Extremisten versuchen, als Sicherheitskräfte möglichst nah an sensible Bereiche heranzukommen. Um das zu verhindern, greifen verschiedene Maßnahmen.
Sicherung von GroßveranstaltungenDiese Überprüfungen durchlaufen Mitarbeiter von Sicherheitsdiensten
Wie sichert man bestmöglich eine Großveranstaltung? Diese Frage ist nach dem Attentat in Solingen, wo ein mutmaßlicher Islamist drei Menschen tötete und acht weitere teils schwer verletzte, aktueller denn je.
Erst in der Woche davor löste ein Vorfall in Köln eine Debatte über die Überprüfung von Sicherheitskräften aus: Vor dem NRW-Tag kontrollierte die Polizei zufällig zwei Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes und stellte fest, dass die Männer im Zusammenhang mit Straftaten stehen.
Anfang August wurden zudem die Konzerte von Taylor Swift in Wien abgesagt, da ein IS-Sympathisant einen Anschlag auf die Besucherinnen und Besucher geplant hatte. Vorher soll er sich bemüht haben, bei einem Sicherheitsunternehmen anzuheuern. Diese Attentatspläne zeigen: Extremisten versuchen, als Sicherheitskräfte möglichst nah an sensible Bereiche heranzukommen. Um das zu verhindern, greifen verschiedene Maßnahmen, die je nach Großveranstaltung variieren.
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Wie wird entschieden, welche Sicherheitsstandards bei einer Großveranstaltung notwendig sind?
Das ergibt sich aus dem Orientierungsrahmen des Innenministeriums NRW. Demnach müssen die Organisatoren bei Veranstaltungen im Freien mit erhöhtem Gefährdungspotenzial ein Sicherheitskonzept erstellen. Die Maßnahmen dieses Konzepts werden in einem Koordinierungsgremium mit Ordnungsamt, Polizei und Feuerwehr getroffen. Eine verpflichtende Sicherheitsüberprüfung des Sicherheits- und Ordnungsdienstes sei weder „vorgesehen noch erforderlich“, schreibt das NRW-Innenministerium auf Anfrage. Wenn ein Gremium ein Sicherheitskonzept erstellt, prüfe man einzelfallbezogen, ob eine Überprüfung der Sicherheitskräfte durch den Verfassungsschutz notwendig sei.
Wann werden diese zusätzlichen Überprüfungen der Sicherheitskräfte normalerweise durchgeführt?
Wenn zwei Faktoren zusammenkommen: öffentliche Großveranstaltung und Zugangskontrollen. Dann sieht das Sicherheitskonzept in der Regel eine zusätzliche Überprüfung der eingeteilten Sicherheitsmitarbeiter durch den Verfassungsschutz vor. Das ist in Köln beim Straßenkarneval, Silvester und der Europameisterschaft der Fall. Beim Gamescom City Festival, dem Marathon oder dem CSD Straßenfest finden keine zusätzlichen Überprüfungen statt.
Werden keine Besucher auf Waffen oder Sonstiges kontrolliert – wie zum Beispiel beim CSD, dem NRW-Tag oder dem Stadtfest in Solingen – findet auch keine zusätzliche Überprüfung des Sicherheitspersonals statt.
Auch vor dem CSD wurden die Sicherheitskräfte nicht durch den Verfassungsschutz überprüft. Wie blicken die Organisatoren darauf?
Eine Überprüfung der Sicherheitskräfte durch den Verfassungsschutz sei vor dem CSD gar nicht möglich gewesen, sagt Veranstaltungsleiter Martin Hommel. Dies sei nämlich nur möglich, wenn es um eine Veranstaltung mit einem öffentlich-rechtlichen Auftraggeber wie der Stadt geht – nicht bei einem privaten Event wie dem CSD. „Bei öffentlich-rechtlichen Veranstaltungen haben die Ordner im Zweifel hoheitliche Aufgaben“, sagt Hommel. „Zugangskontrollen sind solche hoheitlichen Aufgaben.“ Das bedeute auch: Ein Ordner beim CSD darf zwar sagen, ein Bereich sei wegen Überfüllung gesperrt, kann aber niemanden daran hindern, trotzdem über die Absperrung zu klettern. „Das ist in etwa so wie wenn Sie einen Wachdienst neben ihren Umzugswagen stellen, damit niemand etwas aus dem LKW klaut“, sagt Hommel. „Der kann im Zweifel auch nur sagen: Mach das nicht.“
Trotzdem sei es natürlich wichtig, nur zuverlässigem Personal beispielsweise Zugang zum Backstage-Bereich zu gewähren. „Wir haben deshalb viel Zeit investiert, einen guten Sicherheitsdienst für die Cologne Pride auszuwählen“. Die dort eingesetzten Sicherheitskräfte würden alle über ein „einwandfreies Führungszeugnis“ verfügen und seien im Bewacherregister zu finden. „Wir gehen nicht blauäugig vor. Wir haben uns von dem Dienstleister vorher das ganze interne Prüfverfahren zeigen lassen“, sagt Hommel. Damit sei er zufrieden. Eine zusätzliche Überprüfung der Sicherheitskräfte durch den Verfassungsschutz fordert er nicht.
Welche Überprüfungen durchlaufen Sicherheitsleute, die beispielsweise bei einem Straßenfest eingesetzt sind?
Wie intensiv die Überprüfungen sind, kommt auch auf das Sicherheitsunternehmen an. „Bei uns gibt es nicht einen einzigen Mitarbeiter, der kein Führungszeugnis vorgelegt hat“, sagt Gunnar Vielhaack, Geschäftsführer des VSU-Wachdiensts und Landesvorsitzender des Bundesverbands der Sicherheitswirtschaft. Dazu komme die gesetzliche Norm: Wer gewerbsmäßig Leben oder Eigentum fremder Personen bewachen soll, gilt als Sicherheitsmitarbeiter. „Und der muss überprüft sein – sonst ist er illegal eingesetzt.“ Wer als Sicherheitsmitarbeiter in einem Unternehmen anfängt, muss im Bewacherregister gemeldet werden. Das bedeute eine Überprüfung über die Wohnungsbehörde, so Vielhaack. „Dazu muss eine Stellungnahme des Landeskriminalamtes oder einer vergleichbaren Behörde eingeholt werden.“ Erst dann wird die Person im Bewacherregister freigegeben und darf eingesetzt werden.
Mitarbeiter, die für den Veranstaltungsordnungsdienst eingeteilt sind, durchlaufen so eine Überprüfung nicht. Sie übernehmen keine Bewacheraufgaben, sondern halten beispielsweise Flucht- und Rettungswege frei.
Welche Schwierigkeiten gibt es bei der Eintragung ins Bewacherregister für Unternehmen?
Vielhaack kritisiert die Wartezeit, die mit der Überprüfung und Eintragung einhergehe. „Ich muss darauf vertrauen können, dass ein Mitarbeiter, den ich einstelle, auch in angemessener Zeit freigegeben wird“, so Vielhaack. Doch diese Überprüfung beim LKA könne bis zu acht Wochen dauern. Er erinnere sich an einen Fall seines Verbandes in Berlin, bei dem die Überprüfung ein Jahr gedauert habe. Das würde den Personalmangel weiter verschärfen.