag findet sich im öffentlichen Teil eine Anfrage von Die Partei, in der die Stadtverwaltung um eine Erklärung für diese hohen Kosten für die externe Kommunikationsagentur gebeten wird. Die von Oberbürgermeisterin Henriette Reker gezeichnete Antwort wurde nur im nicht öffentlichen Bereich eingestellt, liegt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ aber vor. Detailfragen konnte die Stadt am Dienstag nicht mehr beantworten.

PR-Arbeit zur Ost-West-Achse: Marktsondierung ergibt geschätzte Kosten von 1,5 Millionen Euro

Darin wird auf einen „Ratsbeschluss zur Bedarfsanerkennung“ von Mai 2019 verwiesen, wonach für die Öffentlichkeitsarbeit rund um die Ost-West-Achsen-Planungen Kosten von fünf Millionen Euro netto (5,95 Millionen Euro brutto) prognostiziert worden waren. Die Zahl findet sich versteckt zwischen vielen anderen auf einer Übersicht mit „prognostizierten Kostenorientierungswerten“ zum Ost-West-Achsen-Ausbau. Eine Marktsondierung im Vorfeld der Ausschreibung habe dann voraussichtliche Kosten in Höhe von lediglich 1,5 Millionen ergeben, so die Stadt in ihrer Antwort auf die Anfrage von Die Partei. Entsprechend wurde diese Summe in der Ausschreibung angegeben.

Und am Ende bekommt eine Agentur den Auftrag, die rund 6,5 Millionen Euro für ihre Arbeit verlangt?

Die Stadt erklärt das so: „Alle nach dem Teilnahmewettbewerb und der anschließenden Angebotsphase eingegangenen Angebote lagen zwar über den angesetzten 1,5 Millionen Euro, lagen aber alle auf etwa demselben preislichen Niveau.“ So wurde die Kommunikationsagentur also im Oktober 2021 beauftragt, „zunächst für einen Zeitraum von 42 Monaten bis zum erwarteten politischen Variantenentscheid“. Das Auftragsvolumen von 6,4 Millionen Euro beziehe sich dabei auf die Gesamtlaufzeit des Projekts, da sei man bei der Ausschreibung „rechnerisch von 15 Jahren ausgegangen“.

Am Ende beträgt die Auftragssumme 7,73 Millionen Euro

Mit der Auftragserweiterung aus 2024 ergebe sich eine Gesamtsumme von 6.492.116 Euro, so die Stadt: „Dies entspricht einer Bruttoauftragssumme von 7.725.618 Euro.“ Das sind rund sechs Millionen Euro mehr als in der ursprünglichen Ausschreibung. Und es sind immer noch 1,78 Millionen Euro mehr als die im Ratsbeschluss vor gut fünf Jahren in einer langen Liste von Zahlen durchgewunkenen 5,95 Millionen Euro für „Öffentlichkeitsarbeit“.

Was genau erledigen die Spezialisten von Lots* dafür? Die Stadt zählt unter anderem Dinge auf wie „Aufbau und Umsetzung einer Kommunikationsstrategie, Stakeholdermanagement, Konzeption, Planung, Umsetzung und Auswertung Bürgerbeteiligungen, Unterstützung bei der Erstellung des Internetauftritts, Unterstützung bei der Beantwortung von Anfragen aus Bürgerschaft, Politik und Presse, Konzeption, Planung und Umsetzung von Publikationen und Präsentationen, Fortlaufende Beratung bei der Projektkommunikation“.

Stadt Köln übernimmt Koordinierung und Abstimmung

Was bleibt dann noch für die Kölner Verwaltung mitsamt ihrem Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zu tun? Auch dazu liefert die Stadt eine Aufzählung, da finden sich unter anderem: „Fachtechnische Prüfung der Kommunikationsstrategie, Lieferung fachlicher Informationen, verwaltungsinterne Abstimmung der Kommunikationsstrategie, Koordinierung und Steuerung der beteiligten Fachabteilungen und Sachgebiete sowie die amts- bzw. dezernatsübergreifende Koordinierung und Steuerung der Kommunikationsmaßnahmen, Präsentation von Arbeitsergebnissen sowie deren fachliche Vertretung gegenüber den politischen Gremien des Rates der Stadt Köln und Stakeholdern“.

Die Agentur Lots*, die ihren Hauptsitz in Leipzig hat, aber auch Büroadressen in Berlin, Dresden und Köln angibt, ist bei kommunalen Verkehrsprojekten offenbar gut im Geschäft. Der Projektliste auf der Internetseite der Kommunikationsagentur ist zu entnehmen, dass sie auch für die Leipziger Verkehrsbetriebe, die Stadtbahn Entwicklung und Verkehrsinfrastrukturprojekte Frankfurt GmbH, die Stadt Erfurt, die Mainzer Mobilität oder die Autobahn AG des Bundes tätig ist. Als weitere Kernkompetenzen präsentiert die Agentur die Themen Diversität und Energiewende, auch hier werden verschiedene Kommunen und Stadtwerke als Auftraggeber genannt.