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Nach fast 60 JahrenMetzgerei Reiermann in Zollstock gibt auf – Läden ziehen nach

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Für die kleinen Läden auf dem Höninger Weg wird es schwieriger, trotz Stadtbahnanbindung und Kundenmagneten wie dem Supermarkt an der Kreuzung mit dem Gottesweg.

  1. Nach Jahrzehnten schließt die Metzgerei Reiermann in Zollstock.
  2. Andere Händler haben sich ebenfalls entschlossen, aufzugeben.
  3. Warum es für die Geschäfte auf dem Höninger Weg immer schwieriger wird, erfahren Sie bei uns.

Köln-Zollstock – Das 60. Jahr wird die Metzgerei Reiermann nicht mehr erleben. Ulrich Hoffsümmer hat sich entschieden, seinen Betrieb am Höninger Weg zu schließen. Sechs Mitarbeiterinnen sind betroffen, arbeitslos wird keine. „Alle sind versorgt. Sie hatten lange genug Zeit, sich umzuschauen“, sagt der Chef, 50 Jahre alt, im Gespräch neben der langen Kühltheke. Er selbst hat die ersten Bewerbungen rausgeschickt. Die Kunden am letzten Verkaufstag reagieren ungläubig. Eine Metzgerei gibt es in ihrem Veedel damit nicht mehr.

Die Gründe sind vielfältig und haben doch vor allem mit dem Standort zu tun. „Die Straße ist tot“, sagt Metzger Hoffsümmer. Nach dem Umzug des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben zu Beginn des vorigen Jahres nach Deutz und Kalk tauchen ihm zufolge merklich weniger Kunden in den Zollstocker Geschäften auf. Oft haben die Amts-Mitarbeiter auf dem Weg nach Hause, vor der Arbeit für die Frühstückspause oder in der Mittagspause Fleisch, Frikadellen oder Wurst eingekauft. Dieser Umsatz fehlt nun.

Für Metzgermeister Ulrich Hoffsümmer ist nun Schluss. Er hat die Metzgerei Reiermann in Zollstock zum Jahreswechsel aufgegeben.

Dazu kommen laut Hoffsümmer Vorgaben vom Gesundheitsamt: Der Boden in der Wurstküche müsste neu gemacht werden, die Kühltheke müsste er gegen ein neues Modell auswechseln. Das wären Investitionen im sechsstelligen Bereich. „Das kriege ich nicht mehr erwirtschaftet“, sagt er. Auch kundiges Personal hat er zuletzt kaum noch gefunden. Alles Gründe, die den Entschluss in ihm reifen ließen, den Laden zu schließen. Was aus dem Ladenlokal wird, ist noch nicht klar.

Betrieb vor 18 Jahren übernommen

Hauseigentümer ist sein Schwiegervater, von dem er den Betrieb vor 18 Jahren übernommen hatte. Hoffsümmers Sohn will nicht in die Fußstapfen seines Vaters und Großvaters treten. Er ist 16, geht noch zur Schule und will vielleicht in die Autobranche, erzählt Hoffsümmer. Er kann nicht verhehlen, dass ihn das beruhigt.

Mehrere Geschäftsleute auf dem Höninger Weg haben für dieses Jahr ebenfalls ihren Rückzug angekündigt. Und auch Michael Siegenbruck spricht von Plänen, seinen Spielzeugwarenladen unweit der Metzgerei aufgeben. „Der Umsatz stimmt nicht“, sagt er und spricht von einem „gewaltigen Einbruch“, den das vergangenen Jahr auch für ihn bedeutet habe. Das Weihnachtsgeschäft bilanziert er als Fiasko.

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Zuletzt habe ein Gerüst auf seiner Seite des Höninger Wegs monatelang zusätzlich Kunden verschreckt. Die Straße werde sich massiv verändern, prognostiziert er. Er beklagt die fehlende Bereitschaft der Geschäftsleute, sich gemeinsam für die Straße zu engagieren. Gespräche mit der Stadt über die Stärkung des Standorts seien im Sande verlaufen.

Das Einzelhandels- und Zentrenkonzept, mit dem die Entwicklung der Einkaufsstraßen und-viertel gesteuert werden soll, ist inzwischen acht Jahre alt. Die darin verwendeten Daten sind teilweise noch älter. Der Höninger Weg ist neben dem Rodenkirchener Zentrum als eines von zwei Teilzentren für den Bezirk aufgeführt und soll helfen, die Versorgung der Bewohner der Stadtteile nördlich der Autobahn 4 sicherzustellen. Ob der Höninger Weg dieser Aufgabe künftig noch gerecht werden kann, darf bezweifelt werden.