Der Erzbischof werde als Partei vernommen, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Beweisbeschluss des Landgerichts Köln. In der bundesdeutschen Rechtsgeschichte dürfte die Vernehmung eines amtierenden Kardinals ein bislang einmaliger Vorgang sein.
Rechtsstreit mit der „Bild“Woelki muss vor Gericht aussagen
In einem von Kardinal Rainer Woelki angestrengten Rechtsstreit über die Berichterstattung der „Bild“-Zeitung zur Beförderung eines unter Missbrauchsverdacht stehenden Priesters will das Landgericht Köln Woelki persönlich vernehmen*. Es ist das erste Mal, dass der Kardinal vor Gericht erscheinen muss. In der bundesdeutschen Rechtsgeschichte dürfte die Vernehmung eines amtierenden Kardinals ein bislang einmaliger Vorgang sein.
Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki bestreitet Kenntnis von Details
Durch die Vernehmung Woelkis will die Pressekammer des Landgerichts unter Vorsitz von Richter Dirk Eßer da Silva herausfinden, ob Woelki vor der Beförderung des Geistlichen im Jahr 2017 Kenntnis vom Inhalt eines Polizeibericht über den Priester und eines Gesprächsprotokolls hatte. Den entsprechenden Beschluss der Kammer teilte das Landgericht am Mittwoch mit. In dem Polizeibericht aus dem Jahr 2001, der nach einem sexuellen Kontakt des Priesters mit einem jugendlichen Stricher am Kölner Hauptbahnhof entstand, wird dem Erzbistum empfohlen, den Geistlichen künftig so einzusetzen, dass er keinen gefährdenden Kontakt zu Kindern und Jugendlichen habe. Woelki bestreitet, dass ihm dies sowie weitere Details zu Vorwürfen gegen den Priester bekannt gewesen seien, als er ihn beförderte.
In zwei vorangegangenen Sitzungsterminen hatte das Gericht dazu mehrere Zeugen befragt, unter anderem die frühere Sekretärin von Woelkis Vorgänger, Kardinal Joachim Meisner.
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Die Frau belastete Woelki einerseits, indem sie von dessen intensiven Versuchen in seiner Zeit als Weihbischof berichtete, etwas über den Lebenswandel des Priesters herauszufinden. Sie berichtete auch über zahlreiche Details, die auf übergriffiges Verhalten des Geistlichen hindeuteten. Andererseits konnte sie zu Woelkis Kenntnis der beiden Schriftstücke nichts sagen, um die es in dem Rechtsstreit zwischen dem Kardinal und der „Bild“-Zeitung im Speziellen geht.
Priester erstattet Anzeige gegen ehemalige Sekretärin
Der Priester erstattete inzwischen Anzeige gegen die ehemalige Sekretärin. Er wirft ihr Falschaussagen vor Gericht vor.
Woelkis Rechtsvertreter Carsten Brennecke von der Kölner Kanzlei Höcker vertritt die Auffassung, der bisherige Verlauf des Verfahrens habe keine Belege erbracht, dass Woelki die Kenntnisse hatte, die in dem „Bild“-Bericht angenommen werden.
Ermittlungen wegen Verdachts einer falschen eidesstattlichen Erklärung
Woelki selbst hat an Eides statt versichert, er habe lediglich unbewiesene Gerüchte gekannt. Nach der Aussage von Meisners Sekretärin leitete die Staatsanwaltschaft Köln ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts uneidlicher Falschaussage ein. Dabei handelt es sich um ein eigenständiges Verfahren, das unabhängig von der presserechtlichen Auseinandersetzung läuft. Auch in einem zweiten Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen Woelki geht es um den Verdacht einer falschen eidesstattlichen Erklärung. Dieser Fall betrifft Woelkis Kenntnisse über den Missbrauchsverdacht gegen den früheren „Sternsinger“-Präsidenten Winfried Pilz.
Ergebnisse ihrer Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft für den Frühsommer in Aussicht gestellt.
* In einer Vorversion war von einer Zeugenaussage des Kardinals die Rede. Dies ist juristisch unzutreffend. Woelki ist in dem Verfahren als Kläger Partei.