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Nur durch Zufall überlebtMutter setzt Baby in Köln-Porz aus – diese Strafe fordert die Staatsanwältin

Lesezeit 3 Minuten
Die Angeklagte (l.) mit ihrer Verteidigerin Harriet Krüger beim Prozessauftakt im Kölner Landgericht.

Die Angeklagte (l.) mit ihrer Verteidigerin Harriet Krüger beim Prozessauftakt im Kölner Landgericht.

Nur durch Zufall überlebte ein ausgesetztes Baby in Köln-Porz. Beim Prozess vor dem Landgericht hielten nun Staatsanwältin und Verteidigerin ihre Plädoyers.

Im Fall des ausgesetzten Babys in Porz hat die Staatsanwaltschaft wegen versuchten Totschlags drei Jahre Haft für die Mutter des Kindes gefordert. Die Anklägerin sah es als erwiesen an, dass die Angeklagte den Tod des Jungen zumindest billigend in Kauf genommen habe. „Es war ihr gleichgültig, was mit ihm passiert“, hieß es im Plädoyer. Die Verteidigerin sah das ganz anders.

Köln: Baby habe nur durch Zufall überlebt

Zwar billigte die Staatsanwältin der 36-Jährigen zu, dass sie das Kind nach einer verheimlichten Schwangerschaft und dramatischen Geburt im Gäste-WC ihres Vaters zunächst habe ins Krankenaus bringen wollen. Sie habe sich aber letztlich umentschieden, das Baby auf einem Seitenweg abgelegt und es seinem Schicksal überlassen. Nur durch Zufall habe der Säugling völlig unterkühlt überlebt.

Onur C. und sein Hund Bonez hatten das Baby unter einem Baum gefunden.

Onur C. und sein Hund Bonez hatten das Baby unter einem Baum gefunden.

Verteidigerin Harriet Krüger widersprach der rechtlichen Würdigung der Staatsanwältin. Die Mutter sei in einem solchen psychischen Ausnahmezustand gewesen, dass sie keinen klaren Gedanken mehr habe fassen können. „Sie war hin- und hergerissen“, sagte Krüger. Auf der einen Seite habe die Angeklagte das Baby nicht gewollt, sich auf der anderen Seite aber nach der Geburt „schockverliebt“.

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Kölner Landgericht: Verteidigerin fordert Bewährung

Hätte die Angeklagte einen Tod des Kindes in Kauf genommen, dann hätte sie es laut Verteidigerin auch an einem gänzlich abgelegenen Ort ablegen können und nicht an einem Pfad in der Nähe der väterlichen Wohnung, den regelmäßig Spaziergänger nutzten. „Es war ihr nicht gleichgültig“, so Krüger, vielmehr habe die Angeklagte darauf gehofft, dass das Baby zeitnah gefunden werde.

Die Anwältin forderte eine Strafe, die noch zur Bewährung ausgesetzt werden könnte. Das wäre bei drei Jahren Gefängnis nicht mehr möglich. Die Anwältin schien vom Strafantrag der Staatsanwältin überrascht. Tatsächlich hatte das Kölner Landgericht kürzlich eine Frau zu lediglich dreieinhalb Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt – diese hatte ihr vier Monate altes Baby vorsätzlich erstickt.

Die Tat liegt bereits viereinhalb Jahre zurück

Für eine Bewährungsstrafe spräche laut Verteidigerin auch der Umstand, dass die Tat viereinhalb Jahre zurückliegt. Aufgrund einer Überlastung der Schwurgerichtskammer konnte nicht eher verhandelt werden. Die Angeklagte befand sich immer auf freiem Fuß. Sie arbeite, kümmere sich um ihre drei weiteren Kinder und habe sich nichts mehr zuschulden kommen lassen, führte Krüger weiter aus.

Als Motiv hatte die Angeklagte angegeben, ihren Vater nicht weiter habe belasten zu wollen. Bei ihm leben die übrigen Kinder. Das ausgesetzte Kind, das ein Anwohner beim Gassigehen gefunden hatte, lebt in einer Pflegefamilie. Der Versuch einer Rückführung scheiterte am Drogenkonsum der Mutter. Durch Beschränkungen in der Corona-Zeit sei der Kontakt abgebrochen. Das Urteil in dem Fall soll am Freitag fallen.