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SchuldnerhilfeRhein-Energie bietet in der Energiekrise Verschieben und Stunden von Zahlungen an

Lesezeit 3 Minuten
09.03.2023, Köln: Tagung der Schuldnerhilfe.
Im Bild v.l.n.r. Gerhard Hilburg, Nina Rüther und Till Cremer.

Foto: Michael Bause

Tagung der Schuldnerhilfe: Gerhard Hilburg, Nina Rüther und Till Cremer geben Tipps in der Energiekrise.

Ein Bündel von Hilfsangeboten hält die Rheinenergie bereit, um zu verhindern, dass ihren Kunden in der Energiekrise das Gas oder der Strom abgestellt wird. Was das Unternehmen, das zu 80 Prozent in städtischem Besitz ist, dafür tut, stellte Till Cremer, Prokurist und Geschäftsbereichsleiter Privat- und Gewerbekunden der Rheinenergie, jetzt bei einer Fachtagung der Stiftung „Hilfe für Schuldner“ vor.

Einerseits, so sagte er, müsse die Rheinenergie „privatwirtschaftlich agieren“, andererseits habe sie den Auftrag der Daseinsvorsorge: „Wir sind verpflichtet, für alle Energie bereitzustellen, die bezahlbar ist.“ Der Gesetzgeber habe „schnell und pragmatisch“ gehandelt, etwa mit der Einführung der Gas- und Strompreisbremse. Trotzdem brauchten viele Menschen, die Sozialleistungen beziehen oder ein geringes Einkommen haben, weitere Unterstützung.

Sperrungen der Energieversorgung können vermieden werden

Zu den Hilfsangeboten des Energieversorgers gehört, dass man im Vorhinein Zahlungstermine verschieben oder kurzfristig eine Stundung in Anspruch nehmen kann. Kunden können sich beraten lassen, welche Möglichkeiten es gibt, eine Sperrung zu vermeiden, und gegebenenfalls eine „Abwendungsvereinbarung“ abschließen, dank derer sich rückständige Forderungen in Raten begleichen lassen. Ebenso bietet die Rheinenergie Hilfestellung dabei an, die monatlichen Kosten des Stromverbrauchs richtig einzuschätzen.

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Als „letzte rote Linie“ bezeichnete Cremer die „Sperrhotline“, bei der Kunden Informationen erhalten, was bei einer angekündigten Sperrung zu tun ist. Um die Angebote zu ergänzen, hat die Rheinenergie im vorigen Oktober einen mit einer Million Euro ausgestatteten Härtefallfonds eingerichtet; die Höhe der übernommenen Kosten ist auf einmalig 500 Euro begrenzt. Laut Cremer ist der Fonds bisher nur „im niedrigen zweistelligen Bereich“ in Anspruch genommen worden.

„Eine Insolvenzwelle können wir in keinster Weise feststellen“

Überhaupt sei die Zahl Hilfesuchenden seit der Corona-Pandemie gesunken: „Eine Insolvenzwelle können wir in keinster Weise feststellen.“ Dazu passte, was Markus Meusel, Obergerichtsvollzieher des Kölner Amtsgerichts, sagte: Die Statistik – die allerdings nicht bis in die Gegenwart reicht – zeige, das die Zahl der Pfändungen, Zwangsräumungen und Anträge auf Vermögensauskunft rückläufig sei. Einiges unternimmt die Rheinenergie, um zum Energiesparen zu ermuntern.

Doch es verhalte sich so wie beim Vorsatz, abzunehmen oder mit dem Rauchen aufzuhören, so Cremer: Die Information, dass er ratsam ist, sei das eine, die Verhaltensänderung das andere. „Am Ende muss jeder entscheiden: Ich verzichte.“ Umso mehr, als Energie nie mehr so billig sein werde, wie sie früher einmal war. Anlass der Veranstaltung waren die Herausforderungen an die Schuldnerberatung in Zeiten von Energiekrise und steigenden Lebenshaltungskosten.

Die rund 50 Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Tagung kamen unter anderem vom Verein Schuldnerhilfe Köln, dessen alleinige Gesellschafterin die Stiftung ist, der Stadt, dem Jobcenter, einem Inkassodienstleister, aus der Wohnungswirtschaft und eben von der Rheinenergie. 2020 verzeichnete die Schuldnerhilfe Köln rund 4400 Beratungsfälle. Bei etwa der Hälfte lag das Nettoeinkommen unter 1300 Euro; fast 60 Prozent der Hilfesuchenden waren arbeitslos.

Ein großes Problem seien die „prekären Haushalte“, sagt Nina Rüther, Geschäftsführerin der Schuldnerhilfe Köln. Diese Haushalte verfügten über ein Einkommen knapp über der Grenze, bis zu der ein Anspruch auf Bürgergeld besteht. Die Leute versuchten erst einmal, selbst zurechtzukommen, und fänden oft erst dann zur Schuldnerberatung, „wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist“.