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Nach 35 JahrenKölner Fährmann bangt um seinen Betrieb

Lesezeit 5 Minuten
Krokolino

35 Jahre lang fuhr Heiko Dietrich zwischen Weiß und Zündorf – nun bangt er um seinen Betrieb.

Köln-Rodenkirchen – Gerade wurde an der „Frika“ die letzte Untersuchung abgeschlossen. Jetzt liegen alle drei Fährschiffe betriebsbereit, versichert, gewartet und betankt vor Anker. „Eigentlich muss nur der Schlüssel rein, starten, fertig!“, sagt Heiko Dietrich. Wenn es denn mal so einfach wäre! Denn dem Fährmann fehlt das Personal. Aktuell wird nur am Wochenende gefahren und das wird wohl auch so bleiben. „Ich finde einfach keine Leute.“

Zehn Fährleute hat er in den letzten 35 Jahren ausgebildet. Alle gingen sie irgendwann weg – und er selbst versucht seit Jahren aufzuhören. „Ich versuche, so lange weiterzumachen, wie es geht, aber eigentlich ist im Oktober Schluss“, so Dietrich.

80.000 Fahrgäste pro Jahr

Rund 2,5 Millionen Fahrgäste haben in den dreieinhalb Jahrzehnten die schnelle und preiswerte Verbindung zwischen Weiß und Zündorf genutzt, rund 80.000 Gäste pro Jahr. An Werktagen sind es an die 250, am Wochenende lassen sich auch schon einmal 800 bis 900 Fährgäste über den Rhein schippern. Täglich könnte er alleine 60 Leute zur Arbeit fahren. Tendenz, dank Umstieg auf Rad-und Lastenradverkehr, deutlich steigend. Ständig klingelt das Telefon: „Fahren sie heute?“ Rund drei Minuten dauert die Überfahrt. Dieselbe Tour mit dem Auto dauert 30 Minuten, denn „außen rum“ sind es 17 Kilometer.

Bislang keine Subventionen nötig

Bisher ist Dietrich und sein Fährbetrieb immer ohne öffentliche Zuwendungen ausgekommen. Wintermonate ebenso eingerechnet wie widrige Umstände, Niedrig- oder Hochwasser, Treibholz, Schietwetter, selbst Sabotage. Noch kann seine Besatzung neue Fährmänner ausbilden, meint er. „Aber wir brauchen jetzt Unterstützung. Mindestens vier Personen fehlen ihm, um einen Betrieb im Zwei-Schichtsystem fahren zu können. Neben Unterstützung fürs Büro such Dietrich mindestens einen Fährmann mit Fährpatent. Er braucht eine Perspektive, vor allem für die Fähre und die Nachfolger. Die ungewisse Zukunft der beliebten Fährverbindung über den Rhein war auch immer wieder Thema der Lokalpolitik.

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Fährmann Heiko Dietrich repariert seine Motoren auch heute noch selbst.

Die Rodenkirchener Bezirksvertretung wird in Kürze einen Antrag von SPD und Grünen beraten. Man möchte eine „geeignete Gesellschaftsform für den Weiterbetrieb“ gründen, so eine noch vage Idee.

Kölner Fährmann hat Ideen für die Stadtplanung

Der 78-jährige Fährmann wäre bereit, seinen Fährbetrieb mit den städtischen Betrieben HGK und KVB, „in irgendeiner Art von Kooperation“, wie er sagt, zusammenzuführen. Schon seit 30 Jahren beschäftigt er sich mit der Vision und Fragestellung eines Schnellbootsystems auf dem Rhein. Der Aufbau einer Wasserbuslinie wird auch von der Stadt geprüft. Eine Machbarkeitsstudie hält zwei Linien zwischen der Innenstadt und Niehl und von Rodenkirchen bis Porz für möglich – zunächst als Pilotprojekt.

Dietrich: „Seit Jahren Pläne in der Tasche“

Dietrich glaubt, er könne helfen. Er habe seit Jahren Pläne in der Tasche. „Seit 1985 wird dieses Ei erfolglos gebrütet. Sind weitere Gutachten einzuholen oder kann mit der Detailausarbeitung begonnen werden?“ Genau das hat er zumindest letzten Sommer an die Stadt geschrieben mit einer achtseitigen „Zusammenfassung“. Denn wenn er nicht gerade an einem seiner Schiffe bastelt, sitzt Dietrich oft am Rechner. Die Fragestellung, wie ein Schnellbussystem funktionieren kann und wo, wurde immer ausgefeilter.

Sogar Filme hat er animiert, wie Haltestellen von den Fordwerken in Niehl, über Porz, den Deutzer Hafen bis in den Kölner Süden aussehen könnten. Pläne hat er auch zu Stegen, die parallel stromabwärts, angefahren werden könnten. Fahrtzeit, Taktung, Auslastung, alles liegt in Papierform vor, auch Wasserstraßenvorschriften, logistische und rechtliche Herausforderungen fließen in seine Überlegungen ein.

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Zu einigen möglichen Fährtypen hat er Modelle gezeichnet und später nachgebaut. Danach konnte er Überlegungen anstellen, welches Material eingesetzt werden soll oder welcher Antrieb und welche Beförderungsmenge Sinn ergibt.

Fährmann würde bei Einrichtung der Linie helfen

„Ich bin bereit, das nötige Wissen zu vermitteln“, sagt er. Auch die Kosten hat er grob überschlagen. Eine Haltestelle koste rund 80.000 Euro, jedes Boot 400.000 Euro, je nach Material und Ausstattung natürlich mehr. „Je schneller das Schiff fährt, umso mehr braucht es auch Strom, der generiert werden muss. Darüber denkt keiner nach. Die meinen, wir können den ganzen Tag fahren. Aber welche Batterie soll das denn können?“

Yachthäfen für Fähren nutzen

Die zwischenzeitlich diskutierte Idee einer Seilbahnverbindung hält er für illusorisch, und die Pläne nur Rodenkirchen und Porz im Pilotprojekt anzufahren für den Kölner Süden als unzulänglich. Seine Gegenvorschlag: Man sollte die Yachthäfen in Porz und Sürth mit einbeziehen. Da hat er dann auch gleich eine dringende Bitte: In Porz müsste im nördlichen Teil der Ufermauer die Rampe nachgebessert werden. Dann könnte die Fähre nämlich auch von Weiß aus Porz in Höhe Steinstraße anfahren.

Antrag bei der Stadt: „Vielleicht mögen die mich so nicht“

Das wären hin- und zurück 16 Minuten. Seine Flotte könnte die Fahrt mit dem benötigten Personal leisten und er könnte ausbilden. Wenn sich nichts tut, sieht Dietrich schwarz. Seine Berechnungen, Aufzeichnungen und Fragestellungen sind „irgendwo bei der Stadt gelandet“, sagt er. Gehört hat er seitdem nichts und sucht zynisch die Schuld bei sich: „Vielleicht sollte ich mal im Anzug auftreten, vielleicht mögen die mich so nicht“.

Im September 2019 wurde sein Fähren-Ensemble von einem Tanker am Leinpfad gerammt. Die Versicherung übernahm nur einen Teil der Kosten. In Eigenarbeit hat er vieles repariert, was seine müden Knochen nicht gerade munterer machte. „Seitdem sind die Arme kaputt, mir tun die Knochen weh“, so der 78-Jährige. Außerdem laufe seine Lizenz aus.