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Schmiergeld im StraßenkarnevalStaatsanwaltschaft Köln stellt Ermittlungen gegen Ordner im Zülpicher Viertel ein

Lesezeit 3 Minuten
Ordner privater Sicherheitsdienste sorgen beim Straßenkarneval in Köln unter anderem für die Absperrung des Zülpicher Viertels.

Ordner privater Sicherheitsdienste sorgen beim Straßenkarneval in Köln unter anderem für die Absperrung des Zülpicher Viertels.

Dass Geld geflossen sei, ist unstreitig, sagt die Staatsanwaltschaft. Strafbar sei das aber nicht.

Die Staatsanwaltschaft Köln hat ihre Ermittlungen gegen Ordner eines privaten Sicherheitsunternehmens eingestellt, die am 11.11.2022 und an den Karnevalstagen 2023 Schmiergeld von Jecken kassiert haben sollen. Es sei kein hinreichender Tatverdacht erkennbar, teilte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer auf Anfrage mit.

Auf den ersten Blick mag das durchaus verwundern. Denn die Beweislage schien klar. Auf Videos und Fotos, die der „Kölner Stadt-Anzeiger“ damals veröffentlicht hatte, war deutlich zu erkennen, wie kostümierte Menschen Ordnungskräften an Absperrungen auf der Roonstraße Fünf- oder Zehn-Euro-Scheine in die Hand gedrückt und im Gegenzug ins proppenvolle und daher abgesperrte Zülpicher Viertel eingelassen worden waren. Stadtdirektorin Andrea Blome sprach seinerzeit entrüstet von einer „miesen Abzocke von Feiernden“.

Die rechtliche Bewertung ist allerdings komplizierter. Die Staatsanwaltschaft ermittelte zunächst wegen Verdachts auf Bestechlichkeit oder Erpressung. Dafür prüfte die Behörde monatelang die laut Bremer „komplexen vertraglichen Beziehungen“ zwischen der Stadt und den von ihr an den Karnevalstagen eingesetzten Security-Dienstleistern. Dabei kam heraus, dass das von der Stadt originär beauftragte Unternehmen sich wegen des enormen Bedarfs an Sicherheitskräften zweier Subunternehmen bedient hatte, die ihrerseits auf weitere Nachunternehmer zurückgegriffen hatten.

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Das Ergebnis der Prüfung: Die beschuldigten Ordner, die an den Absperrungen eingesetzt waren, standen am Ende einer langen Subunternehmerkette. Sie seien „mit untergeordneten Hilfstätigkeiten betraut“ gewesen, ohne über einen eigenen Beurteilungs- oder Ermessensspielraum zu verfügen, erklärt Bremer. Somit hätten sie „weder als Amtsträger noch als für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete“ gehandelt.

Karneval: Ordnern kann Erpressung nicht nachgewiesen werden

Dass Geld an den Absperrungen geflossen ist, ist laut Staatsanwaltschaft zwar unstreitig, aber: „Eine Strafbarkeit wegen Bestechlichkeit kam daher in den hier vorliegenden Fällen nicht in Betracht“, sagt Bremer. Dafür hätten die Ordner Amtsträger oder „amtsgleiche Personen“ sein müssen.

Auch eine Erpressung oder versuchte Erpressung habe den beschuldigten Ordnern nicht nachgewiesen werden können. Dies wäre zum Beispiel dann der Fall gewesen, wenn sie den Jecken gedroht hätten: „Du kommst hier nur rein, wenn du mir Geld gibst.“ Da aber keine Zeugen ermittelt werden konnten, sei eine Anklage „anhand der zur Verfügung stehenden Beweise“ nicht möglich, sagt Bremer. Und weil keine Straftat vorliegt, dürfen die beschuldigten Ordner nun auch das mutmaßliche Schmiergeld behalten.

Das Rechnungsprüfungsamt hatte unter anderem die schwer durchdringliche Kette von Security-Subunternehmen an den Karnevalstagen in einem Bericht 2023 bereits deutlich gerügt. Damit sich die Schmiergeld-Szenen nicht wiederholten, hatte das Ordnungsamt an den Absperrungen verstärkt kontrolliert, auch tragen die Ordner inzwischen nummerierte Westen.

Um die Entgegennahme von Schmiergeld künftig als Straftat verfolgen lassen zu können, müsste die Stadt einen entsprechenden Passus in die Verträge mit den Sicherheitsunternehmen einbauen. Dieser müsste die privaten Ordnungskräfte als Amtsträger oder als „für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete“ einstufen. Ob die Stadt derartiges plant, war auf kurzfristige Anfrage am Dienstagnachmittag bislang nicht zu erfahren.