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„Absolute Sicherheit gibt es nicht“Das sagen Kölner Weihnachtsmärkte, Polizei und Stadt nach Magdeburg

Lesezeit 6 Minuten
Am Alter Markt sind mobile Absperrungen aufgestellt. Sie sollen verhindern, dass dort Autos auf das Gelände fahren können.

Am Alter Markt sind mobile Absperrungen aufgestellt. Sie sollen verhindern, dass dort Autos auf das Gelände fahren können.

Die Kölner Weihnachtsmärkte sprachen in einem Statement ihr Mitgefühl aus und beteiligten sich Samstag an einer bundesweiten Schweigeminute.

Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg stellt sich die Frage, wie die Weihnachtsmärkte in Köln gesichert sind. Und wie schätzt die Polizei die Lage ein? Was sagt die Stadtverwaltung? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Gibt es Ansatzpunkte für eine höhere Gefährdung in Köln?

Laut eines Polizeisprechers: nein. Er sagte am Sonntag mit Blick auf den Anschlag in Magdeburg: „Wir haben intensiv geprüft, ob eine konkrete Gefährdung für Köln vorliegt. Dem ist nicht so.“ Die Polizei müsse das Rad nicht neu erfinden, weil sie ihre Maßnahmen laut des Sprechers ständig überprüft und an die Gefahrenanlage anpasst. Der Sprecher sagte, dass einzelne Lücken üblich seien, etwa um Rettungswege freizuhalten. „Wir können nicht die ganze Stadt lahmlegen.“

Alles zum Thema Andrea Blome

Wie reagieren die Betreiber der Weihnachtsmärkte auf den Anschlag?

Die Kölner Weihnachtsmärkte haben am Samstag ein gemeinsames Statement veröffentlicht. Darin heißt es: „Die Kölner Weihnachtsmärkte denken mit tiefem Mitgefühl an die Toten und ihre Familien, an die Schwerverletzten und Verletzten und ihre Angehörigen, aber auch an die Rettungskräfte und die Polizei, die Beistand geleistet haben.“ Zum Gedenken an die Opfer wurde auf allen Märkten am Samstagabend um 19 Uhr eine Schweigeminute gehalten. Auf dem Markt am Dom lief im Anschluss der Song „Imagine“ von John Lennon. „Das war sehr emotional“, sagte Birgit Grothues, Sprecherin des Weihnachtsmarkts am Dom.

Am Dom gibt es fest installierte Absperrungen.

Am Dom gibt es fest installierte Absperrungen.

Sicherheitsmaßnahmen auf Kölner Weihnachtsmärkten

Werden die Weihnachtsmärkte ihre Sicherheitsmaßnahmen erhöhen?

Nein. Der Weihnachtsmarkt am Dom wird seine Sicherheitsmaßnahmen nicht noch einmal verschärfen. Man sei seit Freitag aber noch enger im Austausch mit der Polizei, sagte Grothues. Man habe ein Kofferverbot ausgesprochen und die Security bereits erhöht, nachdem am Samstag vor einer Woche am Rudolfplatz und am Tag darauf am Heumarkt auf dem Heinzels Wintermärchen jeweils ein mit Sand befüllter, herrenloser Koffer gefunden worden war. „Das bleibt auch bis zum Schluss“, so Grothues. „Es stehen seitdem auch mehr Security-Mitarbeiter an den Eingängen. Die Polizei sagte, wir sollen den Betrieb normal weiterlaufen lassen.“

Die meisten Märkte enden am heutigen Montag. Nur der Heinzels Wintermärchen auf dem Heumarkt bleibt noch bis zum 5. Januar geöffnet, das Adventsdorf am Dom bis zum 6. Januar. Am Heumarkt werden seit Jahren sogenannte mobile Sicherheitssperren an allen Zufahrtsstraßen verwendet. Betreiber Rodney Ranz wollte sich auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ zu möglichen zusätzlichen Maßnahmen nicht äußern.

Am Rudolfplatz versperren Polizeifahrzeuge die Zuwege, trotzdem bleiben einige Stellen offen.

Am Rudolfplatz versperren Polizeifahrzeuge die Zuwege, trotzdem bleiben einige Stellen offen.

Auch im Nikolausdorf am Rudolfplatz wurden nach dem abgelegten Koffer und der anschließenden Räumung schärfere Maßnahmen ergriffen, sagte Sprecher Franz Hansel. „Wir haben mehr Security eingesetzt und Kofferregelungen eingeführt. Diese dürfen nicht mehr abgestellt werden, sondern nur getragen oder auf dem Tisch abgestellt werden.“ Der private Sicherheitsdienst überprüfe diese Regeln, auch die Polizei habe ein Auge darauf, so wie die „über 100 Bediensteten an den Ständen“, die bereits im Vorfeld zum Markt in Sachen Sicherheit geschult werden, sagt Hansel.

Inwieweit sind die Betreiber der Weihnachtsmärkte auf mögliche Terroranschläge oder andere Gefahrenlagen vorbereitet?

Die Polizei blockiere täglich mit zwei Transportern die einzige mögliche Zufahrt auf den Rudolfplatz, sagt der Nikolausdorf-Sprecher. „Dieser Bereich ist am Friesenwall. Diese Stelle wird schon seit 2016 gesperrt, als der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breidscheidplatz in Berlin passiert ist“, so Hansel.

Mobile Absperrungen am Heumarkt.

Mobile Absperrungen am Heumarkt.

Die Betreiber erstellen im Vorfeld zu den Märkten ein Sicherheitskonzept, das sie mit Polizei und Ordnungsamt absprechen, erklärt die Sprecherin des Weihnachtsmarkts am Dom. „Wir haben keine Hoheitsgewalt am Platz. Wir können aber räumen, sei es wegen eines Sturms oder wegen Terrorgefahr, darauf sind wir vorbereitet.“ Was genau im Sicherheitskonzept steht, sei nicht für die Öffentlichkeit bestimmt: Man sei aber auf verschiedene Szenarien wie Brand, Unwetter und Terror vorbereitet und spiele dort die Abläufe bei akuter Gefahr durch.

Kölner Weihnachtsmärkte am Samstag gut besucht

Kamen weniger Besucher auf den Weihnachtsmarkt am Samstag?

Nein. Einen auffälligen Gästerückgang konnte weder das Nikolausdorf noch der Weihnachtsmarkt am Dom feststellen. Der letzte Samstag vor Heiligabend sei traditionell etwas weniger besucht als die Wochenenden davor, doch die Märkte seien gut besucht gewesen, die Situation entspannt.

Was sagt die Stadtverwaltung?

Stadtdirektorin Andrea Blome ist für das Ordnungsamt zuständig. Blome sagte am Sonntag, dass es für die Stadt üblich ist, Sicherheitskonzepte zu prüfen. Beispielsweise beim Christopher Street Day im Sommer gibt es wie bei anderen Großveranstaltungen Überfahrsperren, damit Autos oder Lastwagen nicht so viel Geschwindigkeit aufnehmen können oder erst gar nicht auf Plätze mit vielen Menschen fahren können. Blome sagte: „Wir schauen uns das laufend an und verbessern das.“ Aber sie sagte auch: „Absolute Sicherheit kann es nicht geben.“ Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) schrieb auf der Plattform X: „Köln ist in Gedanken bei den Opfern des Anschlags von Magdeburg und den Angehörigen. Wir denken auch an die Einsatzkräfte, die um jedes Leben kämpfen.“

Diese Steine sollten die Domplatte sichern. Das Bild stammt aus 2017.

Diese Steine sollten die Domplatte sichern. Das Bild stammt aus 2017.

Hat die Stadt in der Vergangenheit die Sicherheitsmaßnahmen erhöht?

Ja, vor allem zunächst rund um den Dom. Im August 2017 hatten Stadt, Polizei und Hohe Domkirche auf die Anschläge mit Fahrzeugen in Barcelona, Nizza, London und Berlin reagiert. Zunächst sicherten Polizeiautos und jeweils 250 Kilogramme Schutzsteine die Zugänge, im Dezember 2017 folgten viele versenkbare Poller. Die Poller sind versenkbar, um Rettungsfahrzeugen oder Lieferverkehr zu einzelnen Geschäften an der Domplatte zu ermöglichen.

Anschlag in Magdeburg hat keine Folgen für Weihnachtsmesse im Dom

Gab es seither trotzdem einen Vorfall?

Ja. Am 22. Juni 2018 schaffte es der Fahrer eines Kleintransporters, bis zum Dom zu fahren. Der damals 26-Jährige stand unter Drogeneinfluss. Sicherheitshalber wurde der Dom gesperrt und auf Sprengstoff untersucht, allerdings ergebnislos. Weder im Dom noch im Transporter fanden die Beamten Hinweise auf irgendwelche strafbaren Absichten des Mannes. Der Lieferverkehr kann morgens auf die Domplatte vorfahren, das nutzte der Mann. Reker hatte gesagt: „Es ist wichtig, nicht die ganze Stadt zu verbarrikadieren und zu glauben, so die Sicherheit zu erhöhen.“

Hat der Anschlag in Magdeburg Auswirkungen auf den Gottesdienst an Weihnachten im Dom?

Nein. Das sagte Dombaumeister Peter Füssenich am Sonntag. Füssenich bestätigte damit, was Dompropst Guido Assmann sich am Donnerstag gewünscht hatte. Er hatte gesagt: „Die Hoffnung ist da, dass wir Weihnachten unbeschwert feiern können.“ Im vergangenen Jahr hatte es eine Terrorwarnung wegen eines Anschlagplans auf den Dom gegeben, rund tausend Polizisten waren dort im Einsatz und kontrollierten die Besucherinnen und Besucher des Weihnachtsgottesdienstes. Das wird dieses Jahr nicht der Fall sein, laut Füssenich hat der Anschlag in Magdeburg keine Auswirkungen auf den Dom. „Es wird keine Polizeikontrollen geben“, sagte Füssenich.